Das Pulverfaß im Nahen Osten
Wie Islam,
Judentum und Christentum sich bekriegen
14. März 2006
MÜNCHEN (BLK) – Als ein „wichtiges“, wenn
auch zu umfangreiches Werk zum Thema Kampf der Religionen, welcher
zunehmend den Weltfrieden bedrohe, wertet die „Süddeutsche Zeitung“ das
Buch „Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse“
von Victor und Victoria Trimondi. Hauptverdienst der Autoren sei es,
aufzuzeigen, dass am Konflikt im Nahen Osten der Islam, das Judentum und
das Christentum gleichermaßen beteiligt seien und „die Todfeinde
zusammenpassen wie Schlüssel und Schloss an der Tür zum Abgrund.“ Neben
machtpolitischen Interessen seien auch die Heiligen Schriften aller drei
Religionen dafür verantwortlich, welchen unabhängig voneinander mitunter
sehr martialische Ideen zu Grunde lägen.
Die Hauptthese, so der Rezensent, sei, dass
der gegenwärtige Weltkonflikt nicht auf einen „clash
of cultures“, einen Krieg der Kulturen also,
reduziert werden könne. Vielmehr seien es die Religionen, die einander
bekämpften. Zudem müsse erkannt werden, dass die Extremisten nicht mehr
nur eine „Randgruppe“ bildeten, sondern „zunehmend den harten,
energiegeladenen Kern ihrer jeweiligen Religionen“. Der aufgeklärte,
säkulare Westen müsse auf die „apokalyptische Matrix“, mit der er in die
Rolle des „Großen Satan“ gedrängt werde, reagieren. Es sei aber auch
angezeigt, dass die gemäßigten Religionsvertreter , zum Beispiel die
christlichen Kirchen in Deutschland, sich mit den Abschnitten ihrer
Heiligen Texte auseinandersetzten, die von Hass
und Mord sprechen. Denn die apokalyptischen Vorstellungen der drei
monotheistischen Religionen hätten sich, sosehr sie sich auch auf uraltes
Schriftgut beriefen, „in einem dynamischen und überaus rasch verlaufenen
Prozess ineinander zu genauer Entsprechung verzahnt.“
Das beträfe besonders die Geografie, alle
drei seien sich einig, dass der apokalyptische Endkampf im Nahen Osten,
speziell im Heiligen Land stattfinden werde. Darum kämpften dort alle um
jedes Stück Land. Besonders herausgehoben werde von den Autoren, dass es
nicht nur zwei, sondern drei Parteien seien, die dort aufeinander
prallten. Denn die christlichen Fundamentalisten, welche die Israelis
unterstützten, verfolgten das taktische Ziel der Missionierung. Der
„Antagonismus“ gipfele im Jerusalemer Tempelberg: Wie könne ein Weg der
Friedens und der Aussöhnung gefunden werden, wenn „alle drei Religionen
unversöhnlich exklusiven Anspruch auf diese knapp zwanzig Hektar
erheben?“ Drei Gotteshäuser nebeneinander, das klinge wie ein Rezept für
Mord und Totschlag. Der Lösungsvorschlag der Autoren, den der Rezensent für
den originellsten Beitrag des Buches hält, laute, dort oben einen Garten
anzulegen: „Alle drei Religionen sind sich einig, dass der unschuldige
Anfang wie das erlöste Ende die Züge eines Gartens tragen.“ (bor/lau)
Literaturangaben:
TRIMONDI, VICTOR und VICTORIA: Krieg der
Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse. Wilhelm
Fink Verlag, München 2006: 597 S., 39,90 €.
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VER.DI PUBLIK
02.03.06
Die Reiter der Apokalypse
Religiöse
Fundamentalisten sind ein echtes Problem. In den USA sind es die
Evangelikalen oder „wiedergeborenen“ Christen. Sie glauben, dass die
Bibel wortwörtlich zu verstehen ist: Nach dem Johannes-Evangelium steht
das Ende der Schöpfung ins Haus. So bestialisch es laut biblischem
Programm sein wird, die auserwählten Gläubigen beunruhigt das nicht, im
Gegenteil. Das apokalyptische Geschehen kann erst wieder ablaufen, wenn
das „auserwählte Volk der Juden“ wieder über ganz Israel herrscht.
Demnach ist die allerheiligste Unterstützung Israels, durchgeführt
mittels Spenden für die israelische Siedlerbewegung und hartnäckige
Lobbyarbeit gegen die Road Map. Christliche Rechte und religiöse Zionisten
schmieden merkwürdige Koalitionen im Diesseits. Wie diese abstruse
Koalition funktioniert, hat die amerikanische Journalistin Barbara Victor
in ihrem jahrelang recherchierten, genau und sachlich argumentierenden
Buch dargestellt. Beunruhigend ist der Umstand, dass ihr zufolge 80
Millionen Endzeitgläubige eine politische Macht in der
USA geworden sind mit direktem Einfluss auf das Weiße Haus. Wirklich
brisant wird das fundamentalistische Handeln aber am Schauplatz Naher
Osten, denn der reale Krieg um Öl trifft hier auf den irrealen Krieg um
den besten Platz im Jenseits.
Das
Standardwerk der Autorenpaares Trimondi zum Krieg der Religionen geht
detailliert auf diese dramatische lokale Zuspitzung und die
Endzeitszenarien der drei monotheistischen Religionen ein. Lesenswert
sind die gründliche Aufarbeitung der historischen Quellen und die
aufwendig recherchierte Gesamtszenerie der apokalyptischen Akteure, nun
auch der islamistischen Kräfte. Problematisch ist die isolierte
Darstellung der Heiligen Bücher. In dieser sind wiedergeborene Christen,
religiöse Zionisten und revolutionäre Islamisten gleichermaßen
verstrickt, im Dogma alter Bücher, gegen das neue Bücher wie die von
Victor und Victoria Trimondi Argumente liefern.
Martin Zähringer
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