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Die Road Map nach Armageddon

Wie die Christliche Rechte den Libanon-Krieg anheizte

und ihn als den Anfang vom Ende interpretiert

 

von Victor und Victoria Trimondi

 

Die Zahl der US-Bürger, die Geschichte und Politik aus der Sicht biblischer Prophezeiungen interpretieren, ist gigantisch. Nach einer Umfrage von TIME/CNN spekulieren mehr als ein Drittel aller Amerikaner darüber, in welchem Zusammenhang aktuelle Polit-Nachrichten mit den Weissagungen der Heiligen Schrift stehen. 59 Prozent sollen davon überzeugt sein, dass wir in der Endzeit leben. Auch für sie ist der Nahe Osten die Hauptbühne des apokalyptischen Welttheaters. Da die von ihnen wortwörtlich interpretierte Bibel sozusagen das „Skript“ darstellt, an dem sich die kommenden Endzeit-Ereignisse orientieren, sind die im Alten und Neuen Testament genannten Regionen, Städte, Ortschaften und Lokalitäten notwendigerweise die primären Austragungsorte der apokalyptischen Kriege mit Jerusalem als dem unbestrittenem Zentrum. Alles, was vor Ort geschieht wird deswegen von christlichen Fundamentalisten mit Luchsaugen verfolgt und mit passenden biblischen „Prophezeiungen“ in Einklang gebracht. Von Israel, Palästina und vom Libanon ausgehend soll sich, so glauben diese Leute, die endzeitliche Dramaturgie entwickeln, um sich dann über den gesamten Erdball zu verbreiten und am Ende wieder in die Region zurückzukehren. Dort kulminiert das grässliche Spektakel in der großen Schlacht von Armageddon im Norden des heutigen Israel, die das halbe Land in einen Blutsee verwandelt. Nach dem Endsieg kommt es zum Triumphzug eines militanten Christus mit „Feueraugen“ durch Jerusalem, der von dort aus die Menschheit mit eisernem Zepter als „König der Könige“ regiert, wie es jeder in der Offenbarung des Johannes nachlesen kann.

 

Der aktuelle Libanon-Krieg hat deswegen wie der Blitz in die Christliche Rechte Amerikas eingeschlagen und die gesamte Doomsday-Szene elektrisiert. Die ganz „Großen“ der Christian Right, die schon seit Jahren einen eminenten Einfluss auf die US-Politik ausüben, melden sich mit dem ihnen eigenen prophetischen Pathos zu Wort. Jerry Falwell zum Beispiel. Er gilt als Präsidentenmacher, weil er Millionen von evangelikalen Christen für die vergangenen Wahlen zu mobilisieren verstand. Außerdem ist er Rektor der Liberty University, wo die Elite des christlichen Fundamentalismus, die in den nächsten Jahrzehnten Amerika in eine christliche Theokratie verwandeln möchte, ausgebildet wird. Falwell, der schon seit Jahrzehnten, das Weltende beschwört und die Ankunft des Messias ankündigt, ist sich diesmal wieder einmal sicher: „Es ist ganz offensichtlich, im Lichte der Wiedergeburt des Staates Israel, dass die augenblicklichen Ereignisse im Heiligen Land sehr wohl als das Vorspiel oder der Vorläufer der kommenden Armageddon-Schlacht und der Rückkehr von Jesus Christus dienen.“ – schreibt er in seinem jüngsten Artikel mit dem Titel „An der Schwelle von Armageddon?“ Hal Lindsey, einer der Urväter des modernen, amerikanischen Endzeitwahns und ebenfalls ein ganz wichtiger Opinionleader der Christlichen Rechten, kommentiert: „Israel befindet jetzt in seiner gefährlichsten Lage seit der Gründung des Staates. Ich glaube, das lag daran, dass sie versucht haben mit einem Feind Frieden zu schließen, der offen erklärt, sein höchstes Ziel sei die Zerstörung Israels.“

 

In den amerikanischen Medien steht das Thema „Apokalypse“ seit einer Woche ganz oben auf  der Liste und das nicht nur in den Sendern der Christlichen Rechten wie CBN. In der „CNN Headline News Show“ zum Beispiel spricht der populäre Talkmaster Glenn Beck ausgehend vom  Libanon Krieg schon seit Tagen nur noch über das Ende der Welt: “Hier passiert, was ich über den Dritten Weltkrieg und die bevorstehende Apokalypse weiß.“ – erklärte Beck am 12. Juli. Am 13. Juli bestätigte ihm sein Gast, der CIA-Offizier Robert Baer: „Wir sehen, wie das [der Libanon Krieg] auf andere Länder übergreifen kann. Wir sind Armageddon viel näher!“ Am 18. Juli  sah Beck den Pesthauch der Apokalypse schon in New York einziehen: „Oh, ich weiß nicht, wie das bei Ihnen zu Hause ist, aber es fühlt sich an, als ob die Apokalypse hier auf mehr als auf einer Strasse nach New York kommt.“ Am 24. schätzte er die iranischen Mullahs als Satans Helfer ein: „Ich glaube, dass diese Typen im Sinne der Bibel böse sind“ und kündigte gleichzeitig das Programm des nächsten Tages an: „Wir haben eine Serie, mit der wir morgen starten, über das Kommen des Messias.“

 

Damit sind die CNN Beiträge zum Libanon-Krieg als Doomsday-Stoff keineswegs erschöpft. In der 24. Edition von „CNN’s Paula Zahn Now“ fragte die Moderatorin: „Nun, ist die Krise im Mittleren Osten in der Bibel vorausgesagt? Als nächstes in unserem Top-Story-Bericht: Was sagt uns das Buch der Offenbarung über die aktuellen Vorgänge im Mittleren Osten?“ Während der Sendung gab es eine Debatte von Religionsexperten über die Frage, „ob die jüngsten explosiven Ereignisse im Mittleren Osten klar biblische Prophezeiungen erfüllen: ob Armageddon – das Ende der Welt - nahe ist.“ Dabei kam auch der bekannte christliche Autor Joel C. Rosenberg zu Wort und behauptete schlichtweg: „Ich wurde ins Weiße Haus, Capitol Hill, eingeladen. Mitglieder des Kongresses, Israelis, arabische Führungspersönlichkeiten alle wollen die Ereignisse im Mittleren Osten durch die Brille biblischer Prophezeiungen verstehen.“ Man kann den Eindruck haben, CNN sei zu einem Treffpunkt  der amerikanischen Armageddon-Szene geworden. So etwas hätte sich der agnostische Gründer des Senders, Ted Turner, nicht träumen lassen.

 

Am 27. Juli stieg auch die ABC (American Broadcasting Company)  mit ihrer Sendung „Good Morning America“ in die Thematik ein und interviewte die Bestseller Autoren Tim LaHaye und Jerry B. Jenkins, die Amerikas berühmteste Fiction-Serie über die Endzeit (Left Behind) geschrieben und 62 Millionen Exemplare davon verkauft haben. Es ist vor allem LaHaye zu verdanken, dass der Endzeit-Wahn so fest in der amerikanischen Gesellschaft verankert und zu einem anerkannten Kulturphänomen werden konnte. Der Doomsday-Autor gilt deswegen auch als die einflussreichste Persönlichkeit des christlichen Fundamentalismus im Lande, zumal er sich aktiv am politischen Leben beteiligt. Viele der mächtigen Organisationen der Christlichen Rechten hat er mitgegründet: die antifeministische Protestbewegung Concerned Women for America, die Moral Majority, den Council for National Policy (CNP), den Council on Revival, die Coalition for Traditional Values (ACTV) und andere.

 

Die zentrale Frage des Interviewers von ABC an La Haye und Jenkins war: „Sie sehen was sich da abspielt: Die Bombardierungen von Haifa und Israel, das ist alles so nahe am Tal von Armageddon.  Und wenn sie daran denken, und die Leute das sehen und sich darüber Gedanken machen, ist es denn nicht wirklich Armageddon?“ LaHaye und Jenkins verneinten zwar, dass dies schon der vorausgesagte Endzeit-Krieg sei, immerhin treffen nach ihren eigenen Prophezeiungen am Ende der Zeiten im Tal von Harmagedon (Armaggedon) die internationalen Armeen des Anti-Christen auf  Streitkräfte des militanten Christus. Viele Millionen stehen sich dann einander gegenüber und metzeln sich gegenseitig ohne Erbarmen ab. Doch auf jeden Fall, so die Autoren, seien die gegenwärtigen Ereignisse ein Indikator, für das was da kommen wird. „Die große Sache daran ist, dass es die Diskussion [über die Apokalypse] auf den Tisch bringt.“ – meinte Jenkins und glaubt, der Libanon-Krieg werde bei den Menschen ein großes Interesse an der biblischen Apokalyptik im Zusammenhang mit der Politik im Mittleren und Nahen Osten auslösen. Am 28. Juli erklärte LaHaye in einem ausführlichen Newsweek-Interview, dass es so viele Zeichen wie nie zuvor gebe, die auf die Erscheinung Christi und damit auf den Ausbruch der Armageddon-Kriege hinwiesen. Newsweek kommentiert: „Wenn Tim LaHaye spricht, dann hören die Gläubigen zu – und zwar viele Millionen.“

 

Auch in den evangelikalen Mega-Kirchen des Landes ist die „Apokalypse“ erneut Thema Nr. 1, wie zu Zeiten des letzten Irak-Krieges oder des 9/11. Der Verkauf von Armageddon-Büchern boomt wieder einmal. In den Kapiteln 38 und 39 von Ezechiel sollen die noch bevorstehenden Kriegsszenarien ausgehend vom Libanon, angekündigt sein. Dort ist von einem Krieg gegen Gog und Magog [gemeint in der Bibel sind unbekannte Stämme aus dem Norden] die Rede. „Das ist die Region, von der aus die Schlacht aller Schlachten geschlagen wird – in diesen Städten und in diesen Ländern.“ – meinte Reverend Tony Scott, Pastor aus Monclova und Hal Lindsey lieferte vor wenigen Tagen seinen Lesern einen eschatologischen Lagebericht: „Der Gott Israels hat, in seiner umfassenden Gnade, geschworen, dass dieser Staat [Israel], der auf wunderbare Weise aus der vorhergesagten weltweiten Zerstreuung [der Juden] wieder hergestellt wurde, niemals wieder total zerstört werden wird. Aber Gott warnt auch, dass Israel durch eine schreckliche Zeit des Unheils gehen wird, bevor der Messias kommt und seinen unbedingten Bund mit dem glaubenden Rest der Israeliten erfüllen wird.“ Unter diesem „glaubenden Rest“ sind die zum Christentum konvertierten Juden gemeint, etwa ein Drittel nach den  vorgeblichen Prophezeiungen. Die restlichen zwei Drittel aller Juden kommen in den Armageddon-Kriegen um. Dieser kaschierte Antisemitismus von „Israels besten Freunden“, wie sich die christlichen Fundamentalisten Amerikas gerne selber nennen, ist auf jüdischer Seite gut bekannt und oft ein kontroverses Diskussionsthema. Er wird jedoch weitgehend in Kauf genommen, da diese Fanatiker bis zur Schlacht von Armageddon alles tun werden, um den israelischen Staat zu unterstützen, denn nach ihren Prophezeiungen muss zuerst der jüdische Tempel in Jerusalem aufgebaut werden, damit Christus erscheinen kann.

 

Doch HaL Lindsey sieht nicht nur den Nahen- und Mittleren Oste in einem apokalyptischen Flammenmeer versinken, sondern fürchtet jetzt auch um das Schicksal von God’s own country, das sich durch die Unterstützung der Road Map für den Frieden gegen die Absichten Gottes gestellt und deswegen dessen Fluch auf sich gezogen habe: „Wir werden über Nacht fallen, wenn Gottes Urteil kommt. Gott hat im Hinblick auf die Nachfahren Abrahams geschrieben: ‚Ich segne diejenigen, die dich segnen [gemeint ist Israel] und denjenigen, der dich verflucht, den werde ich verfluchen.’ (Genesis 12:13) Dieser göttliche Eid wurde niemals zurückgenommen.“ – mahnt Lindsey seine Landsleute.

 

Damit Gottes Zorn nicht auf Amerika niederfährt, so glaubt die Christliche Rechte, genügen keine frommen Wünsche. Es muss gehandelt werden! Konkret bedeutet das, mehr oder weniger offen ausgesprochen: die amerikanische Regierung soll sich in den Nahost-Konflikt militärisch einschalten und an der Seite Israels kämpfen. „Es ist nicht die Zeit, dass Christen schweigen“ – donnerte der wortgewaltige und im ganzen Land bewunderte Endzeit-Prediger Reverend John Hagee letzte Woche von seiner Kanzel und es gelang ihm, in erstaunlich kurzer Zeit einen viel beachteten Kongress (Washington/Israel Summit) von 3400 engagierten und einflussreichen Evangelikalen in der Hauptstadt zu organisieren, um die Regierung zur bedingungslosen Solidarität mit Israel zu bewegen. „Da gibt es einen neuen Hitler im Mittleren Osten [gemeint ist Ahmadinedschad]. Die einzige Möglichkeit ihn zu stoppen wird ein Präventivschlag gegen den Iran sein.“ – agitierte Hagee, der einen jüdischen Gebetsschal trägt, wenn er die Messe hält. Werfen wir einen kurzen Blick auf seine Lesart der Bibel. „In der christlichen Theologie“ – so Hagee – „ist das erste was passiert, wenn Christus auf die Erde zurückkehrt, das große Gericht über die Nationen. Es richtet nach einem Kriterium: Wie hast du das jüdische Volk behandelt? Jeder der das versteht, wird sich auf der richtigen Seite dieser Frage befinden. Diejenigen aber, die antisemitisch sind, werden ewige Verdammnis erleiden.“ Und der Prediger ist sich da ziemlich sicher, dass unsere Generation dieses Gericht über die Völker noch erleben wird.

 

Der von dem Apokalyptiker Hagee organisierte Washington/Israel Summit war alles andere als die Versammlungen einer randständigen Sekte. Im Gegenteil, dieser Gipfel war von beachtlich politischem Schwergewicht. An ihm nahmen drei republikanische Senatoren teil, ebenso der ehemalige israelische Verteidigungsminister Moshe Ya’alon, der israelische Botschafter und Gary Bauer, Präsident der einflussreichen, konservativen Organisation American Values. Wie hochkarätig die dort Versammelten einzuschätzen sind, zeigen die beiden Grußtelegramme, die zu Beginn des Kongresses vorgelesen wurden. Der amerikanische Präsident George W. Bush schickte  höchstpersönlich fromme Segenswünsche: „Gott segne und helfe dem Volk Israel, Gott segne die Vereinigten Staaten.“ Und selbst der israelische Premier Ehud Olmert rief die Anwesenden in einer Botschaft auf, „fest in Krisenzeiten zusammenzustehen.“ Im Saal wehten die Flaggen Amerikas, Israels und Jerusalems. Nationale, christliche und jüdische Lieder wechselten einander ab. Die Stimmung war riesig. „Der Enthusiasmus war so dicht, dass man ihn mit einem Messer schneiden und als Appatizer servieren konnte! Es war wirklich gut.“ – schwärmte ein Teilnehmer. Einen Appatizer für den kommenden Armaggedon-Krieg heißt das konkret, wenn man den Glauben des Organisators Hagee und des Großteils der Anwesenden  teilt.

 

Weder Bush, noch Olmert, noch der anwesende israelische Botschafter dürften die Absicht hegen, dem harten messianisch-apokalyptischen Kurs dieser Fundamentalisten zu folgen. Aber alle drei wissen, dass das amerikanische Endzeitmilieu evangelikaler Christen zahlenmäßig in die Millionen geht, dass es über bedeutende finanzielle Mittel verfügt, dass es in zahlreichen politisch wichtigen Basisorganisationen vertreten ist, dass es (bis zur ersehnten Rückkehr des Endzeit-Christus) Israel mit größtem Engagement unterstützt wird und dass diese Leute zutiefst motiviert sind. Diese Punkte zusammen zählen offensichtlich mehr, als die Besorgnis darüber, hier werde eine Doomsday-Kultur propagiert, welche die Welt in Schutt und Asche legen möchte, um sie als weltweite christliche Theokratie wieder entstehen zu lassen. Viele Juden, die noch in den Neunziger Jahren dem christlichen Fundamentalismus Amerikas sehr ablehnend gegenüberstanden und ihm mit vollem Recht Antisemitismus vorwarfen, haben sich jetzt auf eine pragmatische Haltung eingelassen nach der Devise: „Ich bin kein Apokalyptiker, aber es lohnt sich!“ Das soll besagen, da ich nicht an die Wiederkunft Christi glaube und auch nicht an den Armageddon-Krieg, kann ich ohne moralische Bedenken die große finanzielle und leidenschaftliche Unterstützung der Christlichen Rechten für Israel entgegen nehmen und bin dankbar dafür.

 

Wie sieht nun die christlich-fundamentalistische Road Map nach Armageddon aus? „Israel wird keine andere haben als einen entscheidenden Schlag gegen die Hamas und die Hisbollah durchzuführen. Das wird zu einer Verurteilung in der ganzen Welt führen. Israels Kampf ums Überleben kann sehr wohl einen Schlag gegen Syrien einbeziehen, was den Iran in den Krieg treiben wird – über den Rest mag von denjenigen berichtet werden, die das Glück gehabt haben einen Armageddon-nuklearen-Holocaust zu überleben.“ – heißt es auf einer der vielen evangelikalen Websites, die fest davon überzeugt sind, dass es dazu kommen wird – früher oder später.

 

In der Frage nach einem amerikanischen Eingreifen im Nahen Osten und im Iran vereinigt sich die Christian Right mit Strategievorstellungen der Neocons (Neokonservativen) wie William Kristol, Michael Ledeen, Richard  Pearl, David Wurmser und anderen. Diese Professoren und Publizisten, die der Bush-Regierung das intellektuelle Gepräge gaben, haben schon in den 90er Jahren eine Präsenz Amerikas in der Levante und Mittleren Osten gefordert. Auch ihnen gibt heute der Libanon-Krieg neuen Aufschwung, nachdem es um sie nach dem Desaster im Irak stiller geworden war.

 

Kurz vor Ausbruch der jüngsten Auseinandersetzungen im Nahen Osten erschien in der Los Angeles Times ein Artikel mit dem Titel „Beschleunigung der Apokalypse – Christen, Muslime und Juden forcieren hinter den Kulissen die Rückkehr des Messias“. Wenn in Amerika dieses Endzeit-Spiel noch hinter den Kulissen gespielt wird, so findet es im Iran, bei der Hisbollah und bei den Schiiten im Irak schon inmitten der großen politischen Bühne statt. Zweifelsohne kommt dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad im Showdown „moderner“ Endzeitfanatiker die Championrolle zu. Tag und Nacht wird dieser kleine Mann mit dem unerschütterlichen Blick und dem großen Mund von der fixen Idee angetrieben, er sei dazu auserwählt, die Epiphanie des schiitischen Messias vorzubereiten. Dessen verschiedene Namen sind heute selbst dem westlichen Durchschnittsbürger geläufig. Er handelt sich um den „Imam-Mahdi“ oder „12. Imam“ oder „Verborgenen Imam“, um jene von den Schiiten bis hin zur Ekstase vergötterte Erlöserfigur, die am Ende der Zeiten das Schwert ergreift, um die Unterdrückten der Erde unter dem Zeichen des Halbmondes zu befreien. Alles, was der Ayatollah-Diener Ahmadinedschad denkt und tut leitet er aus dem vermeintlichen Willen des „Imam Zaman“ ab, des „Herrn der Zeit“, wie der 12. Imam ebenfalls genannt wird. Hören wir den Präsidenten in seinen eigenen Worten: „Die Hauptmission unserer Revolution ist es, den Weg für das Erscheinen des 12. Imam Mahdi zu pflastern.“ - erklärte er während eines Freitagsgebets. In allen Bereichen müsse die iranische Gesellschaft auf dieses Erwartungsziel hin konditioniert werden: „Heute sollten wir unsere Ökonomie, unsere Kultur und unsere Politik so definieren, als basierten sie auf einer Politik der Rückkehr des Imam-Mahdis.“ Selbst die UNO-Vollversammlung wurde im September letzen Jahres nicht vom Missionsdrang des Präsidenten verschont, als er auch dort, vor einer konsternierten Weltöffentlichkeit, die baldige Ankunft des schiitischen Endzeit-Messias verkündete und sogar das Ende des säkularen Zeitalters bekannt gab. Während der Rede wähnte er sich selber umstrahlt von einer mystischen Aureole aus grünem Licht. Eine Atom-Bombe in der Hand der Ayatollahs würde das Prestige ihres Endzeit-Messias um ein vielfaches aufwerten.

 

In der politischen Gerüchteküche brodelt es: So glaubt der liberale israelische Publizist Joel Bainerman, dass der abgewirtschaftete und in den Charts ganz nach unten gerutschte US-Präsident Israel und den Libanon-Krieg dazu benutzt, um einen Grossangriff auf den Iran vorzubereiten. Denselben entschlossenen Willen zum Krieg zeichnet aber, nach der israelischen Zeitung Haaretz, auch den Iran aus. Aus sehr überzeugendem Quellenmaterial wird belegt, dass Ahmadinedschad die Konfrontation im Libanon von langer Hand vorbreitete. Wenn es denn wirklich zum militärischen Clash zwischen den USA und dem Iran kommen sollte, dann stehen sich in diesem Krieg nicht nur zwei Staaten gegenüber, sondern in beiden Fällen wird ein ganzes Heer von fanatisierten Endzeit-Ideologen aus allen drei monotheistischen Religionen offen oder verdeckt den Versuch unternehmen, die ganze Welt in ein apokalyptisches Fahrwasser zu treiben, um den Beweis zu erbringen, dass die blutigen Passagen aus ihren Heiligen Texten, Gottes Fahrplan für die Geschichte  sind. Der Himmel behüte uns davor!

 

© Victor & Victoria Trimondi