Vortrag von
Victor und Victoria Trimondi
MÜNCHEN –
IDEOLOGIESCHMIEDE DES
INDO-ARISCHEN-BUDDHO-FASCHISMUS
(Buchpräsentation von HITLER –
BUDDHA – KRISHNA)
Das
Thema unseres Buches ist der religiöse Faschismus und Neofaschismus. In der
SS, insbesondere im SS-Ahnenerbe, wurde über die Inhalte und Formen einer
zu gründenden "NS-Religion" offen diskutiert. Der SS-Verein mit
Heinrich Himmler an der Spitze sah sich nach eigenen Worten als der
"Vortrupp deutscher Religionsforschung". Dabei gingen alle
führenden Mitglieder dieser "Religionsschmiede" davon aus, dass
der Glaube des rassereinen arischen Menschen schon in Urzeiten praktiziert
worden sei und dass er deswegen neu entdeckt und restauriert werden müsse.
In diese "Restauration" einer arischen Urreligion flossen vor
allem Ideen, Philosophien,
Mythologien, Visionen, Dogmen und sakrale Praktiken aus den traditionellen
Glaubensrichtungen des Ostens ein. Es
bildete sich im Dritten Reich ein Milieu faschistischer
Kulturwissenschaftler heraus, die den Buddhismus, die Veden, die Puranas,
die Upanishaden, die Bhagavadgita, den Yoga und den Tantrismus zu geistigen
Überbleibseln einer verschollenen globalen indo-arischen und
antisemitischen Urreligion erklärten. Hinzukamen Anleihen aus dem tibetischen
Kulturkreis, insbesondere aber aus der japanischen Zen- und
Samurai-Tradition.
Im archaischen Kulturerbe des Ostens konnten
die NS-Ideologen Anleitungen und Theorien zu den folgenden Inhalten ihrer
Religionsvision finden:
zur Vergöttlichung des "Führers"
zu einer rassistischen
Kastengliederung der Gesellschaft
zur Sakralisierung des Krieges und
des Kriegers
Das Buch "Hitler-Buddha-Krishna"
weist zwei Teile auf. Der erste Teil konzentriert sich auf die
religionspolitische Aktivität innerhalb des SS-Ahnenerbes. Dort wurde über
die Anleihen aus den östlichen Religionen sowohl "akademisch" als
auch "esoterisch" gesprochen und gestritten. Es ist erstaunlich
wie intensiv, vielfältig, visionär und durchaus "fachkundig" die östlichen
Lehrsysteme behandelt wurden. Der erste Teil unseres Buches untersucht auch
die "Nazi-Tibet-Connection" und macht einen Exkurs zu den
faschistischen "Polittheologen" Italiens und Frankreichs.
Im zweiten Teil unseres Buches wird das
verhängnisvolle Vermächtnis dargestellt, das vom SS-Ahnenerbe an seine
weltanschaulichen Erben hinterlassen wurde. Hier erhalten Sie Einblicke in
die Ideologiekonstruktionen des
Neofaschismus der Nachkriegszeit bis heute. Es handelt sich dabei um
eine mittlerweile schon sehr machvolle subkulturelle Strömung, in der
Mythen, Religionsmuster, Dogmen, Fantasy- und Science-Fiction Stoffe,
Verschwörungstheorien, Visionen, Imaginationen, okkulte Lehren und
Aberglaube mit NS-Ideologien und der NS-Geschichte zu einer literarischen
Einheit verschmolzen werden. In diesem Konstrukt ist das indisch-tibetische
Kulturelement so stark ausgeprägt, dass man geradezu von einer
"östlichen Lehre mit nationalsozialistischen Inhalten" sprechen
muss.
HEINRICH HIMMLER
BEWUNDERT DIE INDISCHEN
RELIGIONSSTIFTER
Der im Jahre 1900 geborene Münchner Heinrich Himmler,
Reichsführer-SS und Architekt des
Massenmordes hatte unbestritten okkulte Neigungen. Er interessierte sich
für Pendeln, Märchenkunde, Mythologie, Spiritismus, Astrologie, Hypnose,
Telepathie. Der Historiker Michael Kater beschreibt ihn als
"horoskophörig und der Magie verhaftet" Seine umfangreiche "Leseliste"
von 1919 bis 1926 weist eine ganze Anzahl esoterischer Schriften auf. Aber
man erkennt daraus auch, dass er den Okkultismus nicht systematisch
betrieben hat.
Schon sehr früh galt sein Interesse östlichen
Religionssystemen. Zitat: "Ich bewundere
die Weisheit der indischen Religionsstifter, die von ihren Königen und
höchsten Würdenträgern verlangten, dass sie sich jedes Jahr für zwei bis
drei Monate zur Meditation in ein Kloster zurückzogen. Solche Einrichtungen
werden wir später auch schaffen." Höchst makaber klingt der
folgende Satz eines Mannes, der Millionen von Menschen wie
Insektenschädlinge vertilgen ließ: "Es hat
mich außerordentlich interessiert, neulich zu hören, dass noch heute die
buddhistischen Mönche, wenn sie abends durch den Wald gehen, ein Glöckchen
bei sich tragen, um die Tiere des Waldes, die sie zertreten könnten, zum
Ausweichen zu veranlassen, damit ihnen kein Schaden zugefügt wird. Bei uns aber
wird auf jeder Schnecke herumgetrampelt, jeder Wurm wird zertreten..." Himmlers finnischer Masseur Felix Kersten interessierte sich für den
"religiösen Hintergrund" seines Patienten und fragte dessen
Sekretär Dr. Rudolf Brandt nach den "Hauptwerken,
die Himmler als Ausgangsbasis nahm." Brandt nannte folgende
Bücher: "Die Bhagavadgita, die Edda,
die Veden und die Rigveden, die Reden des Buddha, der Visudi-Magga,
das Buch der Reinheit, sowie
einige astrologische Werke." Diese Buchliste ist
erstaunlich, denn von den mit Namen bezeichneten sechs Titeln stammen - mit
Ausnahme der Edda - fünf aus dem
indischen Kulturkreis.
DIE BHAGAVADGITA – EIN LEITFADEN
FÜR DIE SS
Die Bhagavadgita
soll Himmler so geschätzt haben, dass er sie ständig bei sich trug. Aus
Gesang IV Vers 7-8 des indischen Kriegsgedichtes zitierte er die folgenden
Sätze des Gottes Krishna und deutete sie anschließend wie eine uralte
Prophezeiung von Hitlers Aufstieg: "Sooft
der Menschen Sinn für Recht und Wahrheit verschwunden ist und
Ungerechtigkeit die Welt regiert, werd' ich aufs Neu geboren, so will es
das Gesetz. Ich trage kein Verlangen nach Gewinn. Diese Stelle"
– fuhr Himmler fort – "ist direkt auf den Führer zugeschnitten. Er
entstand uns aus der tiefsten Not, als es mit dem deutschen Volk nicht mehr
weiter ging, er gehört zu den großen Lichtgestalten. [...] Eine der ganz
großen Lichtgestalten hat in ihm ihre Inkarnation gefunden." In der Bhagavadgita fordert der
Gott Krishna den von Gewissensbissen geplagten Feldherrn Arjuna auf, die
Armee seiner Verwandten zu vernichten, da es die höchste Pflicht eines
Kriegers sei, zu töten, und da reale Welt nur eine Illusion darstelle. Die
folgenden Lehrinhalte und Bilder aus dem martialischen Gedicht waren geradezu
prädestiniert für ein metaphysisches Selbstverständnis der SS: "Der Krieg als Selbstzweck" – "Krieg und Massenmord als
selbstgewählte Schuld" – "Der Krieger und die absolute
Gefühlskontrolle" – "Die Sakralisierung der Grausamkeit" – "Die
Kriegerkaste als gesellschaftliche Elite".
Eine Vertrautheit mit der buddhistischen Weltsicht
konnte sich Himmler durch ein Buch verschaffen, das er als Nr. 290 in seine
Leseliste eintrug. Es handelt sich dabei um einen "Legendenroman"
des dänischen Nobelpreisträgers Karl Gjellerup mit dem Titel Der Pilger
Kamanita. Der Autor behandelt primär das für den Buddhismus so wichtige
Dogma des "Nicht-Verhaftet-Seins". Hiervon ausgehend folgt bei
einem der Romanhelden die spirituelle Legitimation des Mordes: Wer ohne
Emotionen, ohne innere Beteiligung, ohne Gewissen und ohne Freude mordet,
der lädt keine Schuld auf sich. Neben buddhistischen Argumenten beruft sich
der Held auf ein Zitat aus der Bhagavadgita: "So gilt
denn nun in Wahrheit folgendes: Was einer begeht und begehen lässt: wer
zerstört und zerstören lässt, wer schlägt und schlagen lässt, wer
Lebendiges umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes Gut
raubt: Was Einer begeht, er ladet keine Schuld auf sich – Und wer da gleich
mit einer scharf geschliffenen Schlachtscheibe alles Lebendige auf dieser
Erde zu einer einzigen Masse Brei machte, der hat darum keine Schuld,
begeht kein Unrecht." Ganz in diesem Geiste des
Nicht-Beteiligtseins, der typisch für das Bewusstsein eines indischen
"Yogikriegers" ist, versuchte sich Rudolf Höß, Lagerkommandant
von Auschwitz, jenseits seiner selbst zu stellen, während er sein
grauenhaftes Handwerk verrichtete: "Es gab
für mich kein Entrinnen. Ich musste den Vernichtungsvorgang, das Massenmorden
weiter durchführen, weiter erleben, weiter kalt [!] auch das innerlich
zutiefst Aufwühlende mit ansehen."
Unter den Nazis und im religiösen Neofaschismus wurde
die Bhagavadgita zu einem ständig zitierten, ideologischen
Bezugspunkt. Die in der rechtsextremen Szene hochverehrte Wahlindern
Savitri Devi, die nach dem Kriege wesentlich zur Konsekrierung des
Nationalsozialismus beigetragen hat, sieht hierin explizit die Quintessenz
von Hitlers Philosophie: "In der Tat, die
Lehre der Bhagavadgita ist nichts anderes, als die Philosophie des
vollendeten Mannes 'gegen die Zeit', ein Yogi im Geist und ein Krieger im
Handeln."
DIE
INDISCHE KSHATRIYA-KASTE – VORBILD FÜR DEN SCHWARZEN ORDEN
Es war ein Buch des Österreichers Franz Haiser mit dem
irreführenden Titel Freimaurer und Gegenmaurer im Kampf um die
Weltherrschaft, das Heinrich Himmler 1925 zu dem folgenden Kommentar
veranlasste: "Kschatrijakaste [d. h.
Krieger-Kaste], das müssen wir sein. Das ist die Rettung." In Haisers Schrift werden, ausgehend von
dem indischen Kastensystem und der indischen Kshatriya-Philosophie, die
Grundlagen und das Programm eines internationalen,
"wohlorganisierten" und elitären Kriegerordens, dargestellt, den
der Autor als "allarischen Bund" bezeichnet. Zitat: "Der Kshatriya ist der vereinheitlichende
Stilerhalter, der konservative Geist, der heute vor allem dazu berufen ist,
das Chaos der Geister zur Einheit zurückzuzwingen. Nur Soldatenherrschaft
kann unser geistiges Chaos bezwingen, die Kaserne, der Drill." Haiser fordert unter anderem die
Wiedereinführung der Sklaverei, die Verbindung von Krieger- und Zuchtorden
zur Rassengesundung, die natürliche Ausmerze und Ausschaltung biologisch
Minderwertiger. Zur Behandlung von "Mischlingen" zitiert er das
berühmte indische Gesetzbuch des Manu. Vom Tschandala (d. h. Mischling)
wird dort gesagt, "dass er mit seinem
Munde kein reiches Quellwasser verunreinigen dürfe. Nur dort, wo die Tritte
der Huftiere eine Pfütze im Boden zurücklassen, soll er seinen Durst
löschen können." Schon 1924 verlangt Haiser die
Zwangssterilisation der Juden: "Jude,
willst du hier bleiben, so musst du deine Testikel alle zehn Jahre
röntgenisieren und mit der Jahreszahl plombieren lassen, bei sonstiger
Strafe der Auspeitschung."
Inhalte und Organisationsform seines "allarischen
Bundes" konvergieren so stark mit dem ideologischen Inhalten und
Organisationsformen der SS, dass Haisers Schrift als eine der wichtigsten
Inspirationsquellen angesehen werden muss, nach der sich Himmler beim
Aufbau des Schwarzen Ordens orientierte.
HIMMLERS SAMURAI
Absolute Treue bis hin zum Tod gegenüber dem
Lehnsherrn und - historisch später - gegenüber dem japanischen Kaiser, dem
Tenno, war die höchste Pflicht eines Samurai, so wie es höchste Pflicht und
Ehre eines SS-Mannes war, dem "Führer" bis in den Tod hinein die
Treue zu halten. Dieser Vergleich der SS mit der japanischen Kriegerkaste
blieb nicht nur "metaphorisch", denn nach dem trilateralen
Kulturabkommen zwischen Berlin - Rom - Tokio von 1938 kam es zu
einem regen, militärischen und ideologischen Austausch zwischen den drei
faschistischen Ländern. Mit großer Faszination blickten damals
nationalsozialistische Japanologen, Künstler, Intellektuelle und Militärs
auf die Kriegerkultur des fernöstlichen Landes. In deutscher Sprache
erschienen bis kurz vor Kriegsende eine ganze Anzahl von Büchern, die den
japanischen "Weg des Kriegers" (Bushido) zum Inhalt
hatten.
1942 ließ Himmler ein "Büchlein" über den
Bushido mit dem Titel Die Samurai, Ritter des Reiches in Ehre und Treue
in der SS verteilen. Die Auflage betrug 55.000 Stück. In dem von ihm
persönlich verfassten Vorwort heißt es: "Aus
dieser kurzen Geschichte der Samurai wollen wir uns längst Vergessenes ins
Gedächtnis zurückrufen: die Tatsache, dass schon in frühen Zeiten dieses
Volk im fernen Osten dieselben Ehrgesetze hatte, wie unsere Väter sie in
früher, zu bald zerstörter Vergangenheit hatten [...]. Dies sei der Sinn
dieses Sonderdruckes, und in diesem Geiste mögen viele, insbesondere die
SS-Männer, dieses Büchlein lesen." Rudolf Jacobsen,
Bataillons- und Regimentskommandeur in der Waffen-SS, verwies darauf, dass
der Reichsführer immer wieder "die japanische Tradition der Samurai"
hervorhob, wenn er auf die Ausbildung der SS-Elite zu sprechen kam.
Was faszinierte die Nazis, insbesondere die SS, an der
japanischen Kriegerkaste? Zu nennen
sind hier unter anderem: "absolute
Gefühlskontrolle, kompromisslose Härte und Kaltblütigkeit" -
"blinder Gehorsam und Treue" - "Ehrenkodex und
Standesethos" - "Krieg als
Selbstzweck" - "Verachtung des Lebens" –
"Verherrlichung des Todes" - "Harakiri".
Morbide Sprüche aus alten Samurai-Handbüchern, wie dem Hagakure, die
damals ins Deutsche übersetzt wurden, wirken wie Losungen für den Schwarzen
Orden. Zum Beispiel: "Wenn euer Schwert in
einer Schlacht zerbricht, kämpft mit euren Armen; wenn eure Arme
abgeschlagen werden, ringt euren Gegner mit euren Schultern nieder; wenn
eure Schultern verletzt sind, könnt ihr immer noch mit euren Zähnen
kämpfen."
HIMMLER GLAUBT
AN DIE KARMA- UND
REINKARNATIONSLEHRE
Die indisch-buddhistische Karma-Lehre war für Himmler
ein tiefes Glaubensdogma, auf das er immer wieder zu sprechen kam, und er
nahm es mehrmals als Sinndeutung für die Sinndeutung der eigenen Existenz
in Anspruch: "...unsere innere und äußere
Situation drängte einfach auf die Zusammenlegung zwischen Reichsführer-SS
und Chef der Polizei, das war eben auch ein Karma, mit dem ich mich abfinden und das ich selbst zu meinen
Gunsten wenden muss." Von seinem Masseur darauf
angesprochen, wie es denn mit seinem persönlichen Karma, das er sich durch
schwerwiegende Taten aufgelastet habe, bestellt sei, antwortete er: "Einer muss sich opfern, auch wenn dies manchmal
schwer ist und darf nicht an sich denken. Es ist natürlich angenehmer, sich
mit den Blumenbeeten statt mit dem Kerichthaufen und der Müllabfuhr eines
Staates zu befassen, aber ohne diese Arbeit würden die Blumenbeete nicht
gedeihen."
Schon
in den frühen 20er Jahren hatte sich Himmler mit dem Thema
"Inkarnation" auseinandergesetzt. Er selber behauptete, die
Wiedergeburt des Sachsenkönigs Heinrich I. zu sein. Der einfache SS-Mann -
so Himmler - glaube daran, dass er in seinen Nachkommen wiedergeboren
werde. Dieser Gedanke sei kindlich, aber dennoch zu fördern, denn er führe
zu dem wünschenswerten reinrassigen Kindersegen. Weit bedeutsamer erschien
ihm dagegen die "Wiedergeburt in der Sippe", die unabhängig von
der familiären Blutslinie sei. "Hierfür liegt ein geradezu erdrückendes Beweismaterial
vor." Mit besonderem Eifer
beteiligte sich der Reichsführer an der 1937/38 im SS-Ahnenerbe kontrovers
geführten Wiedergeburtsdebatte, in der er sich der von Walther Wüst
vertretenen buddhistischen Inkarnationstheorie anschloss.
HIMMLERS TIBETOKKULTISMUS
Der frühere k. u. k. Oberst
und spätere SS-Brigadeführer Karl Maria Wiligut führte die Fraktion
der sogenannten "Runenokkultisten" im SS-Ahnenerbe an. Zeitweise
konnte er mit seinen abstrusen Ideen auf Himmler großen Einfluss gewinnen.
Machtvolle Symbole und Riten der SS, wie der Totenkopfring und die
Hochzeitsfeiern, entstammen aus seiner Ideenfabrik. "Himmlers
Rasputin", wie Wiligut schon in der NS-Zeit genannt wurde, war
fasziniert vom tibetischen Buddhismus, behauptete in mentalem Kontakt mit
Lamas zu stehen und war davon überzeugt, dass in Tibets Klöstern geheime
Schriften lagerten, die Aussagen über eine arische, aus Atlantis stammende
Urreligion beinhalten sollten. Auch Himmler war von dieser idée fixe besessen. Schon in den 20er Jahren
hatte er den esoterischen Beststeller des russischen Okkultautors Ferdinand
Ossendowski "Tiere,
Menschen, Götter - Das Rätsel des Königs der Welt" gelesen. In dem
Roman ist von einem unterirdischen, asiatischen Reich die Rede, von dem aus
durch magische Kräfte Einfluss auf das Weltgeschehen ausgeübt wird. Dieser
sogenannte Agarthi-Shambhala-Mythos wird nach dem Krieg zu einem zentralen
Mythologem des religiösen Neofaschismus. Aber schon Himmler glaubte,
Ossendowskis Buch handele von den
"ganz großen
Mysterien und Geheimnissen der Mongolei". Er war davon überzeugt, im Himalaja
gebe es noch die Reste der aus dem untergehenden Atlantis emigrierten
arischen Urrasse. Mit der unter seiner Schirmherrschaft stehenden
SS-Tibetexpedition, welche 1938 von München aus startete, verfolgte er
deswegen sowohl rassenpolitische wie religionspolitische Zielsetzungen.
WALTHER WÜST –WISSENSCHAFTLICHER VOLLSTRECKER VON
HIMMLERS IDEEN
Himmler war ausgebildeter Diplomlandwirt und besaß
besondere professionelle Kenntnisse in der Schädlingsbekämpfung und
Hühnerzucht. Seine metaphysischen Spekulationen über östliche Lehrsysteme
betrieb er dilettantisch, wenn auch mit einem gewissen Bildungsniveau.
Trotz seiner okkulten Neigungen war sich der Reichsführer-SS voll bewusst,
dass er seine religionspolitischen Ideen nur durchsetzen konnte, wenn er
sie wissenschaftlich verankerte.
Der Mann, den er zu diesem Zweck auswählte, war ein weiterer
Münchner, Walther Wüst. Wüst galt als vielversprechender
Sprachwissenschaftler, als Koryphäe der Indo-Germanistik. Ab 1935 leitete er
an der Ludwig Maximilian Universität das "Seminar für arische Kultur
und Sprachwissenschaft". Später wurde er Dekan der Philosophischen
Fakultät und im Juni 1941 Rektor der Münchner Universität. Zugleich
bekleidete er das Amt des Vizepräsidenten der Deutschen Akademie und war
Präsident der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Er war Mitglied der
NSDAP, Gaureferent des NS-Lehrerbundes und Vertrauensmann des
Sicherheitsdienstes. In der Schutz-Staffel brachte er es in kürzester Zeit
zum SS-Standartenführer. 1936 wurde der Orientalist von Heinrich Himmler
"entdeckt" und gebeten, eine leitende Funktion im SS-Ahnenerbe zu
übernehmen. Zuerst war er dessen Präsident, später übernahm Himmler die
Präsidentschaft, und Wüst wurde zum Kurator, zum zweitmächtigsten Mann des
SS-Vereins.
Mit
Wüst kam ein Gelehrter in das SS-Ahnenerbe, der konsequent und bewusst eine
NS-Religionsgründung auf (wie er es
selber nannte) "wissenschaftlicher Basis" vorwärtstrieb. Er ging
davon aus, dass Religion "machbar" sei, dass es sich hierbei um
eine Konstruktion des menschlichen Geistes handele. Dabei berief er sich
unter anderem auf einen Satz von Ludwig Feuerbach, der 100 Jahre
vorher Karl Marx zu seinem berühmten
Spruch über die "Religion als Opium fürs Volk" veranlasst hatte.
Feuerbach proklamiert: "Der Mensch ist der
Anfang der Religion, der Mensch der Mittelpunkt der Religion, der Mensch
das Ende der Religion!" Aber die
Schlussfolgerungen, die Wüst daraus zog, waren völlig gegensätzlich zu
denen, die Marx daraus gezogen hatte: "In ihrem
Stolz sind die Worte vielleicht zu schroff ausgefallen, aber Tatsache war,
ist und bleibt, dass der Mensch es ist, der die Gottheiten ersinnt und
benennt, die Mythen und Legenden dichtet, im Gottesdienst und Opfer das
religiöse Leben gestaltet, sich zu religiösen Gemeinschaften aller Art
zusammenschließt und Feste feiert, zaubert, Magie treibt, betet, Gelübde
auf sich nimmt und sich kasteit, leidet und jauchzt, blutige Glaubenskriege
führt und schließlich die Wissenschaft von der Religion begründet
hat." - Deswegen auch Wüsts Vorstellung, dass die Religion ihren
entwicklungsgeschichtlichen Höhepunkt in der
"Religionswissenschaft" erreicht habe, worunter er die rationale
Erfassung, bewusste Konstruktion und gesellschaftliche Verankerung eines
religiösen Musters verstand. Unter ihm wurde das SS-Ahnenerbe zum "Vortrupp
deutscher Religionsforschung" mit dem Ziel einer faschistischen
Religionsgründung.
ADOLF
HITLER ALS "BLUTERBE" DES BUDDHA SHAKYAMUNI
Der hochqualifizierte
Orientalist war sich über die Spärlichkeit des germanischen
"Ur-Wissens" völlig im Klaren. So schuf er eine deutliche
Rangordnung der "arischen Glaubensrichtungen", an deren höchster
Stelle nicht die nordisch-germanischen "Weistümer" der Edda, sondern die Metaphysik und Mythologie
der Inder standen. Indien und die indische Philosophie bildeten für Walther
Wüst das Schatzhaus, in dem die Reichsjuwelen eines kommenden SS-Staates
lagerten. Zitat: "Auch über
Indien schwebt unsichtbar-sichtbar das Sonnenzeichen des Hakenkreuzes, hier
sind von alters her in ungebrochener Überlieferung 'Grundkräfte völkischer
Lebensweisheit' aufgespeichert, die nach Erschließung suchen. Es ist
deshalb auch kein Zufall, dass wir in Deutschland eine vom Reichsführer-SS
ins Leben gerufene Forschungsgemeinschaft besitzen, die diesen großen
Aufgaben nachgeht, waltend und gestaltend, unter dem ewigen Leitwort
'Ahnenerbe'. Das 'Wunderland Indien' hat, ob wir dies nun in seiner ganzen
Tragweite wahrhaben wollen oder nicht, noch vieles zu sagen."
Wüsts programmatische
Artikel setzen sich unter anderem mit dem Urbuddhismus
als "rein arischer" Glaubensform auseinander. Zitat: "Der Buddhismus ist und
bleibt in der Grundlage seines Wesensgefüges eine echt
indogermanisch-arische Leistung, der Buddha eine großartige Gestalt mit
unverkennbar tiefen nordischen Einschlägen." Der Kurator des SS-Ahnenerbes will die
Buddha-Lehre als Basis für seine nationalsozialistische
Religionskonstruktion in den Dienst stellen. "Ein
persönliches Anliegen wäre mir der Nachweis der nordischen Bestandteile im
Buddhismus und in der Gestalt des Buddha selbst."
Im Sommer 1936 hielt er im vollbesetzten Auditorium
Maximum der Münchner Universität einen Vortrag mit dem Titel: "Des
Führers Mein Kampf als Spiegel
indogermanischer Weltanschauung". In dieser Rede vergleicht er die
Hetzschrift des Diktators unter anderem mit den Predigten des Buddha. "Ich will zeigen, wie diese Gedanken [des vedischen
und buddhistischen Wissens] ganz artmäßig und zwingend wiederkehren in der
Gedankenwelt des Führers und da wiederum in den wichtigsten Dokumenten
dieser Gedankenwelt, in des Führers Buch Mein Kampf."
Wüsts Hitler-Buddha Vergleich ist so grotesk und
spektakulär, dass wir einen längeren
Passus daraus zitieren wollen: "Nun
bewegt sich [der Buddha] von der Einsamkeit zum erstenmal nach langer
Abwesenheit wieder einer Stadt zu. In der Nähe ist ein Heim. Am Rande
dieses Heims befinden sich 5 junge Menschen, die wie er ebenfalls nach der
letzten inneren Erkenntnis gestrebt haben. Als nun der Buddha sich nähert,
da beschließen diese Menschen: Wir wollen jetzt, wenn dieser Buddha kommt,
weder aufstehen, noch ihm den Mantel abnehmen, noch einen Schemel
herrücken, noch Wasser zum Trinken und Waschen geben. Und Buddha kommt
immer näher. Wie nun diese Menschen in ihrer ablehnenden Haltung verharren,
da werden sie von einer inneren Gewalt gefasst und sie müssen alles das
tun, was sie vorhin absichtlich nicht tun wollten. Sie nehmen ihm den
Mantel ab, rücken ihm einen Stuhl heran, bringen ihm Wasser usw. Und da sagt
nun Buddha ein entscheidendes Wort: Zwei Dinge gibt es. Das Leben in
Lüsten, der Lust und dem Genuss ergeben, das ist niedrig, gemein, unedel,
führt nicht um Ziel. Das andere ist ein Weg der Selbstverneinung. Auch das
ist unedel und nicht zum Ziele führend. Von diesen beiden Enden sich
fernzuhalten, hat der Vollendete den Weg, der in der Mitte liegt entdeckt,
den Weg, der Blick schafft und Erkenntnis schafft.
Dieses Begebnis hängt in engster
Weise zusammen mit einem Erlebnis, das der Führer während seiner Wiener
Zeit gehabt hat, wo er als Hilfsarbeiter im Bannkreis des Leidens stand,
durch die Elendswohnungen schritt und die Not der Arbeiter sah. Da spricht
der Führer das tiefsinnige Wort: Damals wurde ich gewarnt, entweder in der
Theorie zu ersticken oder in der Wirklichkeit zu verflachen. Ich kenne kein
erschütterndes Beispiel für diese erbverwandte Dauerüberlieferung, als
diese geniale Zusammenschau, die in dem kurzen Wort des Führers liegt und
in einem längeren Bekenntnis der großen arischen Persönlichkeit der
Vorzeit, des Buddha, gelegen hat." Die Rede hatte einen legendären Erfolg. Sie
soll später vor mehreren SS-Oberabschnitten gehalten worden sein. Alle
Ahnenerben-Kollegen bis hinauf zu Heinrich Himmler waren vollauf
begeistert. Wolfram Sievers, der Generalsekretär des SS-Vereins, schrieb
enthusiastisch, "die Männer [sind] solch
gute Kost nicht gewohnt, es müssen unbedingt weitere Vorträge folgen."
Wüsts irritierender Hitler-Buddha-Vergleich stammt
nicht nur von einem fanatischen Nazi-Enthusiasten, sondern auch von einem
Gelehrten, der in der damaligen Orientalistik als wissenschaftlicher
Koryphäe gefeiert wurde. Wenn der Professor Buddhismus sprach, dann geschah
dies auf jeden Fall aus einer fundierten Kenntnis der Originalschriften.
ADOLF HITLER
- EIN INDO-ARISCHER WELTENHERRSCHER
Die
Lehre von der "Weltenherrschaft" ist ein zentrales Thema in einer
Anzahl bedeutender indischer (vedischer, buddhistischer und hinduistischer)
Texte. Ein Chakravartin, d. h. ein
Weltenherrscher, konzentriert in seiner Person die spirituelle,
politische und militärische Macht. Sein "Reich" umfasst den
gesamten Erdkreis. Walther Wüst legte größten Wert darauf, den damals
allerorten diskutierten "Reichsgedanken" nicht allein aus der
europäischen Geschichte, sondern aus den, seiner Ansicht nach
"arischen" Theokratien Persiens und Indiens abzuleiten. In seiner
1937 gehaltenen "Festrede zur Reichsgründungsfeier der Münchner
Hochschulen" erklärte er –
ausgehend von den persischen
Kosmokraten Kyros, Darius, Xerxes und dem buddhistischen Kaiser Ashoka –
Adolf Hitler zum jüngsten Glied in einer goldenen Kette von Chakravartinen.
Zitat: "Unser Blick fällt zuletzt, doch ohne
Zufall, auf unsere Gegenwart, auf Deutschland, auf das Reich der Deutschen,
auf den Führer, in dessen einzigartiger Gestalt sich die Fülle des
Vergleiches, des Bezuges, des Wertes [mit den zuvor präsentierten
Potentaten] glaubenszeugend, kräftebindend sammelt."
So wurden die von ihm mit wissenschaftlicher
Sorgfalt vorgetragenen Inhalte des indisch-persischen
"Weltenherrschergedankens" als Orientierungsmodell für eine zu
gründende NS-Religion mit dem deutschen Diktator als Dominus Mundi
in die Debatte geworfen.
Zusatz:
Uns stand bei der bei der Erarbeitung unseres Buches
„Hitler-Buddha-Krishna“ noch nicht das Gedächtnisprotokoll zur Verfügung,
das Walther Wüst im Jahre 1963 dem kanadischen Historiker Michael H. Kater
gegeben hat. Wüst präsentiert sich in diesem Dokument als
Fachwissenschaftler und das SS-Ahnenerbe als eine seriöse Institution der
Geisteswissenschaften, soweit der Verein seinem Kompetenzbereich
unterstand. Über Himmlers und seine eigene Vision, eine indo-arische
Krieger-Religion zu konstruieren, ist
in diesem Dokument keine Rede. Peinlichst werden alle ideologischen
Fragen ausgeklammert. Nach unserer Einschätzung ist es Wüst tatsächlich
gelungen, seine Sicht der Dinge in Katers Beurteilung des SS-Ahnenerbes
einfließen zu lassen. Der Beitrag der SS-Akademiker zur Fundierung einer
religiösen Weltanschauung bedarf deswegen weiterer historischer
Aufarbeitungen. Nach dem Krieg – so Wüst – seien 28 „Forscher“ des
SS-Ahnenerbes erneut als anerkannte Wissenschaftler tätig gewesen, über das
Schicksal von 6 wisse er nichts und 11 seien gestorben. (24)
Höchst
interessant ist folgender Passus, der klar Himmlers eminentes Interesse an
den indischen Klassikern kundtut. Auf S. 23 des Gedächtnisprotokolls heißt es: „Wüst wurde zum ersten Mal durch
Sievers und Galke mit Himmler zusammengebracht, wahrscheinlich war dies
Oktober 1936. Wüst nahm unter anderem einen Band des Rigveda mit, aus dem er auf Wunsch Himmlers vorlas und
übersetzte.“
DEUTSCHE ORIENTALISTEN UNTERM
HAKENKREUZ
Walther Wüst war in den 1930er Jahren der
"Star" in der deutschen Orientalistik. Der emeritierte Altmeister
Münchner Sanskritforschung, Wilhelm Geiger, hatte ihn mit folgendem
Schreiben als Nachfolger empfohlen: "Dr.
Wüst ist geborener Pfälzer und von arischem Geblüt. [....] Es ist ein
freundlicher Zufall dass die wissenschaftlichen Studien Dr. Wüsts von dem
ältesten bekannten literarischen Dokument der arischen Menschheit, vom Rigveda,
ausgegangen sind, der für immer als die Grundlage für die gesamte geistige
und im besonderen für die religiöse Entwicklung der Inder zu gelten hat,
und in dem zuerst der Name der Arier mit stolzem Selbstgefühl als
Volks- und Rassenbezeichnung
verwendet wird." 1935 übernahm Wüst den Lehrstuhl für
arische Philologie an Ludwig Maximilian Universität München, der fürderhin
als Lehrstuhl für "Arische Kultur- und Sprachwissenschaft"
firmierte.
Das immer wieder von dem Kurator des SS-Ahnenerbes
beschworene Ziel war die "Mobilisierung der
Religionswissenschaften", was für ihn schwerpunktmäßig die "Mobilisierung
der Orientalisten" bedeutete. In ihnen wollte er die eigentlichen
"Kirchenväter" der neuen NS-Religion sehen und er rief ihnen
deswegen leidenschaftlich zu: "Jetzt ist
Schicksalszeit unseres Volkes. Jetzt ist die Stunde fällig, wo ihr die abstumpfenden
Irrgänge und tauben Maulwurfsgräben räumen sollt, in die ihr euch erbohrt
habt. [...] Jetzt heischen
gegenwarts- und wirklichkeitsnahe Aufgaben eure ganze Kraft [...]: Veda,
Altiranisch, Vedismus, Brahmanismus, Buddhismus und Hinduismus, Mazdaismus,
Manichäismus vergleichende Kultur-,
Volks- und Völkerkunde. Das sind die Aufgaben, die arischer Philologie in
Deutschland gestellt sind." Alle damaligen erlauchte Namen
der deutschen Orientalistik einschließlich der Japanologie konnte Wüst mehr
oder weniger für seine "große Idee" aktivieren: Herman Lommel,
Helmuth von Glasenapp, Walter Donat, Wilhelm Gundert, Walther Schubring,
Johannes Nobel, Otto Schrader, Willibald Kirfel, insbesondere Jakob Wilhelm
Hauer und den Buddhologen Erich Frauwallner, der 1943 einen Antrag auf Errichtung einer Abteilung für
Buddhismusforschung im SS-Ahnenerbe stellte. Für die Verbreitung von Ideen
aus dem Zen-Buddhismus und der Samurai-Philosophie sorgten unter den Nazis
die Philosophieprofessoren und begeisterten Hitleranhänger Rudolf Otto,
August Faust, Eugen Herrigel und Karlfried Dürckheim.
Walther Wüst strebte mit dem SS-Ahnenerbe nichts
Geringeres an als die Gründung einer Academia Universalis für seine
indo-arische Hochschulpolitik, die alle akademischen Disziplinen
(einschließlich der Naturwissenschaften) umfassen sollte. Dazu zählte
mittelfristig die Errichtung von SS-Universitäten. Das war auch ein
Projekt, das Himmler vorschwebte, der den SS-Verein als "totale
Akademie" bezeichnete.
Was
wäre passiert, wenn sich Himmler, Wüst und die zahlreichen anderen
Protagonisten, die wir in unserem Buch vorstellen, nach einem gewonnen
Krieg hätten durchsetzen können? Ihr titanisches Religionsprogramm ist
durch ein Studium des indo-iranischen Kulturkreises ohne weiteres rekonstruierbar.
Von "unsauberen Rassenelementen gereinigt" wären die indischen
Solar- und Kriegsgötter, die autoritativen indisch-iranischen
Staatstheorien, das indische Kastensystem, das asiatische Bild von der
absoluten Unterordnung der Frau, die sexualmagischen Praktiken des
Tantrismus, die Kshatriya (Krieger)-Philosophie der Bhagavadtgita, die Opfergnosis der Veden, die
Erkenntnislehren des Buddhismus, die Vergöttlichung des "Führers"
als Chakravartin, verschiedene Yoga- und Bewusstseinstechniken, das
Guru-System, die Inkarnations- und Karma-Lehre, das zyklische Weltbild und
anderes aus dem "Wunderland Indien" in die Gestaltung einer
"NS-Religion" eingeflossen. Sie hätten dort sogar ein Übergewicht
erhalten, da die germanisch-europäischen Quellen angesichts der asiatischen
Überfülle wenig zur neuen religiösen Strömung hätten beitragen können. Ein
arisches Nazi-Deutschland wäre wesentlich von vedisch-buddhistischen Ideen
geprägt worden.
Diese am östlichen Kulturkreis orientierte
faschistische Strömung hat, wie wir in unserem Buch ausführlich zeigen,
nach dem Krieg in einem ideologischen SS-Untergrund überlebt. Sie wurde
dort weiterentwickelt und dank hemmungsloser Imaginationen zu einem
rassistischen Phantasma verwoben, dass seit den 1990er Jahren unter dem
Zeichen der "Schwarzen Sonne" weltweit an die Oberfläche
geschwappt ist.
Wir haben unser Buch aus drei Gründen geschrieben:
- als Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und als eine Analyse
der religiösen Neofaschismus
- als Beitrag zum Thema "Gotteskrieger"
- als Warnung vor einem unreflektierten Kulturimport aus dem
Osten
Auf den letzten Punkt wollen wir etwas genauer
eingehen. Seit einigen Jahren ist in allen Gazetten Deutschlands zu lesen,
der Buddhismus sei die
"Trendreligion" unserer Zeit. So schrieb der Spiegel 1998
in einer Titelgeschichte über die Lehre des Buddha Shakyamuni: "Ein Bekenntnis, mit dem man nichts falsch machen
kann. Zweieinhalbtausend Jahre Friedfertigkeit statt Inquisition, stets
heiter wirkende Mönche statt präpotenter Kirchenfürsten, Nirvana Hoffnung
statt Djihad Drohung - der
Buddhismus tut keinem weh und ist trendy
geworden." Solch ein Satz
ist angesichts der Sozialgeschichte des Buddhismus, angesichts
zahlreicher aggressiver Schulrichtungen und angesichts der Tatsache, dass
es insbesondere der Buddhismus war, der einflussreiche SS-Ideologen und
faschistische Kriegerphilosophen wie Julius Evola in seinen Bann zog,
geradezu grotesk.
München war mit dem Walter Wüst die Hochburg der
nationalsozialistischer Indienrezeption, München ist auch heute wieder das
deutsche Zentrum der Buddhismusforschung. Vor wenigen Wochen wurde mit
großer Werbung das Institut für Buddhismusforschung gegründet. Mit Stolz
erklärte der Initiator Michael von Brück in der Süddeutschen Zeitung:
" " Eine Aufarbeitung der
braunen Vergangenheit ist in dem Lehrplan ebenso wenig vorgesehen wie eine
kritische Auseinandersetzung mit buddhistischen Lehrinhalten. Das halten
wir für problematisch.
Wir möchten hier drei Beispiele für den
unreflektierten Kulturimport aus dem Osten vorstellen, die zu denken geben
sollten:
1. Publikation eines
Samurai-Handbuches im Münchner Piper-Verlag
2. Der Auftritt des
weißen Lamas Ole Nydahl im Auditorium Maximum der Ludwig Maximilian
Universität
3. Die Aufführung des Kalachakra-Tantra-Rituals
durch den XIV. Dalai Lama in Graz Anfang Oktober 2002
DAS "HAGAKURE" ALS
LEITFADEN FÜR UNSERE
ZEIT
Während unserer Recherchen entdeckten wir, dass der
traditionelle Münchner Piper Verlag ein Buch mit dem Titel Hagakure – Der
Weg des Samurai publiziert hatte. Teile dieses Klassikers der
Samurai-Philosophie aus dem 17.
Jahrhundert waren 1937 von Nazis übersetzt worden. Das Buch enthält
zahlreiche grauenhafte Aphorismen wie die folgenden: "Ein Mann von großer Tapferkeit denkt nicht an das
Ende eines Kampfes; er stürzt sich leidenschaftlich in den Rachen des
Todes, wobei sein wahres Selbst sich in seiner Geisteshaltung
offenbart." - oder - "Wenn
es dazu kommt, einen anderen zu erschlagen, dann stelle keine rationalen
Überlegungen an. [....] So etwas
vernichtet den rechten Zeitpunkt, schwächt Deine Entschlusskraft und endet wahrscheinlich damit, dass du
den Gegner gar nicht erschlägst. Der Weg des Samurai erfordert sogar, dass
du verzweifelt und blind vorpreschst." Die philosophische
Essenz des Hagakure wird nach
eigenen Worten in einem Satz zusammengefasst, der lautet: "entschlossenes Handeln am Rande des
Wahnsinns". Bis in die 80er Jahre hinein war das Buch in
Japan verboten, weil es als spiritueller Leitfaden für die Kamikaze-Flüge
japanischer Jugendlicher in der Endphase des Krieges diente. Im Jahre 2000
dagegen pries ein deutscher Verlag dieses Werk, das zahlreiche aggressive
"Kriegertugenden" enthält, nach denen sich auch die SS
orientierte, als "besonderen Wegweiser in
der heutigen Welt" an. Im Klappentext heißt es: "In kurzen Kapiteln vermittelt das Hagakure
Wahrheiten, die noch immer gültig sind, und es liest sich als ein Leitfaden
für den Umgang mit Macht und Karriere. Ähnlich wie Machiavellis Der
Fürst leitet es zu strategischem Handeln an und ist als eine Art
Bewusstseinstraining zu lesen. [....] Das Hagakure ist ein
spiritueller Leitfaden für den beruflichen und privaten Erfolg auch in der
heutigen Welt."
MODERNE
STIMMEN DES KRIEGS-BUDDHISMUS
Der "weiße" Lama
Ole Nydahl gilt als der erfolgreichste Missionar des Lamaismus in Europa. Zunehmend distanziert sich der
Däne vom Buddhismus als eine "Religion des Friedens" und
propagiert ihn als Kriegerphilosophie: "Schließlich
war [der Buddha] selbst ein Kshastri, also aus der Kriegerkaste des
alten Indien." –
belehrt er seine Schüler und Schülerinnen. Buddhistischer Pazifismus
erscheint ihm als bedauernswerte
Schwäche, buddhistischer Militarismus dagegen als Stärke: "Der
Schwache war immer für den Frieden!" – ruft er verachtend aus und kommt ohne Beschönigung auf die
aggressive und militante Seite der buddhistischen Lehre zu sprechen: "Friede,
Freude Eierkuchen war bestimmt nicht Buddhas Ding." Er selber habe "im
letzten Leben die Zivilbevölkerung Osttibets vor chinesischen Soldaten
geschützt – als Freischärler." Am "besten" fühle er sich "in Militärkleidung",
am wohlsten in deutschen Militärhosen: "Weil einige Freunde entdeckten, dass
mir die ausgemusterte graue deutsche Militärhose Größe 6 (schmal, erste
Auslese) gut passt, ist schon jetzt für meine nächsten Wiedergeburten
vorgesorgt. Mein Denken ist erst strategisch und dann taktisch und ich rede
auch so." Mit
seiner Prophezeiung von einem Krieg zwischen der "nördlichen
Hemisphäre" und dem Islam kolportiert er den im Kalachakra Tantra
vorausgesagten Weltkrieg zwischen Buddhisten und Moslems.
Der weiße Lama vertritt auch die im SS-Ahnenerbe als
Dogma geltende These von den "arischen" Wurzeln des indischen
Religionsgründers Buddha Shakyamuni – so jedenfalls in einem im Internet
verbreiteten Zitat, das unseres Wissen bisher nicht dementiert wurde: "Die Arier, wie sie genannt wurden, diese Familie,
der [der Buddha] angehörte, kam aus der Ukraine. [...] und er wird
beschrieben, nicht weil es besonders viel bedeutet, wie die Leute aussehen
u.s.w., aber er wird tatsächlich beschrieben als mit blauen Augen und groß
und stark. [....] Meistens denkt man, man müsse sich so etwas sehr
Asiatisches, mit ausgeprägten asiatischen Zügen vorstellen, aber das
scheint nicht der Fall gewesen zu sein."
Das Rad der Geschichte scheint sich zurückzudrehen. Am
6. April 2002 hielt der moderne Jünger eines "Krieger-Buddhas" im Auditorium Maximum der Münchner
Universität einen Vortrag über den "Diamantenweg Buddhismus" Am
selber Ort war vor 60 Jahren die kriegerische und rassistische
Interpretation der Buddha Lehre unter dem damaligen Rektor Walther Wüst
schon einmal ein großes Thema. Nydahl segnete auf seiner Deutschlandtournee
vor laufender Kamera der Sendung ZDF-Reporter ein NPD-Mitglied mit den Worten:
"Ja, viel Glück! Bei uns ist jeder
politisch frei und kann denken was er will."
DAS KALACHAKRA-TANTRA: EIN KRIEGSRITUAL
DES DALAI LAMA?
Bevor sich die Mitglieder der SS-Tibetexpedition 1938 aufmachten, um nach vermeintlichen Spuren
einer indo-arischen Urkultur im Himalaja zu suchen, wurde ihnen eine
detaillierte Desiderata Liste
übergeben. Eine der dort aufgeführten Aufgabenstellungen lautete: "Gibt es besondere Örtlichkeiten, an denen noch
heute der Kalachakra Kult geübt wird? Ist ein jetziger lebender dafür
berühmter Gelehrter namentlich und mit seiner Anschrift bekannt?"
Dr. Bruno Beger, fanatischer Rassenspezialist im SS-Ahnenerbes, wegen
Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in 86 Fällen verurteilt, später ein
Freund des XIV. Dalai Lama, schrieb 1942 an den Tibetologen Johannes
Schubert: "Eigentlich sollten wir uns bei
der kommenden Eroberung Leningrads den dortigen lamaistischen [Kalachakra]
Tempel irgendwie sichern, oder die Verbindung mit diesem anknüpfen." In einem modernen Internetartikel mit dem Titel "Las SS y el Tantra de Kalachakra"
resümiert des Neofaschist Enrique
de Vicente: "Im November 1994 erteilte der Dalai Lama in
Barcelona die Einweihung in das Kalachakra-Tantra [...] . Es handelt sich
dabei um eine Kriegerinitiation, die einen Platz in den Reihen
derjenigen, die in der Endschlacht
gegen die Kräfte des Bösen kämpfen werden, zugesteht."
Das Kalachakra-Tantra
und der darin enthaltene Shambhala-Mythos ist ein heiliger Text des tibetischen Buddhismus aus dem 10.
Jh. n. Chr. "Kalachakra"
bedeutet "Rad der Zeit".
Das Tantra gilt im Lamaismus als "der Gipfel aller
buddhistischen Systeme". Viele Hunderttausende hat der XIV. Dalai Lama
seit über 25 Jahren in dieses Ritual, welches er als Beitrag für den
"Weltenfrieden" und für die "Weltökumene" präsentiert,
eingeweiht.
Der Kalachakra-Text ist jedoch keineswegs
pazifistisch, sondern beschwört einen blutigen Religionskrieg zwischen
Buddhisten und Nicht-Buddhisten, der mit einer Buddhisierung unseres
Planeten endet. In der vorausgesagten
"Shambhala-Schlacht" orientiert sich die buddhistische
Armee nicht nach den Friedensmaximen des Ur-Buddhismus. Zitat aus dem
Originaltext: Die Shambhala-Krieger werden "gnadenlos"
und "grausam" sein und "die äußerst wilden Krieger werden die barbarische Horde
niederwerfen" und "eliminieren". Mit
einer befremdlichen Begeisterung fürs Detail schildert das Tantra die
mörderischen Superwaffen, die gegen die "Feinde der Lehre" zum
Einsatz kommen. Moderne, lamaistische Exegeten dieser Rüstungsphantasien
ergehen sich in spektakulären Vergleichen mit Atomsprengköpfen und Ufo's.
Alle Teilnehmer an einer Kalachakra-Initiation haben zudem das fragwürdige Privileg als
"Shambhala-Krieger" wiedergeboren zu werden. Für hohe Lamas
bestimmter Linien sind jetzt schon die Posten im Generalstab vergeben und
nach einer Vision des Lamas Kamtrul Rinpoche soll der reinkarnierte Dalai
Lama selber als "zorniger Raddreher" (Rudra Chakrin)
die buddhistischen Heere anführen, um "alles Böse im
Universum" zu unterwerfen.
Die
Shambhala-Schlacht gilt als ein "Heiliger Krieg" und wird, wie
der islamische Djihad, im "Inneren" wie im "Äußeren"
ausgefochten. An der "inneren" Front (d. h. im Geiste) ringt der
Shambhala-Krieger, ebenso wie der Mujaheddin, mit seinen schlechten
Charaktereigenschaften. An der "äußeren" Front kämpft er gegen
die "Feinde des Dharmas" (die buddhistische Lehre). Deswegen
kommt der vom XIV. Dalai Lama designierte Interpret des Kalachakra-Tantras,
Alexander Berzin, zu dem Schluss: "Die Kalachakra
Darstellung des Shambhala Krieges und die islamische Diskussion über den
Djihad zeigen bemerkenswerte Ähnlichkeiten." Entsprechend zum Märtyrer-Kult moslemischer
"Gotteskrieger" werden gefallene "Shambhala-Krieger"
mit einem buddhistischen Paradiesaufenthalt belohnt.
Es gibt zudem in dem Tantra besondere Riten und
meditative Praktiken, die den Untergang der Welt simulieren sollen. "Was ist [der "Weg des
Kalachakra]?" - fragt einer der kompetentesten
Tantraspezialisten, Shashi Bhusan Dasgupta, und antwortet: "Das Wort Kala bedeutet Zeit, Tod und
Zerstörung. Kala-Chakra ist das Rad der Zerstörung."
Im Originaltext kommt der ökumenische Gedanke mit
keinem einzigen Satz zum Ausdruck.
Im Gegenteil, als "Feinde des Buddhismus" und als "Familie
der dämonischen Schlangen" werden explizit die "Führer"
der drei monotheistischen Religionen
genannt: "Adam, Henoch, Abraham, Moses,
Jesus, der im weißen Gewand [Mani], Mohammed und Mathani [der
Mahdi]". Wir lesen,
dass das "machtvolle, gnadenlose Idol
der Barbaren, die dämonische Inkarnation" in Mekka
lebt. Der Text zielt auf einen globalen Religionskrieg gegen die Anhänger
Mohammeds.
Grundsätzlich
ist Sexualverkehr den buddhistischen Mönchen verboten. In den höchsten
geheimen Einweihungen des Kalachakra-Tantra
finden jedoch sexualmagische Riten statt, deren Ziel es ist,
"Sexualität" in weltliche und spirituelle Macht zu
transformieren. Die dort "benutzten" realen oder imaginierten
Frauen (beides ist möglich!) stellen bestimmte Energieformen dar, wobei das
Alter eine wichtige Rolle spielt. Man beginnt mit 11-jährigen Mädchen.
Diese tantrische Sexualmagie mit Minderjährigen stößt bei westlichen
Vertrauten des XIV. Dalai Lama, wie dem Münchner Theologieprofessor Michael
von Brück, auf ein historisches
Verständnis: "Wenn in einigen Tantras die
sexuelle Vereinigung mit einer Zwölfjährigen empfohlen wird, so ist zu
bedenken, dass zu jener Zeit in Indien die Mädchen mit 11 oder 12 Jahren im
Heiratsalter waren."
Solche und zahlreiche ähnliche Inhalte machen es
Faschisten leicht, sich in diesem Text, den sie "wörtlich"
interpretieren, wiederfinden. Die notwendige aufklärende Diskussion und
eine mildernde Exegese des Kalachakra-Tantras werden leider von
lamaistischer Seite durch strengste Geheimhaltung der höheren Einweihungen
unter Androhung von "Höllenstrafen" extrem erschwert. Höchst
befremdlich ist zudem, dass der XIV. Dalai Lama zu Faschisten und
Hitlerverehrern wie Bruno Beger, Miguel Serrano, Jean Marquès-Rivière und Shoko Asahara, der sich für seine
Sarin-Anschläge auf die Tokioer U-Bahn aus der Shambhala-Vision inspirieren
ließ, Kontakte hatte.
Der 11. September hat deutlich
gemacht, wie kriegerische Religionshalte in Terror umschlagen können. Eine
kritische Debatte über den unreflektierten Kulturimport von religiösem
Gedankengut aus dem Osten ist deswegen ein Gebot der Stunde.
©
Victor & Victoria Trimondi
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