HITLER - BUDDHA - KRISHNA

Eine unheilige Allianz vom Dritten Reich bis heute

 

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NZ/HA/THEMA/THEMA1 - Fr 08.11.2002  KIRCHE UND GESELLSCHAFT

 

Himmler wollte eine neue Religion für Deutschland

Verschrobener SS-Kult gegen das Christentum

 

Der Wahnwitzigste von allen war ein Wiener: Karl Maria Wiligut, der sich auch Weisthor nannte. Er war ein Freund und persönlicher Berater von Heinrich Himmler. Als er 1934 in den Rang eines Obersturmbannführers aufstieg, war er bereits 69 Jahre alt. Bewusst setzte er sein Alter und sein Charisma ein, um den Eindruck eines Sehers, Eingeweihten, Ur-Wissenden und Magiers zu erwecken. Wegen seines weißen Vollbarts nannten ihn nüchterner gesonnene SS-Männer »Himmlers Rasputin«.

 

Wiligut behauptete, er verfüge über ein so genanntes Rassegedächtnis, auch Erberinnern genannt. In dessen Techniken habe ihn sein Großvater eingeweiht, er selber sei der Letzte einer Blutlinie von Eingeweihten.

 

Dieses Supergedächtnis reiche nicht weniger als 200000 Jahre zurück. Was er in der fernen Vergangenheit gesehen haben will? Genau das, was man von ihm erwartete: Eine germanische Großkultur, deren Lichtgestalten die Dunkelrassen kräftig aufs Haupt hauten, was diese aber nicht hinderte, den »irminischen« Propheten Baldur-Krestos bei Goslar am Rhein zu kreuzigen - der Kreuzigungsbericht der Bibel sei, wie die Bibel selber, nur ein ferner Abklatsch der wahren Ereignisse. Baldur-Krestos übrigens überlebte - und entkam nach Asien.

 

»Weisthor« war für die SS auch als Designer tätig. Er entwarf deren silbernen Totenkopfring, er ersann neuheidnische Hochzeitsrituale und Totenfeiern, er war für das morbid-mörderische Image des »Schwarzen Ordens« mit verantwortlich. Nicht zuletzt entwarf er Baupläne für den »SS-Vatikan«, das Kultzentrum auf der umgebauten Wewelsburg.

 

Sein Betätigungsfeld war die SS-Abteilung »Stiftung Ahnenerbe«. Von der offiziellen Geschichtsschreibung vernachlässigt und heruntergespielt, gilt dieser geheimnisumwitterte Verein modernen Esoterikern als der okkulte Arm des Dritten Reiches: Hier sollen Dämonen beschworen worden sein, wenn nicht gar Satan selber; hier trafen die NS-Größen mit 7000 Jahre alten geheimen Meistern aus Asien zusammen; hier wurden gar Außerirdische vom Aldebaran kontaktiert, die den Nazis Ufos lieferten.

 

Die Wahrheit ist wahnsinnig genug. Zum ersten Mal, seit Nicholas Goodrick-Clarke mit seinem Pionierwerk »Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus« (Leopold-Stocker-Verlag) die Querverbindungen von Faschismus und Esoterik offenlegte, referiert ein Buch so gut wie alles über das »Ahnenerbe«.

 

Im Übrigen feiern gerade die genannten Querverbindungen heute wieder fröhliche Urständ. Unbeachtet von den Medien, die sich auf Glatzen, Springerstiefel und dumpfe Parolen konzentrieren, erlebt der Faschismus in der Esoterik-Szene ein Comeback. Sogar Wiligut wird wieder gelesen.

Unter dem - doch sehr reißerischen - Titel »Hitler, Buddha, Krishna« (Ueberreuter-Verlag) belegen Victor und Victoria Trimondi überzeugend: Das »Ahnenerbe« war die Denkfabrik der SS, in dem außer Esoterikern wie Wiligut auch Akademiker von internationalem Rang und Ruf arbeiteten - vorwiegend Indologen. Der extrem antichristlich eingestellte Heinrich Himmler hatte nicht mehr und nicht weniger vor, als das Christentum binnen fünfzig Jahren aus Deutschland zu entfernen und durch eine neue, selbst geschmiedete Religion für das »Tausendjährige Reich« zu ersetzen.

Dabei wussten die SS-Ideologen genau, dass sie mit germanischen Göttersagen nicht weit kommen würden. Schließlich hatten, Hitlers Diktum zu Folge, die Germanen noch in Lehmhütten gehaust, als die Römer das Kolosseum bauten. Als ideologisches Schatzhaus, das man beliebig plündern konnte, hatte das »Ahnenerbe« deshalb Indien auserkoren, denn die Inder waren ja schließlich auch Arier, und die indo-arische Kultur war älter als Hellas und Rom.

 

Die SS bevorzugte den Buddhismus. Das wird den Mode-Buddhisten unserer Zeit völlig unverständlich vorkommen, weil sie den Buddhismus als weltweite Friedensbewegung und den Dalai Lama als deren Oberhaupt sehen.

 

In Wahrheit ist der Buddhismus als Krieger-Religion, wie die SS ihn sah, sehr gut geeignet. Den Beweis dafür liefert die Geschichte selbst: Der Zen-Buddhismus war die Religion der todes-süchtigen Samurai in Japan, die Gewalt offen verherrlichten.

 

Der praktizierende Buddhist versucht, sein Ego in die Auslöschung (das ist die wortwörtliche Bedeutung von »Nirvana«) zu führen.

 

Dummerweise ist ein Mensch ohne Ich allerdings auch der perfekte Bürger für einen totalitäten Staat. Ein Samurai war jederzeit bedingungslos bereit, sein Leben für den Lehnsherren zu opfern.

Begeisterte Zustimmung fand im Ahnenerbe auch die Bhagavad-Gita, das heiligste aller heiligen Bücher des Hinduismus, heute noch oder heute wieder von Esoterikern hoch gerühmt. Der Inhalt: König Arjuna steht vor der entscheidenden Schlacht. Die Heerführer der Gegenseite sind seine Brüder, deshalb überlegt er sich, ob er nicht vielleicht in letzter Minute den Konflikt friedlich lösen könnte. Eine gute Idee, nicht wahr? Der Meinung ist Gott Krishna gar nicht. Als Wagenlenker verkleidet redet er ohne Punkt und Komma auf den König ein, bis dieser doch den Befehl zum Angriff gibt.

 

Die Argumente des Gottes: Der Tod ist doch nur eine Illusion, sein Karma muss ein Mensch tragen und sein Schicksal erfüllen, denn alles hat einen tieferen Sinn, auch wenn der Mensch diesen nicht erkennt. Die Schlacht wird geschlagen. Zehntausende sterben. Sinnlos, denn es wird nicht einmal das Kriegsziel erreicht.

 

Bei den enormen Verlusten auf beiden Seiten gibt es keine Sieger mehr, nur noch Verlierer. Und das soll die tiefe Spiritualität des alten Indien sein? Alles, was recht ist - da ist die Bergpredigt die bessere Botschaft.

 

 Magnus Zawodsky

 

 

 

© Copyright 2003 – Victor & Victoria Trimondi

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