Kriege, Endzeitschlachten und Weltuntergänge im Lamaismus
Verhältnis des XIV. Dalai Lama
zur Religiösen
Rechten Indiens
Die Kalachakra-Prophezeiung
sagt weiterhin die gute Kooperation des Shambhala-Königs
mit den indischen Göttern und Armeeführern voraus. Man erfährt, dass die Endschlacht
gegen die Muslime von einer buddhistisch-hinduistischen Armee unter dem
Kommando Rudra Chakrins
geschlagen wird. Diese prophezeite Waffenbrüderschaft ist heute schon
vorgeprägt. Indien kennt und schätzt offensichtlich einen anderen Dalai
Lama als der Westen.
Nachdem der Religionsführer
während des von ihm durchgeführten Kalachakra
Rituals 2003 in Bodhgaya in die Kritik
neo-buddhistischer Mönche, Anhänger des Kastengegners Dr. Babasaheb
Ambedkar, geraten war, nahm ihn die nationale
Presse seines Asyllandes in Schutz. Aber keineswegs deswegen, weil er
friedfertig sei, sondern im Gegenteil, wegen seines persönlichen
Engagements für Militäreinsätze, in die Indien verwickelt war und an denen
auch tibetisch-buddhistische Soldaten beteiligt waren. Genannt wurden neben
der oben erwähnten Schlacht von Kargil die Kämpfe
in den Chittagong Hill Tracts (Bangladesh). Dort
agierte bis 1997 die buddhistische Guerilla Bewegung Shanti
Bahini. Eingedenk dieses Supports kommt der
französische Tibetologe Claude Arpi zu dem Schluss: „Während [der Dalai Lama] aktiv
die buddhistischen Lehren praktiziert, hat er immer an der Seite Indiens
gestanden, sogar wenn er deswegen seine eigenen Prinzipien aufgeben musste.
Ist das nicht der Ausdruck höchster Liebe für seine Wahlheimat?“ 1998
unterstütze er sogar die Atomtests der Inder. Wir kommen in einem späteren
Kapitel darauf zurück. Arpi weiß eine solche
Haltung zu schätzen: „Dass der Dalai Lama Indiens Standpunkt verstand,
während dieser vom Rest der Welt verdammt wurde, und gerade weil er
diametral im Gegensatz zu seinen tieferen Glaubensvorstellungen steht,
zeigt das Kaliber dieses Mannes, der Indiens stets als Aryabhumi [heiliges Land,
aber auch Land der Arier] bezeichnet
und der Tibet zu einem Kind Indiens erklärt hat.“ (4) Auch David Frawley, engagierter westlicher Propagandist der Hindutva vom American
Institue of Vedic Studies, lobt den tibetischen
Religionsführer: „Der Dalai Lama selbst hat Indiens Nuklear Tests
unterstützt. Ebenso Indiens Verteidigung im Kargil
Krieg von Kaschmir und die Kritik an der christlichen Missionsarbeit, die
von indischen Gurus gemacht wurde.“ (5)
Auf der anderen Seite
debattiert die Religiöse Rechte in Indien mit großem Engagement die
Frage, ob die Anhänger Buddhas überhaupt zur Hindutva
zählen. In dieser Debatte hat sich weitgehend die Meinung durchgesetzt, der
Buddhismus sei (im Gegensatz zu den drei semitischen Religionen) eine der
vielen Ausdrucksformen der indo-arischen
Zivilisation. (6) Dabei genießt der tibetische Buddhismus eine weit größere
Akzeptanz als der engagierte Neo-Buddhismus des Dr. Babasaheb Ambedkar, der sich explizit gegen das indische
Kastensystem richtet, welches in der Hindutva
viele Fürsprecher hat. (7) Ambedkars Anhänger
stehen denn auch dem Dalai Lama kritisch gegenüber und bezeichnen ihn
pejorativ als „buddhistischen Brahmanen“. (8)
Ganz in diesem Sinne wird der
tibetische Religionsführer von Hindu-Fundamentalisten als einer der ihren
angesehen, während Ambedkar und die meist kastelosen Neo-Buddhisten als Häretiker nicht zur
Gemeinschaft der Hindutva zählen.
„Im Gegensatz zum Dalai Lama, der die Nähe von Hinduismus und Buddhismus
vor seinen indischen Gastgebern betont, hat der Buddhismus der Ambedkariten die Tendenz offen anti-Hindu zu sein und
die Trennung des Buddhismus [von der Hindutva] zu
betonen.“ – schreibt der Hindu Ideologe Koenraad Elst. (9) Das bestätigt auch der Frankfurter
Religionswissenschaftler Edmund Weber: Während „indische Neo-Buddhisten die
Hindus mit äußerster Heftigkeit angreifen, hat der Dalai Lama erkannt, dass
beide Religionen im Wesen, im Bharatiya Dharma, eins sind und er und seine tibetischen
Buddhisten daher reine und unerschütterliche Solidarität nur von den
bewussten Hindus erwarten können.“ (10)
In der Religiösen Rechten
Indiens diskutiert man heute offen über eine militärische
„Interessengemeinschaft zwischen Hindus und Buddhisten gegenüber einer
dritten Partei, sprich: dem Islam“. (11) Drei Grenzgebiete werden genannt,
in denen sich die Anhänger Mohammeds und Buddhas jetzt schon feindlich
gegenüberstünden und die für die zukünftigen großen Schlachten mit dem
Islam von strategischer Bedeutung seien. Im schon erwähnten Chittagong Hill Massiv von Bangladesh, wo muslimische Siedler unterstützt von der
islamischen Regierung, den Buddhisten das Land wegnehmen sollen. Im
Nordosten Indiens, wo Buddhisten mit illegalen, muslimischen Immigranten in
Konflikt geraten sind und in Kaschmir (Kargil),
wo die buddhistische Minderheit durch die islamische Bevölkerung nicht nur
militärisch, sondern wegen der vielen Mischehen auch ethnographisch bedroht
werde.
Als sehr eng und herzlich
gelten die Kontakte des XIV. Dalai Lama zu Persönlichkeiten der
faschistoiden indischen BJP (Bharatiya Janata Party) und deren paramilitärisch geschulten
Kadertruppe RSS (Rashtriya Swayamsevak Sangh). (12)
Der Welt-Hindu-Rat (VHP – Vishwa Hindu Parishad), der gegenüber dem Islam und dem
Christentum extrem aggressive Positionen vertritt, wurde von dem
tibetischen Religionsführer 1964 mitgegründet.
1979 nahm er führend an dem zweiten Welt Hindi Kongress des VHP in Pravag Allahabad teil. „Die konkrete Gestaltung dieser
Beziehung“ – schreibt der Frankfurter Religionswissenschaftler Edmund Weber
– „beschränkt der Dalai Lama keineswegs auf akademische Äußerungen, sondern
sie zeichnet sich durch religiöse Teilnahme und oft genug auch durch
politisch hochbrisantes Engagement aus.“ (13)
Auch an vielen anderen Sangh Parivar
Veranstaltungen, also an Treffen der Religiösen Rechten Indiens,
nahm der Dalai Lama als Referent teil. Wie wir schon ausführlich gezeigt
haben, glauben einflussreiche Personen aus diesem Milieu, ein
Religionskrieg gegen den Islam sei unausweichlich beziehungsweise finde
schon statt. Der bisherige Kulminationspunkt in diesem Konflikt war die
Zerstörung der Babri Masjid
Moschee am 6. Dezember 1992 in Ayodhya.
Zehn Jahre danach, Ende 2003,
bot sich der XIV. Dalai Lama als Friedensunterhändler zwischen Hindus und
Muslimen in der Ayodhya-Frage an. Sein Angebot
wurde von der BJP, dem RSS und dem VHP enthusiastisch begrüßt. „Die
Intervention eines neutralen religiösen Führers, der weder der Hindu noch
der Moslem Gemeinschaft angehört, könnte eine Atmosphäre aufbauen, um die
disputierenden Parteien an den Verhandlungstisch zu bringen.“ – sagte ein
hoher BJP-Funktionär. (14) Nach anfänglicher Zustimmung lehnte jedoch die
muslimische Seite die Vermittlerrolle des tibetischen Religionsführers ab,
zweifelte dessen Neutralität an und einige behaupteten, er stecke mit der Religiösen
Rechten Indiens unter einer Decke.
So habe er am 8. November
1992 eine Konferenz der ABVP (die Studentenorganisation des rechtsradikalen
RSS) in Kanpur eröffnet und ihr seinen Segen gegeben. Auf diesem Treffen
seien extremistischen Hetzreden gegen die muslimische Bevölkerung und gegen
den muslimischen Glauben gehalten worden. Unter donnernden Applaus habe der
Präsident der ABVP die Rekonstruktion des Tempels in Ram Janmabhoomi gefordert, was einen Monat später, am 6.
Dezember, die Zerstörung der Babri Masjid Moschee zur
Folge hatte. Auf dieser Konferenz mit dem Dalai Lama als Gast seien
zusammen mit anderen radikalen Organisationen die Vorbreitungen
für die radikalen Ausschreitungen gegen die muslimischen Einwohner Ayodhyas gemacht worden.
Konkret vorgeworfen wird dem
Dalai Lama, er habe auf dem folgenschweren Treffen der ABVP nicht gegen die
radikale, anti-Muslimische Grundhaltung der Hinduistischen Rechten Stellung
bezogen. Im Gegenteil, er habe sich dort sehr zustimmend zur Ideologie der Hindutva und des Sangh
Parivar, der „gemeinsamen Familie“
politischer und kultureller Hindu-Organisationen, geäußert. Im Sangh Parivar gibt es auch
Organisationen wie den Welt-Hindu-Rat (VHP – Vishwa
Hindu Parishad), die die Endlösung der
Islamfrage fordern. (15)
Seid
dreißig Jahren verfolge er die Debatte über die Hindutva,
sagte der Dalai Lama später in einem Interview. Es gäbe da auch ein „einige
kritische Punkte“. – „Aber zur gleichen Zeit finde ich, dass der Parivar [die Hindu Familie] sehr darum bemüht
ist, die indische Kultur und Nation zu bewahren. Dieser Aspekt hat mich
sehr beeindruckt. Offen gesagt, da gibt es in diesem Land Leute, die in den
westlichen Lebensstil vernarrt sind. Ich habe immer meinen indischen
Freunden gesagt, dass sie auf keinen Fall ihr reiches kulturelles Erbe
vernachlässigen dürfen. Somit verdient jede Organisation, die für die
Bewahrung der traditionellen Werte und Normen Indiens arbeitet, die
Unterstützung aller wohlmeinenden Menschen.“ (16) Das ist sicher eine sehr
wohlwollende Aussage über einen Organisationsverbund, den Liberale, Linke,
Christen und gemäßigte Muslime gleichermaßen als „theokratischen
Faschismus“, als „religiöser Faschismus“, als „Hindu-Fundamentalismus“
bezeichnen und aus dessen Reihen die „Endlösung der Islamfrage“ gefordert
wird.
Die muslimische Kritik an dem
tibetischen Religionsführer fällt entsprechend radikal aus: „Ich muss leider
sagen, dass Sie weder ein ehrenvoller Friedensunterhändler sind,“ –schreibt der Journalist Shamsul
Islam in einem offenen Brief an den Dalai Lama - „noch sind Sie eine heilige Seele, die
sich über die dreckige Interessenpolitik erhebt. Sie spielen das Hindutva Spiel, indem Sie zu Tricks und
Bluffs greifen, wodurch sich dieses Spiel auszeichnet. Sie sind ein alter
Kumpel der RSS, der dann aus der Tasche gezogen wird, wenn alle anderen
Tricks fehlgeschlagen sind.“ (17)
„Nähert sich der Dalai Lama
dem Hinduismus an?“ – fragt der französische Journalist François Gautier in
einer Reportage aus dem Jahre 2004. (18) Er bejaht diese Frage und kommt
dann auf drei Ereignisse zu sprechen, die eine solche Tendenz bestätigen:
1. In Trivandrum, der
Hauptstadt der Provinz Kerala nahm der
Religionsführer als Ehrengast an einer Konferenz über die Bhagavadgita teil. Dort wurde in mehreren
Vorträgen der durchaus kriegerische Charakter dieses Heiligen Textes
bejaht. In seinem Beitrag betonte der Dalai Lama zwar das Prinzip der
Gewaltlosigkeit, aber dann machte er eine Einschränkung und sagte, es komme
an erster Stelle auf die Motivation und nicht auf die Handlung an, was also
bedeutet, dass eine gewaltsame Handlung gerechtfertigt ist, wenn die
Motivation des Handelnden stimmt. (19) Auch der historische Buddha habe in
einem Fall einen potentiellen Mörder getötet, der ansonsten 499 Personen
umgebracht hätte, sagte der Dalai Lama. (20)
2. Auf Einladung des Guru Sri
Sri Ravi Shankar nahm
er an einem Festival mit 100.000 Personen teil. In der Abenddämmerung
zündeten die Teilnehmer Zehntausende von Kerzen an und psalmodieren ein
Hymne zu Ehren Buddhas. Offensichtlich bewegt sagt der Dalai Lama:
„Hinduismus und Buddhismus sind zwei Schwesterreligionen, wir teilen
dieselben Ideale des Mitgefühls und der Toleranz. […] Jetzt wo der Westen sich klar darüber
wird, dass der materielle Fortschritt, der auf dem technischen Fortschritt
beruht, nicht hinreicht, ist es ohne Zweifel das Ewige Indien dass
sich mehr und mehr dahin entwickeln wird, den Schlüssel der spirituellen
Glückseligkeit zu finden. [...] Verbinden wir uns miteinander, denn wir
können uns gegenseitig sehr viel geben.“ (21)
3. Am 25. Januar 2001
besuchte er auf Einladung des umstrittenen Welt-Hindu-Rates (VHP – Vishwa Hindu Parishad)
das Kumbh Mehla
Festival in Allahabad, an dem Millionen von Indern teilnahmen. Da einige
der Swamis die Präsenz des Buddhistenführers
kritisierten, versuchte er sich besonders konziliant zu zeigen: „Ich bin
sehr froh hier zu sein und ich bemühe mich darum Buddhisten und Hindus
einander näher zu bringen, weil ich sie als Zwillinge betrachte.“ – sagte
er. (22)
Präsentiert wurde der Dalai
Lama von dem VHP-Präsident Ashok Singhal, ein
spiritueller Hardliner, der ständig und mit harten Worten gegen den Islam
und das Christentum Front macht. (23) Der „aggressive“ Missionsstil der
Christen war auch auf diesem Treffen ein Thema. Dass der Vorwurf gegenüber
den Christen überzogen ist, haben wir schon im vorigen Kapitel gezeigt.
Aber der Dalai Lama stieß, entgegen seiner sonstigen Toleranzbekenntnisse,
in dasselbe Horn wie seine Hindu-Freunde: „Ob Hindus, Muslime und Christen,
wer auch immer versucht, andere zu konvertieren, liegt falsch, das ist
nicht gut. Wir stellen uns gegen Missionsaktivitäten jeder religiösen
Tradition, die Methoden der Verführung benutzen.“ (24) – sagte er im vollen
Bewusstsein, dass in dem Umfeld, in dem er diese Worte aussprach, nur
Christen und Muslime gemeint sein konnten, zumal wenige Minuten vorher,
Ashok Singhal gefordert hatte: „Buddhismus,
Hinduismus und andere nicht-aggressive Religionen müssen sich zusammentun,
um den Islam als eine aggressive Religion auszulöschen.“ (25) In der
ultra-konservativen Presse wurde denn auch berichtet, der Dalai Lama habe
gesagt, dass sich zwar alle Religionen auf menschliche Werte berufen
würden, dass aber „Muslime, Christen und Anhänger Zarathustras
nicht auf den indischen Boden gehörten. Auf der anderen Seite wären die
Hindus, die Buddhisten, die Jains und die Sikhs dort zuhause.“ (26)
Indische Christen waren denn
auch über die Äußerungen des Friedensnobelpreisträgers höchst konsterniert.
„Wir sind enttäuscht, dass ein Mann des Friedens wie der Dalai Lama die
Plattform mit einer Organisation teilt, die sich zur Aufgabe gemacht hat,
Christen und Muslime zu verfolgen.“ – sagte ein Pastor aus Delhi. (27) Eine
scharfe Kritik erschien in der renommierten Internet-Zeitung www.beliefnet.com unter dem Titel:
„Der Dalai Lama verurteilt islamische und christliche
Konvertierungspraktiken“. Der Autor Muqtedar Khan
führt aus: „Es ist wirklich unmöglich, dass sich der Nobelpreisträger und
spirituelle Führer, mit denselben Leuten auf der Bühne zeigt, die das Blut
von Hunderten von Menschen, welche zu Indiens religiösen Minderheiten
zählen, an ihren Händen haben. Er benutzte nicht einmal die Gelegenheit,
zum Frieden und zur Harmonie in Indien aufzurufen, wo der Aufstieg des
Hindu-Nationalismus und seine verwerflichen Kampagnen, das Leben der
Muslime und Christen, ihrer Moscheen und Kirchen unsicher gemacht hat. [...] Der Dalai Lama hatte hierzu nichts zu sagen.
Er widersprach nicht einmal Asho Singhals Aufruf an den Buddhismus und Hinduismus sich
vereinigen, um den ‚Islam auszulöschen’. Ich frage mich, was sie unter ‚den
Islam auslöschen’ verstehen? Die Hindu-Militanten haben Gewalt,
Brandstiftung, Krawalle, die Zerstörung von Moscheen und selbst
systematische Massaker (wie das Massaker an 3000 Muslimen in Bombay im
Jahre 1992) angewandt, um die Muslime in der jüngsten Vergangenheit zu
unterdrücken. Sie haben auch Kirchen niedergebrannt, Christen getötet und
Missionare lebendig verbrannt, um die Ausbreitung des Christentums in
Indien ‚auszulöschen’. Unterstützt der Dalai Lama diese Methoden? Sehen wir
jetzt, wie sich buddhistische und Hindu Militante in ihren Angriffen gegen
Muslime und Christen vereinigen? Buddhismus ist ein Glaube der
Gewaltlosigkeit und wir sollten keine aktive Gewalt von ihnen [den
Buddhisten] erwarten. Aber das ‚Versehen’ des Dalai Lama, die jüngsten Attacken
auf die religiösen Minderheiten Indiens zu verurteilen und sein Auftritt
mit den intolerantesten Hindu-Gruppierungen auf demselben Podium, ist
nichts weniger als Gewalt. Er verspielt so seine internationale
Glaubwürdigkeit gegen religiöse Bigotterie. Offensichtlich hat der Dalai
Lama auch vergessen, dass der Buddhismus, eine indische Religion, sich in
China und dem Fernen Osten durch Konvertierungen verbreitete.“ (28)
Im Westen hat der tibetische
Kirchenfürst viele Millionen Menschen mit buddhistischen und allgemeinen
Sinnsprüchen missioniert und in wenigen Jahren Tausende dazu gebracht, zum
Lamaismus zu konvertieren. Indem er mit dem double bind arbeitet und
sagt, bleibt bei eurer ursprünglichen Religion, erzielt der Dalai Lama
einen eklatanten Konvertierungseffekt. Aber wenn christliche Missionare
einen weit geringeren Missionserfolg in Asien aufweisen, ist er erbost. „Ihr Christen praktiziert die völlig überholte Methode
des Proselytenmachens.“ – sagte er in einem Interview dem französischen
Journalisten François Gautier – „In der Mongolei haben zum Beispiel
christliche Missionare Tausende der unseren zur Konversion gebracht;
desgleichen ermutigen die Chinesen eure Priester die Meinigen in Tibet zu
missionieren; in Ost-Indien benutzen die amerikanischen Missionare
ökonomische Argumente um die armen Stämme aus den Bergen zu bekehren, indem
sie diese von ihren Wurzeln, ihrer Kultur und ihren traditionellen
Lebensgewohnheiten abschneiden.“ (29)
Die enge Beziehung des Dalai
Lama zur Hindutva ist weiterhin ungebrochen. Im
Jahre 2014 nahm er an einer Veranstaltung der RSS teil, auf der die zwei
Gründer der Partei K. B. Hedgewar und sein
Nachfolger Guruji Golwakar
mit einer Zeremonie geehrt wurden. Beide bewunderten Mussolini und Hitler
und orientierten sich an faschistischen Organisationmodellen und Ideologien
und waren von Anfang an anti-muslimisch eingestellt. Der Dalai Lama sagte
auf dem Treffen: „RSS hat immer die tibetische Sache unterstützt und
deswegen habe ich immer eine große Liebe für sie.“ Dann fügte er hinzu:
„RSS denkt nicht nur für Indien, sondern die gesamte Welt.“ (29 a)
Der XIV.
Dalai Lama und die Hindu-Bombe
Die erste indische Atombombe
wurde am vermeintlichen Geburtstag des Buddhas gezündet (1974) und trug den
Namen „lächelnder Buddha“. Diese für eine Nuklearexplosion erstaunliche
Bezeichnung mag auch deswegen zustande gekommen sein, weil das Oberhaupt
des tibetischen Buddhismus, der XIV. Dalai Lama, mit dem Ereignis in einem
mittelbaren Zusammenhang stand. In einem geheimen „Deal“ zwischen dem
indischen Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru
und Washington wurde nämlich 1958 vereinbart, dass Indien dem
Religionsführer Asyl gewährt und dass es als Gegenleistung die Hilfe der
USA beim Aufbau eines Atomwaffenprogramms durch die Ausbildung von 400
indischen Wissenschaftlern erhält, die dann später die „Bombe“ gebaut
hätten. (30)
Erstaunlich war auch, dass
der tibetische Friedensnobelpreisträger im Jahre 1998, als die Inder erneut
ihre Nukleartests durchführten und die gesamte Welt, einschließlich der
USA, heftig dagegen protestierte, einen Kotau vor seinem Gastland machte
und erklärte: „Ich denke, das atomare Waffen gefährlich sind. Deswegen
sollte man jegliche Anstrengung unternehmen, Nuklearwaffen zu eliminieren.
Aber die Anmaßung des Konzepts, dass es für wenige Nationen okay ist,
Atomwaffen zu besitzen und für den Rest der Welt nicht .... das ist
undemokratisch. [...] Indien sollte nicht von den entwickelten Ländern
unter Druck gesetzt werden, seine Atomwaffen aufzugeben.“ (31)
Obgleich diese Äußerung zu einer
weltweiten Irritation führte, änderte der Dalai Lama in einem späteren
Interview (2001) seine Meinung nur insoweit, als dass er sich
unentschlossen gab. Auf die Frage des französischen Journalisten François
Gautier, ob der Einsatz von Atomwaffen legitim sei, wenn dies mit einer
guten Absicht geschehe, antwortete er: „Nun, das ist eine sehr komplizierte
Sache (Pause). Die Konsequenzen eines Atomkrieges sind schrecklich, dass es
schwer fällt, die Bombe zu rechtfertigen, selbst wenn sie mit einer guten Motivation
eingesetzt wird. [...] Doch ich verstehe die Bedenken der Inder: Da haben
Sie die fünf Großen, die von Indien verlangen, dass es keine nuklearen
Waffen besitzt, und die sich selber das Recht vorbehalten, welche zu haben.
(Pause) Das ist ungerecht und gefährlich. Die Inder stehen zwei atomaren
Bedrohungen, die aus dem Westen und Osten (Pakistan und China) kommen,
gegenüber. Also ich weiß nicht, was ich da sagen soll.“ (32)
© Victor und
Victoria Trimondi
Gesamtübersicht
Nächstes Kapitel (7)
Lamaistische Doomsday-Prophezeiungen
als Inspirationsquelle für Nazis und Terroristen
Vorangegangenes Kapitel (5)
Der Dalai Lama und die CIA
Siehe auch:
Ideologien der Religiösen Rechten in
Indien
Die englische
Version des Buches “Der Schatten des Dalai Lama“ finden Sie unter:
The
Shadow of the Dalai Lama – Sexuality, Magic and Politics in Tibetan
Buddhism
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Die Verlinkungen in den Fußnoten wurden
das letzte mal 2006 überprüft:
(8) An interview with
CHANDRA BHAN PRASAD – in: http://www.dalitstan.org/sol/cbn.htm
(29) Interview avec le Dalai Lama
http://www.francoisgautier.com/Written%20Material/DLAMA-INTER.rtf ;
siehe auch: „Evangelist
missionaries target poor rural youth“ – 29.08.03 – World Tibet Network – www.tibet.ca/en/wtnarchive/2003/8/29_6.html
(29 a) RSS has done good work towards
promoting the values of dedication: Dalai Lama – in: http://indianexpress.com/article/india/rss-has-done-good-work-towards-promoting-the-values-of-dedication-dalai-lama/
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