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Kriege, Endzeitschlachten und Weltuntergänge im Lamaismus

 

Lamaistische Doomsday-Prophezeiungen als

Inspirationsquelle für Nazis und Terroristen

 

Der Kalachakra-Text eignet sich auch dazu, von der extremen Rechten „antisemitisch“ interpretiert zu werden, da als Gegner des Buddhismus die Führer der drei monotheistischen Weltreligionen, die alle einen semitischen Ursprung haben, genannt werden: „Adam, Henoch, Abraham, Moses, Jesus, der im weißen Gewand [Mani], Mohammed und Mathani [der Mahdi]“. (Shri Kalachakra I 154). (1) Das Tantra bezeichnet sie als „die Familie der dämonischen Schlangen“, die mit „tamas“ ausgestattet sind, das heißt mit Eigenschaften der Finsternis, der Täuschung und der Unwissenheit. (2) 

 

Nach Aussage des indischen Gelehrten B. Bhattacharya soll das Tantra in den 40er Jahren, „von einer besonderen Sekte eingesetzt [worden sein], die die Einigung der Hindus und Buddhisten unter dem gemeinsamen nicht-sektiererischen Banner des Zeitgottes Kalachakra wünschten, um eine geeignete Front gegen die Beeinflussung durch semitische Völker zu bilden, die bereits in Zentralasien und in den Iran eingedrungen waren.“ (3) Diese antisemitische Interpretation wird von dem Religionsforscher Sandro Consolato erneut aufgegriffen. Der Italiener, der extrem rechten Kreisen nahe steht, lobt das Kalachakra-Tantra als das „lichte“ Gegenmodell zu den „dunklen Kräften“ der nicht-arischen Religionen: „Seltsamerweise“ – so Consolato – „werden im Kalachakra-Tantra die Lehrern der semitischen Propheten, die alle ganz klar mit Abraham, Moses, Jesus und Mohammed genannt sind - als Ausdruck der kosmisch dunklen Kräfte (tamas) aufgezeigt.“ (4)

 

In unserem Buch Hitler – Buddha – Krishna sind wir ausführlich auf das Interesse das SS-Ahnenerbe und neonazistischer Zirkeln am Kalachakra Tantra eingegangen. (Siehe hierzu: Einsatz der Tibetologen für den Nachweis einer verschollenen ur-arischen Hochkultur in Tibet) Nicht erwähnt wurde von uns ein Aufsatz des ehemaligen Leiters der spanischen Nationalsozialisten Ernesto Milà, der behauptet, die SS-Tibetexpedition habe ein ausführliches Dossier zum Kalachakra-Tantra aus dem Himalaja mitgebracht. Milà gibt keine Quellen dafür an und wir haben bei unseren ausführlichen Recherchen nichts Derartiges gefunden. Aber auf jeden Fall meldet Milà ein aktuelles neonazistisches Interesse an dem Ritual an und zwar mit der folgenden Begründung: „Welche Bedeutung hat das Ritual? Das Kalachakra Tantra und die damit verbundene Initiation ist nicht irgendein Ritual inmitten des blühenden Angebots im tibetischen Buddhismus. Es handelt sich dabei um die ‚höchste Initiation’, diejenige, die ‚Renaissance von Shambhala sicherstellt’ am Ende der letzten Schlacht gegen die Kräfte des Bösen. Ein ganz ähnliches Thema findet sich in der Geschichte von Ragnarök aus der germanischen Mythologie: Odin befindet sich an der Spitze seiner Truppen, die aus den Seelen der heroischsten Krieger, die auf dem Schlachtfeld gefallen sind, und marschiert mit ihnen in die letzte Schlacht. Das was wirklich am Fall des Kalachakra Tantra interessant ist, ist, dass es sich um die höchste Initiation des buddhistischen Tantrismus handelt, es kann jedem übertragen werden, selbst an einen, der vorher nicht in diese traditionelle Schule initiiert wurde: Es ist eine Initiation für Profane. Aber das ist nicht alles, es handelt sich um eine eigentliche Initiation der Kriegerkaste.“ (5)

 

Shoko Asahara: Das Phantasma eines buddhistischen Armageddon

Der mittlerweile zum Tode verurteilte japanische Sektenführer Shoko Asahara hatte Mitgliedern seiner Organisation (AUM-Shinrikyo = AUM-Höchste Wahrheit) Befehl gegeben, am 20. März 1995 in Tokios U-Bahnen einen koordinierten Giftgasanschlag durchzuführen, dem mehrere Tote und circa 5.500 Verletzte zum Opfer fielen. Die Jahre vorher verübte die Sekte mindestens 13 unterschiedliche chemische und biologische Attentate. In Russland zog sie Erkundigungen über die Möglichkeit ein, Kernwaffen zu produzieren oder zu kaufen. Es war eine Obsession Asaharas, alle nur denkbaren Arten von Superwaffen einzusetzen, um den Endzeitkrieg zu entfesseln.

 

Asaharas Apokalyptik ist eine synkretistische Mischung mit Anleihen aus verschiedenen Religionen, aus den Prophezeiungen des Nostradamus und aus der Science-Fiction Literatur. Er benutzte gern und häufig den biblischen Begriff „Armageddon“. Aus dem hinduistischen Kulturkreis übernahm er den Mythos von dem Zerstörergott Shiva. Im Frühjahr 1985 soll ihm dieser als „der Gott des Lichtes, der die Armeen der Götter befehligt“, erschienen sein und damit beauftragt haben, „eine ideale Gesellschaft aufzubauen mit Hilfe derjenigen, die übernatürliche Kräfte erlangt hätten, eine Gesellschaft, die das Königreich von Shambhala genannt wird.“ (6) Mit gewaltiger Stimme offenbarte ihm Shiva: „Du bist auserwählt, die Armee Gottes zu führen.“ (7) – „Asaharas Strand Epiphanie“ - kommentiert der amerikanische Schriftsteller D. W. Bracket diese Vision - „war der Auslöser für seinen Glauben, der Messias zu sein und im Armageddon oder im Endkrieg, in dem Japan zerstört werden sollte, die Führerrolle zu spielen“ (8) Der indische Gott sagte weiterhin: „Jetzt ist die Zeit gekommen, das Buch der Offenbarung zu entschlüsseln, seine Botschaft zu empfangen und das Erlösungswerk von AUM zu beginnen.“ Als der Guru in der Johannes Apokalypse die Stelle über das göttliche Wesen, das auf dem Throne sitzt und das dem ‚Menschensohne’ gleicht, las, stellte er mit Überraschung fest, „dass dieser ‚Menschensohn’ genau dem Gott Shiva gleicht, dem ich in der Astralwelt begegnet bin.“ (9)

 

Die Beschleunigung von Armageddon war der Motor, der alle AUM Anhänger zu extremen Leistungen antrieb. Waffenlager wurden angelegt, Milzbrandbakterien wurden gezüchtet, Saringas wurde hergestellt, die Laser-Technik wurde auf ihre Kriegstauglichkeit hin untersucht. Die Vorstellung, der Untergang der Welt ereigne sich in den nächsten Jahren, ergriff alle Sektenmitglieder wie eine Wahnidee. „Asahara hatte dieses tiefe Gefühl von einem Armageddon, und von allem, was geschah, behauptete er, er habe es vorher gesehen. […] Mein Gefühl, dass uns ein Armageddon bevorstehe, hielt sich hartnäckig weiter, selbst nachdem ich AUM verlassen hatte.“ – schrieb einer seiner ehemaligen Schüler. (10) Für Asahara war das Weltende unausweichlich und außerdem zu begrüßen, da es für ihn entsprechend der apokalyptischen Matrix die einzige Bedingung für eine radikale Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse darstellte. „Ich bin froh“ – sagte er – „dass der Dritte Weltkrieg kommen wird, denn so steht es in den buddhistischen Schriften und der Bibel.“ (11) In seiner ausführlichen Studie zum Endzeitwahn Asaharas kommt der amerikanische Sozialpsychologe Robert Jay Lifton zu dem Schluss: „Armageddon wurde nach und nach zum Fundament aller Bestrebungen von AUM – ob theokratischer, mystischer, politischer oder militärischer Natur.“ (12)

 

Trotz ihres Synkretismus ist die Religionskonstruktion des Doomsday-Gurus im Kern und auch dem Umfang nach von tibetisch-buddhistischen Bildern und Übungen bestimmt. „Im Grunde war AUM-Höchste Wahrheit eine populäre New-Age-Mischung aus östlicher Religion und Mystik. Ihre Rituale und Anschauungen entsprachen stark dem tibetischen Buddhismus, ihr physischer Rigorismus dem Yoga.“ – schreiben die Journalisten David E. Kaplan und Andrew Marshall (13) Asahara selbst bezeichnete sein Ritualwesen als „tibetischen Buddhismus“. (14) Er will seine tieferen Erkenntnisse auf einer Reise im Himalaja und von tibetischen Lamas erfahren haben. Erkenntnistheoretische Lehren des Buddhismus wie die Doktrin von der Nichtigkeit alles Seienden spielten eine ebenso große Rolle im Weltbild Asaharas wie Handlungsanweisungen aus dem Tibetischen Totenbuch. Der Guru ließ sich auch als eine Ausstrahlung des Buddhas feiern. Er war zeitweise fest davon überzeugt, dass sein Sohn eine Reinkarnation des Panchen Lama sei. Aus den Tantra-Texten des Lamaismus übernahm er zudem seine sexualmagischen Praktiken, die Verwendung von Körperausscheidungen (Urin, Sperma) und von seinem Blut als Pannacea, aber auch die Legitimation, aus „Mitgefühl zu töten“, die sogenannte Phowa-Praxis.

 

„Wenn euer Guru euch befiehlt, das Leben von jemandem zu nehmen, ist es ein Anzeichen dafür, dass die Zeit dieses Menschen bereits abgelaufen ist.“ – sagte Asahara zu seinen Anhängern – „Mit anderen Worten, ihr tötet diese Person genau zur rechten Zeit und ermöglicht das Phowa dieser Person. [...] Der Zweck rechtfertigt die Mittel. Beispielsweise gibt es einen Menschen, der dermaßen viel Laster hat, dass er bestimmt in die Hölle kommt, wenn er stirbt. Wenn eine erleuchtete Person entscheidet, dass es das Beste ist, seinem Leben ein Ende zu bereiten und ihn wirklich tötet, würde diese Tat allgemein von der Gesellschaft schlicht als Mord angesehen werden. Aber im Lichte unserer Lehre läuft das Töten darauf hinaus, diesem Menschen sein Phowa zu ermöglichen. Jede erleuchtete Person wird sofort sehen, dass sowohl der Mörder wie der Ermordete durch die Tat Gewinn haben.“ (15) Nach tibetischer Sicht versteht man unter der Phowa Praxis das bewusste Hinführen einer „unreinen“ Seele auf eine höhere spirituelle Ebene, damit diese von dem an ihr haftenden, schädlichen Karma in ihrem jetzigen Leben befreit werden kann. Diese spirituelle Intention kann auch die Tötung eines Menschen rechtfertigen.

 

Durch ein Schwurgebet mit dem Titel Das Vajrayana Gelübde wurde die Phowa-Praxis von Asahara mit dem Endzeit-Krieg in einen Zusammenhang gestellt. Der Refrain des Gebetes lautete: „Ich werde Vajrayana praktizieren, - ohne mir Gedanken zu machen – Jetzt, wie es in der Bibel steht, kommt endlich der Tag Armageddons. – Ich werde mich der Heiligen Armee anschließen, - um allen Missetätern phowa zu geben. – Ich werde ein, zwei, vielen bösen Menschen phowa geben. –  Phowa ist die Erlösung der Welt. – Phowa ist verdienstvoll. Das Praktizieren von phowa wird mich in die höchste Welt führen.“ (16) Asahara forderte diesen Aufruf zum Massenmord „ein Tausend, ein Millionen, ein Milliarden Mal“ wie ein Mantra aufzusagen. „Deshalb müssen wir so bald wie möglich alle töten, die der Höchsten Wahrheit [AUM = Höchste Wahrheit] ablehnend gegenüberstehen.“ – predigte er 1994 und ein Jahr später forderte er: „Wir müssen siebzig Tonnen Sarin versprühen.“ (17) Religiös legitimierte Normübertretungen waren in Asaharas Sekte an der Tagesordnung. Die AUM-Nonne Harada kolportierte die Botschaft ihres Gurus mit fast denselben Worten, die wir oben aus dem Kalachakra-Tantra zitiert haben: „Es ist in Ordnung, einige Menschen zu opfern, zu stehlen, zu töten, Ehebruch zu begehen oder zu lügen, weil das eine Abkürzung zur Erlösung sein kann.“ (18) 

 

Shoko Asahara vor einem tibetischen Thangka

 

Immer wieder kehrt Asahara in seinen Schriften und Predigten zu der im Kalachakra-Tantra aufgeschriebenen Shambhala-Prophezeiung zurück: „Es wird eine letzte Schlacht zwischen Rudra Chakrin, dem König von Shambhala, und einem Narren namens Vemacitta [im Original ist von Krinmati die Rede] geben. Der Krieg am Ende dieses Jahrhunderts ist das letzte Ereignis, das von vielen Propheten aus den vergangenen Jahrtausenden vorausgesehen wurde. Wenn es passiert, dann möchte ich mutig mitkämpfen.“ – erklärte Asahara am 4. Dezember 1994, vier  Monate vor den Tokioer Attentaten. (19) Zuvor hatte er noch einen  „Shambalisierungsplan für Japan“ vorgelegt. Dieser sei „der erste Schritt zur Shambhalisierung der Welt. Wenn Sie daran teilnehmen,“ - klärte er seine Leser auf - „werden Sie große Tugend erreichen und in eine höhere Dimension aufsteigen“. (20)

 

Ein Pamphlet der Sekte sprach sogar davon, Asahara stamme selber aus Shambhala und sei von dort aus in die Welt hinabgestiegen sei: „Dieses Königreich (Shambhala), das von dem Gott Shiva [Rudra Chakrin] regiert wird, ist eine Welt, die nur von denjenigen Seelen betreten werden darf, welche die vollständige Wahrheit des Universums erreicht haben. In Shambhala haben die asketischen Praktiken messianischer Personen große Fortschritte gemacht, um die Seelen in den gedatsu (in die Befreiung) zu führen. Meister Asahara wurde von dort [Shambhala] aus in der menschlichen Welt wiedergeboren, damit er die Mission eines Messias erfüllen kann.“ (21)

 

Auch die buddhistische Doktrin vom Weltenherrscher (Chakravartin) inspirierte ihn und die Besetzung des Weltenthrons war das Fernziel seines apokalyptischen Wahns: „Ich beabsichtige, ein spiritueller Diktator zu werden, ein Weltbeherrscher!“ - rief der Doomsday-Guru pathetisch aus. (22) Er nannte seinen buddhokratischen Entwurf den „Höchsten Staat“. Kaplan und Marschall kommentieren die Metapher mit folgenden Worten: „... diese Bezeichnung erlaubt keinerlei Zweifel, wer die Welt erben soll. Über dem Imperium, den ganzen Kosmos regierend, thront Shoko Asahara, der per Gesetz zum 'Kaiser der Heiligen Mönche' ernannt wurde.“ (23) In jener Zeit sahen ihn seine Anhänger als einen „Übermensch“, „größer als Gott, jenseits von Gott“, ein vollkommenes Wesen, das „die Geschichte lenkt“. (24)

 

Asahara gelang es, einen Stab fanatisierter Wissenschaftler um sich sammeln, die sich nicht nur Gedanken darüber machten, wie man sich Nuklearwaffen beschaffen könne, sondern wie man mit elektromagnetischen Experimenten Erdbeben erzeugen, Städte verschwinden und Flutwellen produzieren könne. Der Sozialpsychologe Robert Jay Lifton schreibt zu den apokalyptischen Obsessionen, die diese Menschen ergriffen hat: „Im Zentrum der Gewalt von AUM – und ihrer Gewaltphantasien von einem Weltuntergang – stand die Wechselwirkung zwischen einem größenwahnsinnigen Guru und extremsten Massenvernichtungswaffen. Solche Waffen waren höchst attraktiv, gerade weil sie ihm das Gefühl vermitteln konnten, die Welt zu vernichten.“ (25)

                                           

Die Sekte propagierte ebenfalls ein positives Hitlerbild und die bekannten antisemitischen Klischees. In dem von AUM  herausgegebenen „Handbuch der Furcht“ (manual of fear) wird die sooft beschworene Verschwörung von Juden und Freimaurern wiederholt. Als Quelle gelten die als Fälschung erwiesenen Protokolle der Weisen von Sion und ähnliche rassistische Traktate. AUM-Anhänger glaubten, Juden seien schuld an den Massakern in Kambodscha, Bosnien und Ruanda gewesen und stünden kur davor, die Macht in Japan zu übernehmen. Asahara rief nach den Waffen, um die „Juden“ zu bekämpfen. (26) 1999 werde das Verbot von Hitlers Mein Kampf in Deutschland wieder aufgehoben, prophezeite der Guru, dass sei ein Zeichen für den kommenden Weltuntergang. „Ich halte es nicht für abwegig zu behaupten,“ – fügte er hinzu – „dass die Nazis nach Armageddon wie ein Phönix aus der Asche wieder auferstehen werden.“ (27)

 

Auch für Asahara war der Mittlere Osten die Hauptbühne in seinen Weltvernichtungsphantasien. „Kurz wir steuern auf Armageddon zu.“ – stellt Asahara fest – „das wird besonders klar, wenn man die Situation im Mittleren Osten analysiert. [...] Und was wird nach dem Armageddon geschehen? Nach Armageddon werden alle Lebewesen in zwei Kategorien geteilt: diejenigen die ins Abhasvara (den Himmel aus Licht und Tönen) eingehen, und denjenigen, die in die Hölle geworfen werden. [...] Nuklear-Kriege, bakteriologische Waffen, chemische Waffen, mit welcher Art von Waffen wir auch immer angegriffen werden mögen, wir müssen uns selbst verteidigen und einen Platz für unsere spirituellen Praktiken finden.“ (28)

 

 

Der XIV. Dalai Lama und Shoko Asahara

 

Der Doomsday-Guru genoss vor seinen Terrorakten den Respekt bedeutender Lamas. Er traf  Kalu Rinpoche, den Kalachakra Meister des Kagyü-pa Ordens. Der tibetische Gelehrte Khamtul Rinpoche nannte ihn „einen erfahrenen und qualifizierten Meditations-, Tantra- und Jogalehrer“. (29) Internationales Aufsehen erregten seine fünf Begegnungen mit dem XIV. Dalai Lama. „Lieber Freund“ – soll der Kirchenfürst nach der Aussage Asaharas zu ihm gesagt haben – „betrachte den Buddhismus im modernen Japan. Er ist zu einem bloßen Zeremoniell verkommen, aus dem die essentielle Wahrheit seiner Lehre entwichen ist. Wenn dieser Zustand anhält, dann wird der Buddhismus aus Japan verschwinden. Es muss etwas geschehen. Verbreite den wahren Buddhismus in Deiner Heimat. Du bist für diese Aufgabe genau der Richtige, denn Du hast die Gesinnung eines Buddha. Wenn Du dies tust, werde ich sehr glücklich sein, denn Du wirst damit meiner Mission helfen.“ (30) Diesem Inhalt des Gesprächs wurde nach dem Attentat von offizieller Seite widersprochen. Wie auch immer - nach einem Bericht der deutschen Illustrierten Stern – nannte der Dalai Lama, nachdem die Verbrechen Asaharas schon bekannt waren, diesen einen „Freund, wenn auch nicht unbedingt einen vollkommenen.“ (31)

 

Die AUM-Sekte war ideologisch und praktisch eine schlüssige Ausdrucksform der apokalyptischen Matrix. Asahara erlebte die Welt als hoffnungslos beschmutzt und war von dem Wahn besessen, dass nur eine radikale Feuerreinigung den gegenwärtigen Zustand verändern könne. „Im Grunde war sogar die Wirklichkeit selbst unrein. Materie und Realität, ja die ganze menschliche Existenz, waren derart verworfen, dass Reinigung letztlich nur durch einen planetarischen Holocaust zu erreichen war.“ – schreibt Robert Lifton. (32)

 

© Victor und Victoria Trimondi


Gesamtübersicht

 

Vorangegangenes Kapitel:

Das Verhältnis des XIV. Dalai Lama zur Religiösen Rechten Indiens

 

Die englische Version des Buches “Der Schatten des Dalai Lama“ finden Sie unter:

The Shadow of the Dalai Lama – Sexuality, Magic and Politics in Tibetan Buddhism  
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Die Verlinkungen in den Fußnoten wurden das letzte mal 2006 überprüft:

 

(1) Newman ist der Meinung mit „der im weißen Gewand“ sei ein „Sufi“ gemeint oder vielleicht auch der Erzengel Gabriel. (John Ronald Newman - The outer wheel of time: Vajrayana buddhist cosmology in the Kalacakra Tantra - Madison 1987, 608/609)

(2) Ebenda: Shri Kalachakra I 154. Strittig ist die Frage ob mit „die Familie der dämonischen Schlangen“ nur der Islam gemeint ist, da alle genannte Religionshalter im Koran genannt werden, oder ob jede einzelne Religion (Judentum, Christentum, Islam, Manichäismus, Ismaeliten) gemeint sind. 

(3) Agehananda Bharati - Die Tantra-Tradition - Freiburg 1977, 23

(4) Sandro Consolato - Julius Evola e il Buddhismo - Bolzano 1995, 214

(5) Ernesto Milà  „Les envoyés de Hitler au Tibet“ in: http://www.voxnr.com/cc/d_allemagne/EpAFupppEATMdqcsdu.shtml Dieser Artikel ist ein Kapitel  in einem Buch von Ernesto Milà mit dem Titel „Ariosofia, Teosofia, Nazismo“, Eine etwas unterschiedliche Version findet sich in der französischen Ausgabe mit dem Titel „Nazisme et ésotérisme“, éditions Pardès, 1990

(6) D. W. Brackett - Holy Terror: Armageddon in Tokyo - New York, 1996, 66

(7) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf, München 1996, 25

(8) D. W. Brackett - Holy Terror: Armageddon in Tokyo - New York, 1996, 66

(9) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 55

(10) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 147

(11) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 216

(12) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 69

(13) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf, München 1996, 30

(14) Tibetan Review  Mai, 1995, 9. Siehe hierzu: Victor und Victoria Trimondi – Der Schatten des Dalai Lama – Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus – Düsseldorf  1999, 675 ff.

(15) Martin Repp - Aum Shinrikyo - Ein Kapitel krimineller Religionsgeschichte - Marburg 1997, 33

(16) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999,

(17) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 77

(18) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 90

(19) Das Dokument ist auf der Website von AUM abgedruckt: www.webaxs.net/~noelz/lostlink/esoteric.html

(20) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf, München 1996, 34

(21) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf, München 1996, 70

(22) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf u. a. 1996, 41

(23) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf u. a. 1996, 217

(24) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 104

(25) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 15

(26) David E. Kaplan und Andrew Marshall – The Cult at the End of the World – The Terrifying Story of the Aum Doomsday Cult, from the Subways of Tokyo to the Nuclear Arsenals of Russia – New York 1996, 218/219

(27) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 186

(28) Shoko Asahara – The Teachings of the Truth – (5 Bände) Fujinomiya 1991-1193, Band 2, 103

(29) www.aum-shinrikyo.org/deutsch/guru/sants01.html 

(30) David E. Kaplan u. Andrew Marshall – AUM – Eine Sekte greift nach der Welt – Düsseldorf u. a. 1996, 27/28

(31) Stern - 36/95, 126 

(32) Robert J. Lifton – Terror für die Unsterblichkeit – Erlösungssekten proben den Weltuntergang – München 1999, 223
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