Nazi-Tibet-Connection
© Victor und Victoria Trimondi
Was interessierte die
Nazis an Tibet und am tibetischen Buddhismus?
Kapitel 9
Peinliche Freundschaften des XIV. Dalai Lama zu
den SS-Männern
Nachdem die
Nazi-Vergangenheit Harrers 1997 publik geworden war, fand der XIV. Dalai
Lama für seinen ehemaligen Tutor und angesichts der von den Nazis
begangenen Verbrechen eigenartige Worte der Verteidigung: "Natürlich
wusste ich, dass Heinrich Harrer deutscher Abstammung war - und zwar zu
einer Zeit, als die Deutschen wegen des zweiten Weltkrieges weltweit als
Buhmänner dastanden. Aber wir Tibeter haben traditionsgemäß schon immer für
Underdogs Partei ergriffen und meinten deshalb auch, dass die Deutschen
gegen Ende der 40er Jahre von den Alliierten genügend bestraft und
gedemütigt worden waren. Wir fanden, man sollte sie in Ruhe lassen."
(1)
Des Weiteren benutzten der
XIV Dalai Lama und die tibetische Exilregierung - ohne die geringsten
Bedenken - die ehemaligen SS-Männer Beger und Harrer als historische
Zeugen, um ihre nationale Unabhängigkeit von China in den 30er und 40er
Jahren nachzuweisen. Noch im Jahr 2008 befindet sich im Internet ein
Dokument, in dem der Rassenspezialist des SS-Ahnenerbes Bruno Beger
bezeugt, Tibet sei damals ein souveräner Staat gewesen. Alle offiziellen
Repräsentanten des Landes, die er in Lhasa getroffen habe, seien von dieser
Tatsache ausgegangen. Als Beweis für die Souveränität Tibets verweist er
unter anderem auf die "moderne" tibetische Armee in Shigatse.
"Wahrscheinlich" – so Beger in seinem Statement –
"Verdankten wir unsere Einladung der Absicht der Tibeter einen ersten
Kontakt mit dem entstehenden 'Deutschen Reich' (German Reich) herzustellen, der dazu beitragen könnte, ihren
Unabhängigkeitsstatus zu unterstützen." (2)
Harrer hat den XIV. Dalai
Lama nach dem zweiten Weltkrieg unzählige Male getroffen. Dank des
Millionenerfolges seines Buches Sieben
Jahre in Tibet ist es sicher nicht übertrieben, den ehemaligen SS-Mann
als den weltweit erfolgreichsten Propagandisten des tibetischen
Kirchenfürsten zu bezeichnen. Mindestens fünfmal begegneten sich der Dalai
Lama und der wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilte ehemalige
SS-Rassenfanatiker Bruno Beger (1983, 1984, 1985, 1986, 1994). Diese
Treffen waren jedes Mal von großer Herzlichkeit. Auf einem offiziellen
Photo (http://www.tibet.com/Status/statement.html)
sieht man
den Kopf des Dalai Lama zwischen dem von Beger zur Rechten and Heinrich
Harrer zur Linken. Den ersten drei Treffen widmete Beger eine kleine
Broschüre mit dem Titel Meine
Begegnungen mit dem Ozean des Wissens, die 1986 erschien.
Diese Rendezvous des Dalai
Lama mit Alt-Nazis haben sogar für einige Tibetfreunde etwas Peinliches. So
berichtet ein Autor im Tibet Forum über die ehemaligen SS-Männern
etwas verunsichert: "Das waren in der Tat Nazis - der eine NSDAP
Mitglied, der andere SS-Unterführer - doch hatte ihre
Organisationszugehörigkeit nichts mit ihrem Aufenthalt in Tibet zu tun. Die
hatten dort keinen wie immer gearteten Auftrag. Auch waren sie keine
Fanatiker." (3) Das Tibet Forum lässt immerhin eine gewisse
Kritik am Dalai Lama durchblicken, als dessen Audienz für Bruno Begers zur
Sprache kommt: "Von einem rechten Umgang zeugt es freilich auch nicht
und erst recht nicht von einem guten Beraterstab." (4)

Der XIV. Dalai Lama und Bruno Beger
Titelbild von Bruno Begers Buch
„Meine Begegnungen mit dem Ozean des Wissens“
Von pro-lamaistischer und
exiltibetischer Seite wird die SS-Schäferexpedition durchgängig als ein
rein naturwissenschaftliches Unternehmen bezeichnet. Die von dem Schweizer
Ethnologen Martin Brauen in seinem Buch Traumwelt Tibet – Westliche
Trugbilder dargestellten Ereignisse sind typisch hierfür. Schäfer – so
der Ethnologe und praktizierende Buddhist -
habe nicht die geringsten Interessen an ideologischen Fragen gehabt und das SS-Ahnenerbe habe
sich sogar von der Schäferexpedition distanziert: "Dies führte dazu,
dass weitgehend Schäfer selbst die Forschungsgebiete definierte, so dass
sich das Ahnenerbe gezwungen sah, sich vom Unternehmen zu distanzieren, da
unter den gegebenen Umständen nicht damit gerechnet werden konnte, dass
'den kulturwissenschaftlichen Absichten des Reichsführers SS' gedient
wurde." – lesen wir bei Brauen. (5) Der Autor bezieht sich hier auf
einen internen Brief, den Wolfram Sievers an den SS-Brigadeführer Karl Wolff,
der für Finanzfragen der gesamten Schutz-Staffel zuständig war, geschrieben
hatte, der jedoch keinerlei Konsequenzen hatte. Im Gegenteil – die
Teilnehmer der "Tibet Expedition Ernst Schäfer. Unter Schirmherrschaft
des Reichsführers-SS Himmler und in Verbindung mit dem Ahnenerbe e. V.
Berlin" (offizieller Titel) wurden mit großem Pomp von ihrem
Schirmherrn verabschiedet und bei ihrer Rückkehr wurden die "Wikinger
der Wissenschaft" noch pompöser von ihm empfangen.
Ebenso wird Himmler von
Martin Brauen als ein harmloser Laien-Meteorologe, -Zoologe und -Botaniker
vorgestellt, den kaum okkulte Motive bewegt hätten: "Himmler erhoffte
sich von den unter anderem auch in Tibet durchzuführenden Versuchen einen
wesentlichen Beitrag zur sicheren Wettervorhersage, um im Kriegsfalle
unabhängig von ausländischen Wetterdiensten zu sein. Er war somit vor allem
an wehrwissenschaftlichen Daten interessiert, was sich zum Beispiel darin
zeigt, dass Himmler Schäfer den Spezialauftrag gab, ein Super-Steppenpferd
für Kriegszwecke zu züchten. Auch wies er das Ahnenerbe an, die während der
Tibetexpedition gesammelten Kulturpflanzen zu bearbeiten, unter anderem um
unempfindliche Getreidesorten zu züchten, damit Deutschland wirtschaftlich
autark werde. Diese Art von Forschung entsprach den Interessen von Schäfer,
der sich als angewandter Wissenschaftler sah und sich nie für irgendwelche
okkulte Theorien über Tibet erwärmte." (6) Heinrich Himmlers
esoterische Interessen an Tibet seien gering, ja "wahrscheinlich nicht
existent" gewesen. (7)
Eine solch unkorrekte und
einseitige "Aufarbeitung" der Nazi-Tibet-Connection soll verhindern, dass es zu einer
öffentlichen Debatte über die Frage kommt, weshalb denn gerade Männer aus
Hitlers Schutz Staffel (SS) die tibetische Kultur so faszinierend fanden.
Eine solche Debatte hat nicht nur historischen Wert, sie ist brennend
aktuell, da sich im okkulten Neofaschismus die Nazi-Tibet-Connection
mittlerweile zu einem suggestiven Weltbild verdichtet hat. Im Lehrgebäude
des Chilenen Miguel Serrano, Begründer des "Esoterischen
Hitlerismus", ist die Verfilzung zwischen religiösem SS-Rassismus und
Elementen des tibetischen Buddhismus so undurchdringlich geworden, dass sie
nicht mehr auseinanderdividiert werden kann.
Zum Abschluss noch ein
makabrer Witz: Der XIV. Dalai Lama bekannt und oft gepriesen für seinen
unerschöpflichen „Humor“ leistete sich Anfang 2007 ein „humoristische“
Bravourstück sondergleichen. In einem Interview zum Irakkrieg und zum
Terrorismus fragte ihn sein Gesprächspartner nach dem autoritativen
buddhistischen System in Burma. Überraschenderweise gab der tibetische
Religionsführer entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten zu, dass selbst
Buddhisten mitunter vor Gewalttaten nicht zurückschrecken. „In den 30er
Jahren wurde ein mongolischer Führer zu einem sehr, sehr brutalen Diktator.
Vorher war er ein Mönch, sagte man mir, und dann wurde er ein Revolutionär.
Unter dem Einfluss seiner neuen Ideologie, tötete er sogar seinen Lehrer.“
- antwortete der Dalai Lama und fügte hinzu, dass eine buddhistische
Familienerziehung bei den Kindern keineswegs vor dem Ausbruch von
Gewaltexzessen schützen muss: „Pol Pot’s familiärer Hintergrund war
buddhistisch. Ich weiß nicht genau, ob er selber in jungen Jahren ein
Buddhist war. Selbst der familiäre Hintergrund des Vorsitzenden Mao war
buddhistisch.“ Die beiden unbarmherzigsten Politiker Asiens im 20.
Jahrhunderts haben also eine buddhistische Erziehung genossen. Angesichts
solch selten kritischer Bekenntnisse zur eigenen Religionsgeschichte sollte
man eigentlich dem Dalai Lama dankbar sein, wäre da nicht der anschließende
Satz, der einen zum Erstaunen bringt: „So - eines Tages“ – meinte der
tibetische Religionsführer von sich selbst – „wenn der Dalai Lama zum
Massenmörder wird, wird er der mörderischste aller Massenmörder sein.“ (er lacht) [So one day, if the Dalai Lama becomes a mass murderer, he will
become the most deadly of mass murderers. (Laughs)] . (Siehe
Interview unter: http://progressive.org/mag_intv0106
) Eingedenk seiner freundlichen Beziehungen zu ehemaligen SS-Angehörigen
mag das makaber klingen.
Siehe weiter:
Trübes im Ozean des Wissens - Ein Buch über den Forscher
Heinrich Harrer ist auch eine Auseinandersetzung mit Österreichs
Vergangenheitsbewältigung und dem Weltbild des Dalai Lama
(1) Playboy (deutsche Ausgabe) 3/1998, 40
(2) Dr Bruno Beger's memoirs of Tibet - (The Status of Tibet in 1938-39 - Dr. Bruno Beger – www.tibet.ca/en/newsroom/wtn/archive/old?y=1994&m=11&p=24-2_1)
(3) Tibet Forum 2/2000, 6
(5) Brauen, Martin -Traumbild
Tibet - westliche Trugbilder - Bern 2000, 79
(7) Ebenda: 65. Den
Brief des tibetischen Regenten Reting Rinpoche an den "trefflichen Herrn Hitler (König)
der Deutschen, der erlangt hat die Macht über die weite Erde!" nennt
Brauen ein schlichtes "Höflichkeitsschreiben" (80)
Index: Die Nazi-Tibet-Connection
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