BUDDHISMUSDEBATTE
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Segmenten Hitler-Buddha-Krishna und Kritisches Forum Kalachakra.
Siehe ebenfalls: Presseberichte und Interviews.
Der Shambhala Mythos
Die früheren Artikel auf dieser Seite zum Shambhala Mythos wurden auf die Webseite über das Kalachakra-Tantra übertragen.
Rezension:
Die Cops von Shambhala
James Redfield - Das Geheimnis von Shambhala
- München, 2000
Sozialutopien sollten Wegweiser sein für gesellschaftliche
Entwicklungen. Sie sind wichtig, um zu zeigen, wo es hingeht. In den
letzten Jahren sind sie etwas aus der Mode gekommen und durch
Science-Fiction Visionen ersetzt worden. Auch das Buch von dem Bestseller
Autor James Redfield Das Geheimnis von Shambhala
evoziert eine soziale Utopie, das mittlerweile hinreichend bekannte
Königreich Shambhala. Der Autor bezieht sich
demnach auf einen Mythos, der in Tibet seine Verbreitung hatte und der richtungsweisend
ist für das Ritualwesen des Dalai Lama. Mit Shambhala
assoziiert man hier im Westen Friede, Weisheit, übernatürliche Kräfte,
Edelmut, Liebe, Mitgefühl, alle menschlichen Tugenden finden in dieser
"außergewöhnlich, hoch entwickelten Gesellschaft" ihren sozialen
Ausdruck. Das innere und äußere Shambhala sind
jedoch nicht voneinander zu trennen. Nur einer der die geistige innere
Reife hat, kann das äußere Shambhala finden. Der
Autor diskutiert einen bewussten Umgang mit Energie- oder Gebetsfeldern,
ein Thema, das schon aus seinen anderen Büchern ("Die Prophezeiungen
von Celestine") bekannt ist. Die Grundfrage dabei ist, wie kann ich
durch meine eigene Psyche meine Umwelt beeinflussen. Das ist wohl - bei
einigem Wohlwollen - das einzig Originelle in diesem ansonsten langweiligen
Text.
Der Roman, der die Geschichte eines modernen Suchers als
dessen Initiationsweg erzählt, wiederholt alle bekannten Shambhala Klischees. Ganz im Sinne einer
pro-lamaistischen New Age Tradition verschweigt und beschönigt er das Shambhala Bild der tibetischen Mythologie. Danach aber
ist Shambhala ein von einer patriarchalen
Mönchselite beherrschtes Gemeinwesen, eine sich in ständiger Aufrüstung
befindliche Kriegsgesellschaft, die ein höchst intolerantes Politik- und
Religionsverständnis hat - all diese problematischen Aspekte des
traditionellen "schwarzen" Shambhala
kommen nicht oder nur ganz am Rande zur Sprache - beziehungsweise sie
werden auf die Chinesen projiziert.
Und hier beginnt das eigentliche Problemfeld des Romans, der
auf den beiden Gleichungen beruht: Tibeter = gut, Chinesen = böse. Shambhala, wo sich Vertreter aller Religionen
aufhalten, wie in der Ökumene, wird dennoch hauptsächlich von Tibetern
regiert. Die Chinesen dagegen spielen die bösen Mächte, die nicht nur die
Tibeter ausrotten wollen (Völkermord), sondern auch den allerheiligsten
Ort der Menschheit, das Königreich Shambhala. Da
sie nicht eingeweiht sind, können sie es nicht sehen, aber spüren können
sie es in ihrem grenzenlosen Hass. Dagegen wird die tibetische Kultur, im
Widerspruch zu aller historischen Wahrheit, als Hort der höchsten Weisheit
gefeiert: "Die tibetische Kultur widmet sich völlig dem spirituellen
Leben. Wir sind sicher das religiöseste Volk der Welt. [!] Und ausgerechnet
wir werden von der atheistischsten aller Regierungen attackiert - der
chinesischen. Ein Gegensatz wie er größer nicht sein könnte." (120)
Das wirklich gefährliche als diesem Szenarium ist, dass der
Tibet-China-Konflikt eine kosmogonische Deutung erfährt, als der Kampf
zwischen den Mächten des Guten und den Mächten des Bösen. Die Chinesen
werden unter den Begriff "böse Energie" und die Tibeter unter den
Begriff "gute Energie" subsumiert. Die Shambhala
Sucher versuchen zwar immer wieder die Chinesen durch ihre "positive Energien"
zu pazifizieren. Aber der Erfolge sind gering und
reichen oft nur zur Rettung des eigenen Lebens. Irgendwann ist dann denn
auch Schluß mit dem Pazifismus: "Eines Tages
werden die Krieger von Shambhala in die Schlacht
reiten und diese Ungeheuer [die Chinesen] besiegen.[
....] So lautet die Prophezeiung meines Volkes." (47) Das Buch schürt
den Tibet-China-Konflikt auf verhängnisvolle und verantwortungsvolle Weise,
indem er ihm eine metaphysische Dimension zugesteht.
Der traditionelle Shambhala Mythos
ist ein Bestandteil des Kalachakra Rituals,
welches der Dalai Lama schon oft durchgeführt hat und das im Herbst 2000 in
Graz stattfindet. Es wird als ein Ritual des Friedens und Toleranz
präsentiert, ist aber - wie wir in unserem Buch Der Schatten des Dalai
Lama nachgewiesen haben - im Kern kriegerisch und intolerant.
Interessant im Roman ist die Aussage des Tibeters Jampa,
als er über seine Traditionslinie, die Kalachakra
Linie, spricht: "Auch bewahren wir das Wissen um die Legenden, deren
mündlich überlieferte Weisheit so alt ist wie das Kalachakra.
Diese Weisheit hat die Integration aller religiösen Wahrheiten zum
Ziel." (44) Damit ist in der Tat ein Absicht des Kalachakra
Tantra, nämlich alle Religionsströmungen in sich zu integrieren,
angesprochen. Einige Seiten weiter heißt es denn auch: "Wir glauben,
dass die Menschen von Shambhala ebenfalls für
eine Integration aller religiösen Wahrheiten arbeiten. Sie tun das im
selben Geist wie der Dalai Lama, der die Kalachakra
Initiationen allen aufrichtig interessierten Menschen zugänglich
macht." (57/58) Das Kalachakra Tantra wird
zur summa theologia aller anderen
Religionen.
Der dramatische Höhepunkt des Romans erzählt, wie die Gruppe
der Shambhala Sucher in höchster Not von einem
übernatürlichen Lichtwesen gerettet wird, das die Uniform eines Deputy Sheriffs trägt. Die Szene ist so hinreißend,
dass wir sie kurz zitieren wollen: "Während ich noch starrte" -
berichtet der Erzähler - "konnte ich plötzlich das Licht erkennen, das
sich näherte. Dann erkannte ich, dass dieses Licht eine Gestalt umgab, die
auf die beiden Männer zuging. Die Lichtgestalt trug die Uniform eines Deputy Sheriffs. 'Wer ist das?' - fragte ich Bill - 'Er
kommt mir bekannt vor!' - 'Warte ab' - erwiderte Will - 'Das ist kein
Mensch.' " Die Cops von Shambhala
sind - so erfahren wir - gefährlich: "Man kann mit jahrelanger
Stummheit oder Blindheit bestraft werden, schon allein, wenn man nur die
Namen dieser Wesen leichtfertig ausspricht! Sie sind die Wächter von Shambhala." (39) So etwas würden sich die Deputy Sheriffs von Texas sicher auch wünschen.
Unter dem Strich: Literarisch langweilig - politisch
verantwortungslos - ästhetisch kitschig - spirituell: naiv.
© Victor und Victoria Trimondi
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