BUDDHISMUSDEBATTE
Kritischer
Kommentar eines Ex-Buddhisten zum Podiumsgespräch "Wie Zen das
Christentum verändert", AudiMax TU München
am 22.01.2003
Die mit ca. 8-900 Zuhörern gut
besuchte Veranstaltung wurde von der Evangelischen. Stadtakademie München
in Zusammenarbeit mit der Katholischen Hochschulgemeinde an der TU München
ausgerichtet und von Frau Jutta Höcht-Stöhr (Evang. Stadtakad.) und Herrn
Michael Seitlinger (KHG) moderiert.
Die Gäste des Abends waren Prof. Dr.
Michael v. Brück vom Institut für Religionswissenschaft an der LMU München
und Pater Willigis Jäger, in der Ankündigung
vorgestellt als Zen-Meister und Kontemplationslehrer.
In der ca. 2 1/2 stündigen
Veranstaltung, in der sich die beiden Referenten, unterstützt durch die
Moderatoren, geschickt die (thematischen) Bälle gegenseitig zuspielten, ließen
sich bei genauer Betrachtung drei Hauptgedanken bzw. -anliegen erkennen:
Die Darstellung des persönlichen Konfliktes des mit einem Vortragsverbotes
belegten Herrn Jäger mit seiner Kirche als ein Konflikt mit einer, so
wörtlich, "verzerrten popularkirchlichen
Position"; die Entwicklung einer "alternativen"
Gottesvorstellung, die sowohl christliche als auch buddhistische (Zen-)
Elemente enthalten sollte und schließlich die Frage, ob die Zen-Erfahrung
abtrennbar sei vom kulturellen Hintergrund buddhistischer Gesellschaften,
also quasi "areligiös" oder "überkonfessionell"
betrieben werden könne. Letztere Frage wurde von beiden Referenten einmütig
verneint wobei besonders v. Brück darum bemüht war, die Verschmelzung von
westlichem und östlichen Gedankengut als eine positive Form der
Völkerverständigung darzustellen.
Zur Untermauerung der beiden
erstgenannten Positionen entfalteten die Referenten ihr mystisches
Gottesbild ("kosmischer Geistesstrom" statt persönlichem Gott;
Mensch = "Note im kosmischen Klang") anhand von Zitaten aus dem
Johannes Evangelium, dem Sufismus, Hinduismus und anderen Religionen vor
den Zuhörern und stellten so den Bezug zum Buddhismus her, in dem es
bekanntlich weder einen Gott noch eine inhärente Persönlichkeit des
Menschen gibt. Diese Darstellung gipfelte schließlich in den Aussagen,
jedes personale Gottesbild, also auch das christliche, sei
"Götzendienst" (v.Brück),die
Auferstehung Christi sei als "Befreiung vom Ich" zu
interpretieren (ebenfalls v.Brück), Osama Bin
Laden sei sinngemäß so etwas wie eine Manifestation der negativen Energien
der Menschheit (Jäger) und die Hölle existiere nicht, da die
Nachtodeserfahrung transpersonal sei (Jäger).
Als ehemaliger praktizierender
Buddhist (tantrische Einweihungen, Vipassana-Meditation,
Kurse, Studium der tibetischen Sprache und buddhistischer Originaltexte,
organisatorische Mitwirkung in diversen Zentren u.a. in Dharamsala,
Nordindien) möchte ich hierzu einige Anmerkungen machen, da die Intentionen
buddhistischer Spiritualität im Westen oft falsch eingeschätzt und ihre
psychologische Wirkung auf die einzelne Person unterschätzt wird.
Die Grundpfeiler der buddhistischen
Lehre sind der Glaube an das Karma (unpersönliches, kosmisches Gesetz der
Gerechtigkeit);der Lehrsatz: "Alles Leben ist Leiden"; die
Verneinung jeder aus sich selbst heraus bestehenden oder erschaffenen
Existenz, einschließlich der menschlichen Persönlichkeit; daraus abgeleitet
das Ziel des Nirvana bzw. der
"Leerheit", welche gleichbedeutend ist mit der Vernichtung aller
selbstbezogenen Gemütsregungen und - im Mahayana Buddhismus (Lamaismus) -
die völlige Selbstaufgabe und Hingabe an den Willen Anderer ("Buddhaschaft").
Der
Buddhismus steht damit, obwohl die verwendete Terminologie manchmal
vertraut klingen mag, gleich in mehrfacher Hinsicht in krassem Gegensatz
sowohl zu christlichen als auch humanistischen Leitsätzen und Werten
unserer westlichen Zivilisation:
Die buddhistische Hingabe an den
Willen Anderer ist nicht zu verwechseln mit der christlichen Hingabe an
Gott, noch mit dem "heroischen", "selbstlosen" Einsatz
eines Feuerwehrmannes oder Arztes, gemeint ist einfach Fremdbestimmung ohne
den "störenden" Selbsterhaltungstrieb des Einzelnen.
Das Ideal der Selbstaufgabe
widerstrebt dem westlichen Glücksverständnis, das auf Aufbau von
Sicherheiten, materiellem Lebensstandard, individueller
Selbstverwirklichung, sozialem Aufstieg etc. basiert.
Die Institution des persönlichen
Lehrers im Buddhismus widerspricht dem Recht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit - der Schüler soll zu einer Kopie des Lehrers gemacht
werden. Dieser Punkt wird von den Buddhisten selbst oft verleugnet, doch
das Wesen des Lehrer-Schüler-Verhältnisses besteht gerade darin, dass
ersterer versucht dem letzteren eine Persönlichkeitsentwicklung aufzuzwingen,
die sich alleine am Dogma und nicht an individuellen Interessen und
Einstellungen orientiert. Die persönliche Meinung, das persönliche
Rechtsempfinden hat keinen Stellenwert, es findet keine Diskussion über
Werte statt. Es wird einfach stillschweigend vorausgesetzt, dass das
Entwicklungsziel für jede Person dasselbe sei und dass der Schüler selber
nicht die Fähigkeit und "Weisheit" hat zu entscheiden was gut und
richtig ist. Es handelt sich also, nüchtern betrachtet, um eine
unrechtmäßige Entmündigung erwachsener Personen. Dies straft jede
Behauptung, die Annahme buddhistischer Lehrsätze oder Gelübde geschehe
freiwillig, Lüge.
Der Buddhismus ist keine tolerante
oder liberale Religion. Es gibt eine strenge hierarchische Gliederung der
Gemeinschaft, auch im Laienbuddhismus, und subtile Zwangsmittel
hauptsächlich psychologischer Natur, um potentielle Abweichler auf Kurs zu
halten.
Der Glaube an das karmische Gesetz
unterminiert die Grundlage für das Verständnis der Menschenrechte, da jeder
an seinem Unglück selber schuld ist (der Täter ist nur der
"Vollstrecker" dieses Gesetzes).
Ein hoher Praktizierender (Guru, Lama,
Arhant, Bodhisattva)
kann sich über das Karma erheben und agiert dann laut der Doktrin
"jenseits von Gut und Böse", selbst Verbrechen wie Mord und
Todschlag solcher Personen gelten dann offiziell als Ausdruck des
"Mitgefühls".
Entsprechend dieser Logik könnte es
ebenfalls als Mitgefühl gelten, wenn ein buddhistischer Lehrer seinen
Schülern die Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben entzieht (Bildung,
unabhängiges Einkommen etc.),da diese Dinge als Ego-behaftet und damit als
"leidvoll" oder "leidverursachend" eingestuft werden.
Selbstschutz wird im buddhistischen Verständnis zu Leid, Ausbeutung zu
Hilfe.
Die Negation der inhärenten Existenz
betrifft unmittelbar das christliche Gottesbild. Selbst die von W. Jäger
und Prof. v. Brück ausgearbeitete These einer "transpersonalen"
Gotteswirklichkeit erscheint in Hinsicht auf die Radikalität der zu
erwartenden Auswirkungen eines konsequent verwirklichten Buddhismus auf das
Gottesbild noch naiv, denn auch diese Annahme setzt eine inhärente Existenz
eben dieses "göttlichen Kraftstromes" voraus. Die Herren Jäger
und v. Brück werden sich eines Tages noch sehr wundern, wenn sie diesen verneinenden
Gedanken weiter folgen und sich auch diese Vorstellung sowie die damit
verbundenen "erhebenden" Erfahrungen für sie im Nichts auflösen
werden. Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Das buddhistische Nirvana ist der Tod Gottes im Menschen, sowie der Tod
jeglicher menschlicher Gefühlsregung (einschließlich des Gefühls dass dies
falsch oder gefährlich ist) und somit jeder Hoffnung auf Rückgängigmachung
dieses Vorgangs.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich
auch die manchmal erstaunliche Anpassungsfähigkeit des Buddhismus an andere
Kulturen und praktisch jede Art von politischem System. Wo es keine
inhärente Existenz gibt, da ist alles möglich. Der Buddhismus verleugnet
sein eigenes Wesen um so neue Anhänger zu
gewinnen, da er sich scheinbar so gut mit dem Althergebrachten und den
eigenen Anschauungen verbinden lässt. Im Endeffekt läuft dieser Vorgang
jedoch darauf hinaus, dass die alten Anschauungen in der konvertierten
Person nach und nach ausgelöscht werden.
Die erwähnte Vernichtung der
Persönlichkeit (euphemistisch als Umkehrung des Karmastromes
beschrieben) ist natürlich kaum jemals total, daher ist sie in realen
buddhistischen Gesellschaften nur ansatzweise zu beobachten
(Samurai-Kodex), doch je intensiver man sich mit dem Buddhismus
beschäftigt, desto deutlicher spürbar wird diese Tendenz.
Die wohl extremsten Auswüchse dieser
Denkart erkennt man im tibetischen Buddhismus sobald einem klar wird, dass
es sich bei den dort durchgeführten tantrischen Ritualen um mehr handelt
als nur um die folkloristischen Überreste der viel älteren animistischen Bön-Religion.
Die Praktiken wie auch die Philosophie
des tantrischen Buddhismus weisen deutliche Parallelen zu westlichen
okkultistischen Lehren auf, wie z.B. (sexual-)magische Rituale, bei denen
das Opfer energetisch leergesaugt wird, Umleitung dieser Energien zu
bestimmten Zwecken in "feinstoffliche Kanäle" etc.. Diese so
"gewonnenen" Energien sollen offenbar als Ersatz für den im
Prozess der Entselbstung verlorengegangenen
eigenen Lebensenergien und -antriebe dienen und damit die Existenz eines
Schöpfergottes oder auch nur einer durchdringenden Lebensenergie
überflüssig machen (Anmerkung: Diese Dinge werden im Westen leider oft
belächelt, doch hat es sich verschiedentlich gezeigt dass diese Praktiken
reale Auswirkungen auf die Psyche und Lebenskraft der aktiv und passiv
daran beteiligten Personen haben und zwar auch dann, wenn das Opfer nicht physisch anwesend ist bei dem
Ritual und gar nichts davon weiß; die vorausgehenden mentalen Übungen
der Opferbereitschaft haben den Zweck, die Selbstbehauptungskraft des
potentiellen Opfers zu schwächen und den Aggressor vor dem Zorn des Opfers
zu schützen). Man mag an die Wirksamkeit dieser Dinge glauben oder nicht -
mir sind sie Ausdruck des latent im gesamten Buddhismus vorhandenen Hanges
zur Ausbeutung Untergebener und einer tendenziell parasitären geistigen
Einstellung, was für mich Grund genug war dem Buddhismus den Rücken zu
kehren.
In einem Satz: Der Buddhismus, so wie
ich ihn erlebt habe, ist durch und durch unmenschlich, sowohl in der Wahl
seiner Mittel als auch in seinen Zielsetzungen. Der Mensch ist nun einmal
nicht zum Heiligen geboren und so muss jeder künstliche Versuch, ihn
dennoch auf eine solche Bahn zu zwingen, notwendigerweise zu neuem Leid und
Unrecht führen - vielleicht dem größten Unrecht überhaupt.
XXXXX
Wie Zen den Faschismus veränderte
Am 22. 01. 03 fand im Audimax der Technischen Hochschule München eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „Wie
Zen das Christentum verändert“ statt. Die beiden Referenten waren Prof. Dr. Michael von Brück, Institut für
Religionswissenschaft, LMU München und Pater Willigis Jäger, OSB,
Zen-Meister und Kontemplationslehrer. Veranstaltet wurde der Auftritt von
der Evangelischen Stadtakademie
München. Bei dieser gut besuchten Veranstaltung war, wie schon so oft
bei früheren Auftritten von Michael von Brück, viel von der Begegnung und
dem gemeinsamen Kern der Religionen die Rede, von den angeblichen
Parallelen zwischen christlicher und zen-buddhistischer
Meditation. Dagegen stellten die Referenten die Intoleranz der Katholischen
(Amts-) Kirche, die den Benediktiner-Pater und Zen-Meister Willigis Jäger im Jahre 2001 aus theologischen Gründen
mit einem Auftritts- und Publikationsverbot belegt hatte.
Nicht nur Theologen, sondern auch
Humanisten und Demokraten haben zahlreiche Gründe, sich kritisch mit der
Zen-Religion und ihrer Geschichte auseinander zu setzen. Kaum bekannt ist
die enge Verflechtung des Zen und vieler Zen-Patriarchen aus dem vorigen
Jahrhundert mit dem Shinto-Faschismus.
Zen-Praktiken und Zen-Anschauungen bildeten die spirituelle Grundlage für
eine der konsequentesten und grausamsten „Krieger-Religionen“ der Welt, den
Samurai-Kult, der unter dem japanischen Militarismus eine spektakuläre
Renaissance erlebte. Noch weniger weiß man, dass dieser vom Zen geprägte
Krieger-Kult in Hitlers SS und in Himmlers SS-Ahnenerbe als ideologisches
Vorbild diskutiert wurde.
Weshalb die enge
„Zen-Faschismus-Connection“ von katholischer Seite in der „Willigis Jäger Kontroverse“ nicht aufgegriffen wird,
dürfte unter anderem seine Gründe in der eigenen Vergangenheitsbewältigung
mit dem Nationalsozialismus haben. Dennoch bestehen im Verhältnis der
Katholischen und Evangelischen Kirche und der verschiedenen Zen-Sekten zum
faschistischen Staat wesentliche Unterschiede. Die antikirchliche
Orientierung des Nationalsozialismus lief letztlich auf eine Vernichtung
bzw. „Arisierung“ des Christentums hinaus und es gab neben der
Kollaboration einen bedeutenden christlichen Widerstand gegen das Nazi-Regime.
Der Zen-Buddhismus ist dagegen, nachdem er die Göttlichkeit des Tennos
anerkannt hatte, zu einer tragenden religiösen Säule des Shinto-Faschismus geworden. Alle 13 Schulrichtungen des
Zen (darunter die Soto-Schule, die Rinzai-Schule,
die Shin-Schule und die Nichiren Schule) haben
sich dem faschistischen System Japans nicht nur bedingungslos
untergeordnet, sondern haben aktiv und effektiv zur Entwicklung des
grausamen, todes- und lebensverachtenden
japanischen Krieger-Codex beigetragen. Hinter den Kamikaze-Flügen
16jähriger Jugendlicher steht die Zen-Philosophie des Bushido.
Dennoch besitzt der Zen-Buddhismus die
Fähigkeit, sich allen politischen
und religiösen Systemen anzupassen. „Er kann sich“ – so der im Westen
bekannteste Zen-Philosoph Daisetz Teitaro Suzuki – „mit anarchistischen oder
faschistischen, kommunistischen oder demokratischen Idealen, mit Atheismus
oder Idealismus, mit jedem politischen oder wirtschaftlichen Dogma
befreunden.“ – also auch mit dem Christentum oder mit dem Kapitalismus.
Diese Flexibilität komme daher, so westliche Vertreter der östlichen Philosophie, dass es sich im
Falle des Zens um eine „gegenstandslose Meditation“ handele. Suzuki dagegen
ist deutlicher, wenn er offen erklärt, die Kräfte des Zens könnten manchmal
„teuflisch“ sein und diese Religion stehe jenseits „moralischer“
Überlegungen.
Es ist nicht zuletzt dieser
A-Moralismus, der den Zen-Buddhismus für faschistische Ideologen in Japan,
Deutschland und Italien besonders attraktiv gemacht hat. Suzuki selber entwickelte
während des Krieges zusammen mit den faschistischen Militärs Japans eine
Zen-Pädagogik, die den Soldaten das emotionslose Sterben und Töten
beibrachte: „Das Soldatische, verbunden mit Mystik und dem Erhabensein über weltliche Belange, ist etwas, das
Menschen von starker Willenskraft liegt. Hier entspricht der Zen dem Geist
des Bushido - dem Weg des Kriegers.“ (Suzuki).
Die folgenden Grundanschauungen machen der „Zenismus“
für totalitäre Militärgesellschaften besonders attraktiv: die totale
Aufgabe des Ichs und der eigenen Persönlichkeit, die Negation der Seele,
die bedingungslose Unterordnung unter den Patriarchen (Guru), die völlige
Kontrolle über die eigenen Gefühle bis hin zur Emotionslosigkeit, im Bushido die Verachtung des Körpers, die Verherrlichung
des Todes, der Krieg als Erleuchtungsweg und die absolute Treue gegenüber
dem Gefolgsherrn.
Während des zweiten Weltkrieges stieß Bushido (der „Weg des Kriegers“) auf ein eminentes
Interesse im Dritten Reich. Das Land wurde mit kulturellen Veranstaltungen
und Publikationen (Filme, Bücher, Theaterstücke, Empfänge, Artikel,
Vorträge, Ausstellungen, Fotoberichte), die den Samurai-Kult zum Inhalt
hatten, geradezu überschwemmt. Heinrich Himmler verfasste persönlich für eine Broschüre
über die Samurai das Vorwort, worin er die Geistesdisziplin der japanischen
Kriegerkaste als Vorbild für den eigenen „Orden“ pries. Er ließ dieses
„Büchlein“ in einer Auflage von 52. 000 Exemplaren in der SS verteilen.
Unter ihrem damaligen Rektor Walther
Wüst (1941-1945) war die LMU – München eine Hochburg faschistischer Buddhismusrezeption.
Asiatische Philosophien und Religionsmuster sollten die Grundlage für einen
religiösen Nationalsozialismus mit der SS als heiligem Kriegerorden im
Zentrum bilden. Der Orientalist Wüst, unter dessen Rektorat die
Geschwister Scholl festgenommen und enthauptet wurden, war gleichzeitig der
Kurator des berüchtigten SS-Ahnenerbes und dessen führender akademischer
Kopf.
Zen wurde in Deutschland durch zwei
mittlerweile weltbekannte Protagonisten eingeführt: Eugen Herrigel (1884-1955) und Karlfried
Graf Dürckheim (1896-1988). Beide agierten als
hoch motivierte Nazis. Herrigel lehrte als
Prorektor an der Erlanger Universität und bemühte sich in seinen
Vorlesungen darum, den Nationalsozialismus als Weltanschauung aus der
Philosophie abzuleiten. Noch in seinem nach dem Krieg erschienen Bestseller
Zen und die Kunst des Bogenschießens
schwärmt er, dass ein Samurai „von Tag zu Tag unzugänglicher für
Erschreckendes“ wird, was angesichts der Tatsache, dass sich die SS vom
Samurai-Geist hat inspirieren lassen, makaber klingt. Der jüdische Autor
Arthur Koestler, der sich schon Anfang der 60er Jahre des vorigen
Jahrhunderts kritisch mit dem Zen auseinander setzte, kam zu dem Schluss:
„Zen strahlt immer eine Faszination für eine Kategorie von Leuten aus, bei
denen sich Brutalität und Pseudomystizismus miteinander vermischen,
angefangen von den Samurai über die Kamikaze bis hin zu den Beatniks. [….]
Der Fall Herrigel [….] ist dafür typisch. Er war
ein Starschüler unter den westlichen [Zen-] Konvertiten sowohl vor als auch
nach seiner Nazikarriere.“
Graf Dürckheim,
obgleich er jüdisches Blut in sich trug, arbeitete während des Krieges als
Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes (Büro Ribbentrop) in Japan mit dem
Auftrag, die „Grundlagen der japanischen Erziehung“ wissenschaftlich zu
erforschen. Die Nazis waren an den Erziehungsmethoden, mit denen die
Japaner damals die gesamte Gesellschaft durchmilitarisierten
ebenso interessiert wie an ihren sakralen Meditations- und
Bewusstseinstechniken. Dürckheim sollte hierzu
die Materialien zusammenstellen. In Japan selber agierte er als
Nazi-Aktivist. Ein Zeitzeuge berichtet: „Er war sozusagen ein
Edelpropagandist von hohem intellektuellen Niveau, der durch das Land zog
und den Nazismus und die Reichsidee predigte.“ 1942 veröffentlichte Dürckheim eine nationalsozialistische
Propaganda-Schrift auf Japanisch mit dem (übersetzten) Titel Neues Deutschland – Deutscher Geist.
In den 60er Jahren traf sich der Graf mit dem neofaschistischen Philosophen
Julius Evola zum geistigen Austausch und übernahm
von diesem die spirituellen Grundlagen für seine „initiatische
Therapie“. In der Zen-Philosophie, die Dürckheim
seit den 50er Jahren durch zahlreiche Bücher und Vorträge verbreitete,
klingt immer wieder die „soldatische
Orientierung“ dieser Religion durch. Die „Aufarbeitung“ der eigenen
NS-Vergangenheit fasste der deutsche Zen-Philosoph in dem nonchalanten Satz
zusammen: „Ein Nazi war ich nicht, aber auch kein Anti-Nazi“.
In derselben Münchener TH, in der über
„Zen und Christentum“ gesprochen wurde, lehrte ab 1919 General Karl
Haushofer (1869-1946) das Fach Geopolitik. Fest steht, dass seine Theorien
über die gewaltsame Eroberung von Großräumen Hitlers militante „Ostpolitik“
beeinflusst haben. Haushofer, der als Militärattaché Bayerns vor dem ersten
Weltkrieg nach Japan geschickt wurde, verfasste ein Buch, in der er die
Militarisierung der japanischen Gesellschaft und auch die vom Zen geprägte
Samurai-Kultur als nachahmenswertes Vorbild
hinstellt. Hitler las dieses Buch, als er in Landsberg Mein Kampf verfasste und Einflüsse
daraus sind im „Grundlagenwerk“ des Nationalsozialismus nachweisbar.
Veranstaltungen „Wie Zen das
Christentum verändert“ reihen sich ein in eine Unzahl ähnlicher
apologetischer Darbietungen, in denen der in den Westen importierte,
boomende Buddhismus als friedfertige, tolerante und spirituelle Ergänzung
oder gar als die Alternative zur („dekadenten“) westlichen Kultur
herausgestellt wird. Dass er, wie alle anderen Religionen auch, seine
Problemfelder hat, ist eine bekannte und gut dokumentierte Tatsache, die
aber systematisch und mit einem nicht geringen Erfolg von Anhängern und
Sympathisanten dieser östlichen Lehre, darunter ein beachtlicher Anteil von
Akademikern, verschwiegen, geleugnet und zum Teil bewusst verfälscht wird.
Die Adaption des Buddhismus durch faschistische Ideologen in Japan,
Deutschland und Italien beruht nicht allein auf Fehldeutungen, ebenso wenig
wie seine ungebrochene Attraktivität für den internationalen Neofaschismus.
Gerade in seiner lamaistischen und zen-buddhistischen
Variante gibt es Elemente, die sich als Bausteine für eine totalitäre
Weltanschauung besonders gut eignen und die sich historisch schon „bewährt“
haben. Eine kritische, nüchterne und kenntnisreiche Kulturdebatte über die
östlichen Lehren ist überfällig, denn die „Faszination-Buddhismus“ hat im
Westen schon eine hybride Selbstgefälligkeit erreicht. Dabei erscheint es
geradezu grotesk, dass vor allem engagierte Vertreter der christlichen
Kirchen und liberale Publizisten sind, die aus Unwissenheit und Naivität
die euphorische Buddhismus-Verbreitung fördern und sogar mit einem
leidenschaftlichen Übereifer den östlichen Glauben gegen jegliche Kritik
verteidigen.
©
Victor & Victoria Trimondi
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