MEDIEN 06
1. -
ORF/FUNK - "Kontext" - 4. März 1999 - Gerald Lehner
2. -
MÜNCHEN AKTUELL - "KRITIK AM DALAI LAMA" - Christoph Weiss
3. -
ETIKA - APO-Mann entlarvt Dalai Lama
ORF/FUNK - "Kontext" - 4. März 1999 - Gerald Lehner
Sprecher: Zahlreiche
Superstars des Amerikanischen Filmgeschäfts bekennen mittlerweile, als
Buddhisten den Weg zur Erleuchtung zu suchen. Manche drehen gleich einen eigenen
Film darüber. Anders als so manche Esoterikströmung haftet dem Buddhismus
ein seriöser Touch an. Im Zentrum steht oft Tibet. Nicht immer ist
allerdings das reale Tibet mit all seinen sozialen, historischen und
religiösen Widersprüchen gemeint. Tibet gilt bei Esoterikern als "Land
der ewigen Harmonie", Projektionsfläche für vielerlei unerfüllbare
Sehnsüchte und Utopien. Weit weg und doch so nah, denn immerhin sei ja jede
Seele wiedergeboren. Nach 40 Jahren westlicher Tibet Euphorie ist nun ein
Buch erschienen, das so manchen Verehrer des Dalai Lama schockiert - Titel:
"Der Schatten des Dalai Lama". Ein deutsches Autorenpaar hat es
gewagt, die Esoterikwelle, die Tibetverherrlichung und historische
Tatsachen zu vergleichen, zu kritisieren. Autor Herbert Röttgen war früher
selbst ein ergebener Jünger des Dalai Lama, der diesen zu internationalen
Kongressen einlud und ihn mit hervorragenden Wissenschaftlern
zusammenbrachte. Warum sich seine Meinung geändert hat, das erzählte er
Gerald Lehner.
Gerald L.: Wie so viele der
früheren 68er Aktivisten wandelte sich auch Herbert Röttgen zu Beginn der
80er Jahre zu einem Bewunderer des Dalai Lama und der tibetischen
Tradition. 1967 hatte Röttgen den Trikont-Verlag gegründet, den es seit
einiger Zeit nicht mehr gibt. Nun schrieb er selbst Bücher. Als die
Recherchen für ein neues Buch über dem Dalai Lama fortschritten, brach dann
vor ungefähr 4 Jahren eine Welt zusammen für den ehemaligen Verehrer des
tibetischen Oberhauptes.
Herbert R.: Ja - der
tibetische Buddhismus tritt nach außen hin sehr verführerisch als eine
pazifistische Religion auf, als die pazifistische Religion schlechthin. Es
hat sich bei vielen hier im Westen das Bild verankert, dass er eine
wirkliche Alternative zu allen anderen Religionen darstellt, dass er
"keine Leichen im Keller" hat - wie das im "Spiegel" zu
lesen war.
Gerald L.: "Wer nach
historischen Quellen die tibetische Geschichte beleuchtet, gelangt zu einem
völlig anderen Bild." - sagt Röttgen.
Herbert R.: Wir sind auf eine
Historie gestoßen, die genau so blutrünstig, genauso machtbesessen war, wie
das in Europa gewesen ist. Wir sind auf Despoten gestoßen, die nicht nur
weltliche Herrscher waren, sondern auch spirituelle. Man kann sich gar
nicht vorstellen, wie sich die verschiedenen lamaistischen Mönchsfraktionen
über die Jahrhunderte hinweg in "Bürgerkriegen" gegenseitig
bekämpft haben. Dort gab es Formen einer extremen Ausbeutung von Frauen.
Das gesamte religiöse System der Lamas war geprägt von frauenverachtenden,
sexualmagischen Riten, die auch heute noch ganz entscheidend sind für
diesen Kult.
Gerald L.: Röttgen bezieht
sich zentral auf dem sogenannten Shambhala-Mythos, der auch vom
gegenwärtigen Dalai Lama regelmäßig praktiziert werden soll.
Herbert R.: Dieser Mythos
beinhaltet die Vision, die übrigens zeitlich festgelegt ist, von einer
Buddhisierung unseres gesamten Planeten. Der Shambhala Mythos wird heute
aufgegriffen von berühmten buddhistischen Sprechern wie Robert Thurman, dem
Vater von Uma Thurman, der bekannten Hollywoodschauspielerin. Thurman
konfrontiert uns mit der Perspektive, dass die einzige Lösung der
Weltprobleme in einer globalen "Buddhokratie" bestehe. Das ist
fatal - aber wir haben das selber aus seinem Munde gehört auf einer
Tibetkonferenz in Bonn 1997. Der Begriff "Buddhokratie" ist für
ihn eine wichtige politische Metapher. Entsprechend führt er in seinem im
letzten Jahr erschienenem Buch "The Inner Revolution" aus, der
Westen hätte seit der Renaissance die "äußere Revolution" der
Wissenschaften vollendet. Zur gleichen Zeit hätte im abgeschlossenen Tibet
eine "innere Revolution" stattgefunden und in unseren Tagen würde
sich der Westen dieser "inneren Revolution" (sprich: dem
Lamaismus) zuwenden. Das wäre ein Weltprojekt, das in den nächsten Jahrzehnten
in explosionsartiger Geschwindigkeit unseren ganzen Planeten in seinen Bann
ziehen würde.
Gerald L.: Mittlerweile
kann man die traditionell engen Beziehungen des Dalai Lama und der
tibetischen Exilregierung auch zu rechtsradikalen Persönlichkeiten, in
einigen Teilen der Welt ans Tageslicht bringen. Bereits SS-Reichsführer
Heinrich Himmler träumte vom Traumland der Rassentheoretiker: Tibet. Und
mittlerweile wurde auch bekannt, dass beispielsweise der chilenische
Neofaschist Miguel Serrano sich stark auf die tibetische Tradition bezieht.
Er verbindet diese mit seiner eigenen Theorie des sogenannten
"esoterischen Hitlerismus". Serrano, ein starker Verehrer
Hitlers, der diesen auch als hohe Wiedergeburt betrachtet, war einer der
Ersten, die dem Dalai Lama nach seiner Flucht aus Tibet 1959 in Indien
empfingen. Für den Buchautor ist mittlerweile klar, dass absolute
Heilsbotschaften, wie sie auch der tibetische Buddhismus skizziert, eng mit
autoritären Staatsstrukturen verbunden seien.
Herbert R.: Der Problem ist,
dass der XIV Dalai Lama es beinahe geschafft hat, als diejenige Heilsfigur
am Ende unseres Jahrtausends dazustehen, die in sich noch alle sakralen und
humanen Qualitäten vereinigt und dass er sich als ein Beispiel - auch als
ein politisches Beispiel - für die gesamte Weltgemeinschaft emporgearbeitet
hat.
Gerald L.: Der
Überlebenskampf der tibetischen Völker gegen die chinesische Invasion wird
immer wieder geführt unter dem Schutz westlicher Werte wie der
Menschenrechte und der demokratischen Errungenschaften. Autor Röttgen sagt,
die tibetische Exilregierung verweigere intern jede Diskussion im
demokratischen Sinn und mache Kritiker mundtot. Zu beobachten auch in den
internen tibetischen Konflikten um den buddhistischen Schutzheiligen
Shugden, der vom Dalai Lama politisch bekämpft wird.
Herbert R.: Wir haben kein
Buch geschrieben in der Absicht, den Tibetern Vorschriften zu machen. Was
für uns wichtig war, ist zu zeigen, dass der tibetische Buddhismus, der in
unsere Kultur eindringt, indem er sich der Ideen der französischen Revolution,
der Charta der Vereinten Nationen, der Vorstellung von den Menschenrechten
u.s.w. bedient, sich also auf demokratische Qualitäten beruft, ein System
hier einführt, das diesen europäischen Grundsätzen im Kern nicht gerecht
wird sondern ihnen widerspricht.
Gerald L.: Während sich
Persönlichkeiten wie der Papst oder auch Bill Clinton einer Vielzahl von
Kritiken stellen müssen, gelte das für den Dalai Lama überhaupt nicht. Seit
vier Jahrzehnten hätten sogar westliche Journalisten und Wissenschaftler fast
jede Kritikfähigkeit verloren, wenn es um die alten Klischees aus Tibet
gehe.
Herbert R.: Das ist das
eigentliche Gefährliche in diesem Fall.
Gerald L.: Mittlerweile
interessieren sich immer mehr Esoteriker und westliche Buddhisten für das
neue Buch.
Mariana R.: Auf der anderen
Seite hatten wir äußerste krasse Reaktionen schon bevor das Buch erschienen
ist, mit Protestbriefen, Drohbriefen und Schmähungen. Wir seien Zyniker und
würden uns erlauben, einen Mythos zu stürzen und alles, was wir schrieben,
sei Lüge. Es gab also sehr erhitzte Reaktionen - bis hin zu dem
öffentlichen Aufruf, das Buch zu boykottieren beziehungsweise zu verbieten.
Gerald L.: Diese Stimme
gehört der Koautorin Mariana Röttgen, eine Historikerin und
Kunstgeschichtlerin.
Mariana R.: Das zeigt, wie wir
doch einen Nerv getroffen haben, ohne dass uns das in dieser krassen Form
vorher bewusst war.
Gerald L.: Mittlerweile wird
dem Autorenpaar bereits vorgeworfen, sie hätten ihr Buch im Auftrag der
chinesischen Feinde geschrieben. Solche Vorwürfe kennen auch einige der
wenigen westlichen Journalisten und Wissenschaftler, die es jemals gewagt
haben Kritik, an der Politik der tibetischen Exilregierung zu üben.
Mariana R.: Auf jeden Fall
ist es verständlich, dass nach so vielen Jahren buddhistischer und
pro-tibetischer, ja paradiesischer und nur positiver Vorstellungen im
Westen, solch ein Wagnis wie wir es gemacht haben, nämlich eine
fundamentale Kritik an dieser Kultur oder dieser religiösen Tradition zu
äußern, zu sehr heftigen Ausbrüchen bei den Beteiligten und den
Sympathisanten führt.
Gerald L.: Wer nun glaubt
der Kritizismus des Autorenpaares Röttgen sei als publizistisches Fast-Food
zu konsumieren, könnte enttäuscht werden. Es handelt sich nämlich um eine
800 Seiten starke Schwarte, die allerdings in sehr verständlichem Stiel
geschrieben ist und bisher ungewohnte Perspektiven bietet, die gehörigen
Zündstoff bergen.
Sprecher: Dieser Zündstoff
ist auch der Grund warum das Autorenpaar Röttgen Pseudonyme gewählt und das
Buch "Der Schatten des Dalai Lama" unter dem Namen Victor und
Victoria Trimondi veröffentlicht hat.
MÜNCHEN AKTUELL - Die blauen
Seiten - 22. März -1999 - Christoph Weiss
"KRITIK AM DALAI LAMA"
Der Buddhismus im Zwielicht
"Tibet ist dabei, in die
Volkskultur des Westens einzudringen, wie es nur einer kann, wenn Hollywood
die Unterhaltungsspritze in das Weltsystem tätigt" schrieb die Herald
Tribune 1997. Diese Aussage wird auch von den beiden Autoren Victor und
Victoria Trimondi in ihren Buch "Der Schatten des Dalai Lama" vertreten.
Trimondis Thesen sind ebenso
aggressiv wie provozierend: Sehnsucht nach dem Weltuntergang, ein
aggressiver Kult, das Ziel nach Weltherrschaft und sexuelle Ausbeutung von
Frauen - starker Tobak, der dem tibetischen Buddhismus vorgeworfen wird. Tatsächlich
wird mit diesem Buch zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum der
Buddhismus und der Dalai Lama selbst einer umfassenden Kritik unterzogen.
Diese stammt von Kennern dar Szene.
Herbert Röttgen und Mariana
Röttgen, die unter dem Pseudonym Trimondi schreiben, gründeten 1967 den
linken Trikont-Verlag, der sich Ende der 70er Jahre der Esoterik zuwandte.
In den 80er Jahren organisierten sie mehrere Veranstaltungen für den XIV
Dalai Lama. Dabei hatten sie auch öfters persönlichen Kontakt mit ihm. Für viele
Menschen scheint die Vorherrschaft christlichen Denkens im Westen
gebrochen. So fand eine Sinnsuche nach neuen Werten statt. Besonders
fernöstliches Denken verbreitete sich sehr schnell. Nach der Vertreibung
aus Tibet ließen sich buddhistische Mönche, Gurus und einfache Anhänger
überall in ist Welt nieder und verbreiteten ihre Religion. Zum richtigen
Zeitpunkt. Während die Kirchen immer mehr Glaubensgrundsätze aufgaben und
den einzelnen, nicht das Ganze, in den Mittelpunkt stellten, pries sich der
Buddhismus als starker Kraftquell mit einer geschlossenen Gemeinschaft an.
Nach den Werteverlusten einer
immer permissiver werdenden Gesellschaft suchen Teile der westlichen
Bevölkerung nach neuer Orientierung. Dabei werden gerne die Überzeugungen
von Prominenten übernommen. Beispielhaft die Aussage des amerikanischen
Mädchenschwarms Brad Pitt während der Dreharbeiten zu dem Film "Sieben
Jahre in Tibet". "Und dann schossen sie die Szene, wo sie sagen:
"Gebt dem Dalai Lama die Macht!" Jeder klingt sich ein und es
war, als würde sich etwas nieder senken und als würde Gott durch die Szene
scheinen. Es war heavy."
Tatsächlich sind es zahlreiche
Prominente - besonders aus der Showbranche - die unreflektiert diese
Religion propagieren. So schwärmt zum Beispiel der nicht als besonders
rücksichtsvoll bekannte ehemalige RTL - Boss Helmut Thoma unwidersprochen
in der "Bunten": "Buddhisten gehen freundlich wohlwollend
und mitfühlend gütig miteinander um".
Dieser Kritiklosigkeit will
"Der Schatten des Dalai Lama" entgegentreten. In allen bisherigen
Büchern, Reportagen, Essays und Filmberichten begegnet uns immer wieder das
gleiche Bild eines demütigen, friedlichen und vertrauenswürdigen
Charakters. Ein neuer "World Leader", der alle Probleme lösen
kann, ohne dabei an sich selbst zu denken. Für die beiden Autoren ein
reines Trugbild. Hinter dem sorgfältig aufgebauten Medienaltar soll sich
eine höchst zweifelhafte Person verbergen. Unter anderem wird ihm
vorgeworfen, der "Kundun" wäre an einer Konfrontation zwischen
dem Islam und dem Buddhismus stark interessiert, da die Weltherrschaft des
Buddhismus erst nach einem Weltkrieg zu verwirklichen sei.
Tatsache ist, dass der
"Friedensnobelpreisträger" die indischen Atomtests billigte.
"Indien sollte nicht von den entwickelten Ländern unter Druck gesetzt
werden, seine Atomwaffen aufzugeben". Kurz darauf betrieben die
Pakistanis mit aller Energie den Bau einer "islamischen Bombe".
1987 besuchte Shoko Asahara,
der Gründer der AUM - Sekte, den Dalai Lama. 1995 fielen in Tokio mehrere Tote
und etwa 5.500 Verletzte einem Giftgasanschlag dieser Gruppe zum Opfer.
Asahara hatte den Befehl erteilt. Der Japaner berief sich stets auf den
Buddhismus und den Dalai Lama. Dieser bestreitet alle Vorwürfe. Asahara
wäre nur einer von vielen Hunderten Verehrern und Besuchern gewesen, denen
er im Laufe einem Jahres begegne. Merkwürdigerweise nannte der
"Gottkönig" Wochen nach dem Giftgasangriff den Guru einen
"Freund, wenn auch nicht einen vollkommenen". Später wurde ein
Dokument veröffentlicht, in dem sich seine Heiligkeit bei der AUM - Sekte
für Spenden bedankt und bestätigt, dass sie "das öffentliche
Bewusstsein durch religiöse und soziale Aktivitäten fördert".
Auch Angriffe aus dem eigenen
Lager durch Exil - Tibeter häufen sich. Etwa der des Ausverkaufs des
eigenen Landes an die Chinesen, politische Lügen, Geschichtsklitterung und
anderes. Die Autoren informieren ihre Leser ausführlich über die
Entwicklung des Buddhismus und dessen kultische Verästelungen wie etwa dem
Tantrismus. So ist der "Schatten des Dalai Lama" auch eine
Einführung in den Buddhismus. Im Kern geht es den Schreibern jedoch um
etwas Bestimmtes:
Der Erfolg des Buddhismus, der
von einer Medien - und Kulturschickeria hochgejubelt wird, ohne dessen
historische und kulturelle Hintergründe zu kennen. Diese Unkenntnis der
Thematik, die Ignoranz der Hintergründe, wollen die Autoren mit ihrem Buch
beenden. Natürlich meinen sie auch "Sirenengesänge" deren
kurzsichtige Geister leicht verfallen können. Wären die Trimondis
unbedarfte, außenstehende Beobachter der Ereignisse, würden sie als
unglaubwürdig bezeichnet werden und in Vergessenheit geraten. Da sie selbst
Buddhisten waren, lehnen sie andere Religionen nicht einfach ab weil sie
fremd sind, sondern sie verlangen, dass sich die Sympathisanten ernsthaft
mit allen Aspekten der Geschichte und der Religion auseinandersetzen. Auch
mit den negativen.
Die Thesen des Buches sind
wohlfundiert, ausführlich in der Beschreibung und mit zahlreichen
Quellennachweisen versehen. Die Hintergründe der kultischen und rituellen
Praktiken, der sexuellen und kriegerischen Obsessionen des Buddhismus sind
genau beschrieben. Sie führen sorgfältig in die unterschiede der einzelnen
Tantras ein und vergleichen die Realität mit europäischen
Wunschvorstellungen. Besonderen Wert legt das Ehepaar auch auf die
Differenz zwischen dem öffentlichen Ansehen des "Friedensfürsten"
und dessen angeblich machtpolitischen Ambitionen.
Vielleicht war ganz einfach die
Zeit für diese uns fremde Kultur im Westen gekommen. Sicher stieß sie in
eine spirituelle Lücke vor, welche die Kirchen freiwillig geräumt hatten.
Sicher wird es darauf ankommen, offen und ohne Scheu vor Kritik über solche
neuen "Zeitgeist - Kirchen" zu informieren. Ein Problem des
Buches ist, dass manche Behauptungen schwer verständlich sind. Auch bleibt
die Beweisführung oftmals Insidern vorbehalten. Die Fülle, Dichte und
Herausforderung des Buches werden eine starke öffentliche Diskussion
herausfordern. Auf diese darf man gespannt sein.
ETIKA TIBET - 02. 05. 1999
APO-Mann
entlarvt Dalai Lama
Oft erfährt man spät, wie sich
alles zusammenfügt. Ein prominenter Vertreter der 68er-Generation, also der
Außerparlamentarischen Opposition (APO), der 1967 den Trikont-Verlag
gegründet hat (uns sind u. a. die Schriften für das kommunistische Kuba in
Erinnerung und das ganze Baader-Meinhof-Umfeld, die pornographische
Zeitschrift "Konkret" usw.) hat Ende der 70er Jahre eine Wende
zur Spiritualität durchgemacht. Seine Kenntnisse aus der damaligen
marxistischen Sexrevolution brachte Herbert Röttgen mit seiner Frau Mariana
unter den Pseudonymen Victor und Victoria Trimondi in ein über 800 Seiten
starkes fundiertes Werk ein: Der Schatten des Dalai Lama - Sexualität,
Magie und Politik im tibetischen Buddhismus.
Dessen Inhalt wird auf der
hinteren Umschlagseite wie folgt zusammengefasst: Die Autoren
"entlarven den tibetischen Buddhismus als einen im Kern atavistischen,
fundamentalistischen, sexistischen und kriegerischen Kulturentwurf, der
eine globale Buddhokratie anstrebt und der die "westlichen Werte"
von Demokratie, Meinungsfreiheit, Menschenrechten, Gleichberechtigung der
Geschlechter und Humanismus grundsätzlich in Frage stellt, obgleich er sich
ständig darauf beruft. Geisterglaube, Sexualmagie, politischer rund
ritueller Mord, Kriegsideologien, Folterungen, apokalyptische Visionen,
Menschenverachtung und eine zutiefst frauenfeindliche Kultur erscheinen auf
der tibetisch-buddhistischen Bühne, wenn der pazifistische Vorhang des
"Mitgefühls" weggezogen wird.
Es ist ein schockierendes Buch,
vor allem wegen der vielen Grausamkeiten, die Zerstückelungen,
Leichenschändung und den sexuellen Missbrauch junger Mädchen durch Lamas
einschließen. Möglicherweise finden Anhänger des Dalai Lama, des
angeblichen Apostels für Frieden und die Einwelt, die dieses Buch lesen und
wirklich die Wahrheit suchen, dann zum Christentum als der einzig wahren
Religion der Liebe und Barmherzigkeit zurück. Wer es aber liest und kein
Mitleid mit den Opfern dieser dämonischen Praktiken hat, dem ist nicht zu
helfen.
Es bedurfte anscheinend der
Geistesschärfe und Sprachgewandtheit eines 1968 geschulten Dialektikers, um
dem Dalai Lama auf eine Art, die heute ankommt, die Maske vom Gesicht zu
reißen. Freilich wird sich der Durchschnittsleser zu Recht an der obszönen,
tabulosen Sprache stoßen. Man müsste Seitenweise zitieren und kommentieren,
doch mangelt es uns an Zeit.
Auf einige Kapitel wollen wir
besonders hinweisen: Die absolute Macht des Großmagiers. Die drei Rollen
der Sexualpartnerin im buddhistischen Tantrismus. Das Frauenopfer. Der XIV.
Dalai Lama zu Sexualmagie und Frauenfrage. Dorje Shugden.
Dämonenbeschwörung. Magische Superwaffen. Mandalapolitik. Die tibetische
Guerrilla und der CIA. Der ehemalige SS´ler Heinrich Harrer. Julius Evola,
Berater Mussolinis. Miguel Serrano, Chefideologe des "esoterischen
Hitlerismus" (auf Seite 666 werden Serranos Götter Wotan, Odin und
Hitler zitiert). Die unzähligen Sexaffären des blonden Dänen Ole Nydahl mit
Dakinis. Die Tibetlobby. Die Manipulation der Grünen. Die Scheinwelt des
interreligiösen Dialogs und der Ökumene. Hollywood. Konklusion.
Im Schlusskapitel
"schöpferische Polarität jenseits des Tantrismus" verraten die
Autoren, wo sie gelandet sind: Sie plädieren in Anlehnung an Herbert
Marcuse für eine "Kultur des Eros", in der sich Mann und Frau als
Gott und Göttin erfahren. Sie preisen das Buddhapaar Samantabhadra und
Sammantabhadri in Yab-Yum-Haltung, "nackt, das heißt rein und
frei" als ihr Ideal an - welche Verblendung.
Also Vorsicht, wenn man sich in
den Alptraum jener fernen tibetischen Sexual- und Dämonenwelt hineinbegeben
will. Besser, man weiß nichts davon.
Unser Kommentar:
Es erscheint uns nicht
sinnvoll, die Augen über die Hintergründe einer Religion zu schließen, die
mit solcher Vehemenz in unser westliches Kulturgefüge eindringt. Um die
Dämonen zu überwinden, muss man - das ist unsere Meinung - ihnen begegnen
und sie dann bezwingen oder besser transformieren.
Diese Rezension aus
christlicher "Feder" hat richtig erkannt, dass wir im letzten
Kapitel unseres Buches eine radikale Reformlösung für den Tantrismus
vorschlagen, die das System nicht als Ganzes in Frage stellen muss. Siehe
dazu unser Postcriptum. Eine grundsätzliche
Reform ihrer Mysterien sehen wir auch für andere Religionen als notwendig
an.
|