Trimondi Online Magazin

 

KRITISCHES FORUM KALACHAKRA

Forum zur Hinterfragung des Kalachakra-Rituals

 

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DIE APOKALYPSE DES DALAI LAMA

Kritische Thesen zum Kalachakra

Tantra und zum Shambhala Mythos

 

Als buddhistische Friedensalternative zu dem seit dem 11. September kriegsgeschwängerten Weltgeschehen präsentiert der XIV. Dalai Lama ein großangelegtes Ritual: das Kalachakra Tantra. Es ist ein Heiliger Text ("Tantra") des tibetischen Buddhismus, das sogenannte Kalachakra-Tantra und der darin enthaltene Shambhala-Mythos, die der Performance zugrunde liegen. "Kalachakra" (Sanskrit) bedeutet "Rad der Zeit" und ist ebenfalls der Name des höchsten tibetischen "Zeitgottes".  Das Kalachakra-Tantra gilt als der letzte und jüngste aller offenbarten Tantra Texte (10. Jahrhundert) und wird von den Lamas als "der Gipfel aller buddhistischen Systeme" angesehen.

 

Viele Hunderttausende wurden seit über 25 Jahren vom XIV. Dalai Lama durch das Kalachakra Tantra "eingeweiht". Dazu rechnen in Indien zahlreiche Menschen, die weder lesen noch schreiben können. Aber auch die "gebildeten" Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus dem Westen wissen kaum etwas darüber, was sich in diesem Ritual eigentlich abspielt, denn neben dem öffentlichen, weist es auch einen streng geheimen Teil auf. Publik gemacht wurden vom XIV. Dalai Lama ausschließlich die sieben untersten Initiationen, die acht folgenden der insgesamt 15 Einweihungen bleiben weiterhin top secret. 

 

Von diesen acht "Geheimriten" ist in Prospekten, Annoncen und Broschüren, ganz besonders aber in den zahlreichen Beteuerungen des XIV. Dalai Lama nicht die Rede. In der Öffentlichkeit erscheint das Kalachakra-Tantra als ein würdiger und erhebender Beitrag zum Weltfrieden, der das Mitgefühl mit allen lebenden Wesen, den interreligiösen Dialog, die Toleranz zwischen Völkern und Rassen, das ökologische Bewusstsein, die Gleichberechtigung der Geschlechter, den Frieden der Herzen, die Entwicklung des Geistes und die Glückseligkeit für das Dritte Jahrtausend fördern soll ("Kalachakra for World Peace"). Über dem Ganzen steht ein Motto aus dem Munde des XIV. Dalai Lama: "Because we all share this small planet earth, we have to learn to live in harmony and peace with each other an with nature." ("Weil wir alle diesen kleinen Planeten Erde teilen, haben wir zu lernen in Harmonie und Frieden miteinander und mit der Natur zu leben.") Die sehr spezifische, höchste tantrische Einweihung des tibetischen Lamaismus erhält somit die Weihe eines "die Kulturen und die Religionen übergreifenden Weltfriedenstreffens".

 

Aber sind das Kalachakra-Tantra und der Shambhala-Mythos wirklich friedfertig? Fördern sie tatsächlich das harmonische Zusammenleben der Menschen? Tragen sie real zur Freiheit und Gerechtigkeit, zur Gleichberechtigung der Geschlechter, zur religiösen Toleranz, zur Verständigung der Völker bei? Sind sie ein allumfassender humanpolitischer, demokratischer und gewaltloser Beitrag zum Weltenfrieden?

 

Seit einigen Jahren sind der tibetische Buddhismus, die Historie des Lamaismus, die Zustände unter den Exiltibetern und der XIV. Dalai Lama zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik geraten und diesmal nicht von chinesischer Seite. Historiker aus den USA stellen die weit verbreitete, beschönigende Verherrlichung der tibetischen Geschichte in Frage. (Melvin C. Goldstein, A. Tom Grundfeld) Kritische Tibetologen klagen die offizielle Tibetologie der gezielten Manipulation an. (Donald S. Lopez Jr.) Tibetforscher untersuchen die "Machtträume", die durch den von  lamaistischer Seite geförderten "Tibet-Mythos" ausgelöst und potenziert werden. (Peter Bishop) Bekannte Politikerinnen mussten sich durch Augenschein davon überzeugen, dass in Tibet kein "Völkermord" durch die Chinesen stattfindet, wie es die Exiltibeter immer noch behaupten. (Antje Vollmar, Mary Robinson) Ehemalige Buddhistinnen klagen aus persönlicher Erfahrung und mit großer Fachkenntnis die systematische und raffinierte Frauenunterdrückung und den Frauenmissbrauch im tibetischen Buddhismus an. (June Campbell) Psychologen und Psychoanalytiker untersuchen den aggressiven und morbiden  Charakter der lamaistischen Kultur. (Robert A. Paul, Fokke Sierksma, Colin Goldner) Aus den eigenen Reihen des Dalai Lama wird seit 1997 ein erdrückendes Beweismaterial von dessen Intoleranz, Abergläubigkeit und Autokratie vorgelegt. (Shugden Affäre) Auch das Ritualwesen des Lamaismus hat eine scharfe Kritik erfahren. Die humanistischen, friedfertigen, toleranten und ökumenischen Absichten des Kalachakra-Tantra und des darin enthaltenen Shambhala-Mythos werden in einer umfangreichen Studie hinterfragt. (Victor und Victoria Trimondi) Schärfste Kritik am XIV. Dalai Lama und seinem auf Magie beruhenden System gab es auch in Sendungen des Deutschen, Schweizer und österreichischen Fernsehens (Panorama, 10 nach 10, Treffpunkt Kultur). In München kam es anlässlich eines Besuches des tibetischen Kirchenfürsten (Mai 2000) sogar zu einer  Fraktionierung innerhalb der SPD, deren "pro-Dalai-Lama" Flügel den tibetischen "Gottkönig" zu einer Großveranstaltung eingeladen hatte. Ebenso geteilt war die gesamte Presse: Vorgeworfen wurden dem XIV. Dalai Lama unter anderem: undemokratische und autokratische Herrschaftsmuster; Unterdrückung jeglicher politischen Opposition; Repressalien gegen religiöse Minderheiten; Bestimmung der Politik durch Besessenheitsorakel, anstatt durch Dialog und Auseinandersetzung; bewusste Fälschung der Geschichte Tibets; unkritische Beziehungen zu ehemaligen SS-Männern und Neonazis; Diffamierung von Kritikern; frauenfeindliche Rituale. Einen ausführlichen Überblick über kritische Stimmen in der Presse finden Sie unter trimondi/medien

 

Hier einige der Punkte, die von den Kritikern des Kalachakra-Tantra und des darin enthaltenen Shambhala-Mythos vorgebracht werden und die von dem "Kritischen Forum Kalachakra" zur Diskussion gestellt werden:

 

Über die geheimen Riten des  Kalachakra Tantra darf bei Androhung von mittelalterlichen Strafen für Leib und Seele von Uneingeweihten nicht diskutiert werden. Wer dessen okkulte Geheimnisse ausplaudert, dem werden "Kopf und Herz zerspringen" und er wird in den tiefsten Höllen schmoren. Das hat seinen guten Grund, denn in den acht höchsten Initiationen kommen Dinge zur Sprache, die einem humanistischen Wertesystem konträr widersprechen. (Michael Henss – Kalachakra – ein tibetisches Einweihungsritual – Zürich 1985, 46)

 

Das Kalachakra-Tantra ist alles andere als pazifistisch, sondern es prophezeit und fördert ideologisch einen blutigen Religionskrieg zwischen Buddhisten und Nicht-Buddhisten um die Weltherrschaft (Shambhala-Mythos).

 

Als Gegner des Buddhismus nennt der Text explizit die "Führer" der  drei monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam): "Adam, Henoch, Abraham, Moses, Jesus, der im weißen Gewand [Mani], Mohammed und Mathani [der Mahdi]". Das Kalachakra-Tantra bezeichnet sie als "die Familie der dämonischen Schlangen". (Shri Kalachakra I. 154)

 

Das Kalachakra-Tantra richtet sich demnach gegen alle Religionen, die einen semitischen Ursprung haben, und wurde aus diesem Grunde von rechts-radikalen, antisemitisch eingestellten Kreisen für ihre rassistische Propaganda in Dienst genommen.

 

Das Kalachakra-Tantra beschwört einen globalen Krieg zwischen der islamischen und nicht-islamischen Welt, in dem die Anhänger Mohammeds als die Hauptgegner der Buddhisten herausgestellt werden. Der Original-Text spricht davon, dass das "machtvolle, gnadenlose Idol der Barbaren, die dämonische Inkarnation" in Mecca lebt. (Shri Kalachakra I. 154) Von den Hauptgegnern des kommenden Shambhala-Königs, Rudra Chakrin ("zorniger Raddreher") erfahren wir, dass sie mleccha heißen, das bedeutet sowohl "Barbaren", als auch die "Einwohner Mekkas".  Ein weiterer Kalachakra Kommentar spricht von Rudra Chakrin als dem "Töter der Mlecchas".

 

Seitenlang und mit Begeisterung fürs Detail werden im Kalachakra-Tantra mörderische Superwaffen, über welche die buddhistische Shambhala Armee verfügt und die sie gegen die "Feinde der Lehre" einsetzt, beschrieben. (Shri Kalachakra I. 128 – 142) Moderne lamaistische Kommentatoren dieser Rüstungsphantasien ergehen sich in spektakulären Vergleichen mit Waffengattungen aus dem 20. und 21. Jahrhundert.

 

Die buddhistische Kriegsführung in den Shambhala-Schlachten richtet sich offensichtlich nicht nach den Grundsätzen des Völkerrechts, sondern gilt im    Originaltext als "gnadenlos" und "grausam". "Die äußerst wilden [buddhistischen] Krieger werden die barbarische Horde niederwerfen" und "eliminieren." – heißt es im Originaltext.   (Shri Kalachakra I. 163/165)

 

Alle Teilnehmer an einer Kalachakra-Initiation haben das fragwürdige Recht als "Shambhala-Krieger" wiedergeboren zu werden, um in der prophezeiten Endschlacht je nach Rang als Fußvolk oder als Offiziere zu kämpfen. Für die "Reinkarnationen" hoher Lamas sind jetzt schon die Posten im Generalstab vergeben. (E. Bernbaum – Der Weg nach Shambhala – Auf der Suche nach dem sagenhaften Königreich im Himalaya – Hamburg 1982, 252, 35)

 

Nach einer Vision des tibetischen Lamas Kamtrul Rinpoche ist es der reinkarnierte Dalai Lama selbst, der als zorniger Feldherr (Rudra Chakrin) die buddhistischen Heere in der Shambhala-Schlacht anführen wird, um "alles Böse im Universum" zu unterwerfen. Propagandisten des Kalachakra-Tantra vertreten einen primitiven Märtyrer-Kult, der demjenigen moslemischen Djihad-Kämpfer ähnelt: Wer während des Shambhala Krieges erschlagen wird, erhält als Belohnung einen garantierten Eintritt in das Shambhala Paradies. (E. Bernbaum – Der Weg nach Shambhala – Auf der Suche nach dem sagenhaften Königreich im Himalaya – Hamburg 1982, 253)

 

Das Kalachakra-Tantra fördert auf allen Ebenen das Denken und Handeln in Feindbildern und propagiert, ganz im Gegenteil zur Ursprungslehre des historischen Buddha (Theravada-Buddhismus) und zu den ethischen Forderungen des Mahayana-Buddhismus, den Krieg zwischen den "Guten" und den "Bösen", zwischen den "Gläubigen" und den "Ungläubigen".

 

Das Kalachakra-Tantra beinhaltet eine buddhokratische Staatslehre. Diese ist, staatsrechtlich gesehen, noch "theokratischer" als das Theokratieverständnis des fundamentalistischen Islams, denn der buddhistische "Chakravartin" (Weltenherrscher) wird als direkte "Inkarnation" oder "Emanation" des Höchsten Buddha (Adi-Buddha), als wandelnder "Gottmensch" auf Erden, angesehen, während der "Kalif" nur der "Stellvertreter" Gottes (Allahs) auf Erden ist, dem nicht einmal der Rang eines "Propheten" zukommt.

 

An der Spitze des autoritativen buddhokratischen Kalachakra-Staates residiert auf dem "Löwenthron" ein absoluter "Priesterkönig" (Chakravartin), der die religiöse, politische, juridische und militärische Macht in Personalunion vereinigt. Die "bürgerliche Gewaltenteilung" ist hier etwas völlig Unbekanntes. Wer die staatsrechtliche Position der Dalai Lamas im traditionellen Tibet (bis 1959) kennt, der weiß, dass das Amt des tibetischen "Gottkönigs" dem eines Chakravartin en miniature entspricht. Die recht fragwürdigen und halben Demokratisierungsreformen, die der XIV. Dalai Lama unter den Exiltibetern durchgeführt hat, werden durch die buddhokratischen staatspolitischen Konsequenzen aus dem Kalachakra-Tantra wieder zunichte gemacht.

 

Der Anspruch auf die buddhokratische Weltherrschaft ist eine explizite Forderung des Kalachakra-Tantra. Auch hier haben wir ein fundamentalistisches Pendant zu islamistischen Weltherrschaftsansprüchen. Wenn sich beide Systeme in einer blutigen Endschlacht als Todfeinde gegenüberstehen sollten, dann ergibt sich das aus der Logik ihres theokratischen bzw. buddhokratischen Absolutismus.

 

Moderne Buddhokratie-Visionen für unseren gesamten Planeten, die vom XIV. Dalai Lama begrüßt werden, beruhen auf den Grundlagen des Kalachakra-Tantra. Siehe hierzu Robert A. Thurmans Buch  Revolution von Innen – Die Lehren des Buddhismus oder das vollkommene Glück. (1999), wo der Autor die autoritative, politische Theorie eines "Buddhaversums" entwickelt. Thurman, der von Time Magazine  als das "Sprachrohr des Dalai Lama" in den USA bezeichnet wird, sah schon 1979 in einem Traum den tibetischen Kirchenfürsten als "Zeitgott" über dem Waldorf Astoria Hotel in New York thronen, während um ihn herum "die große Schar der Honoratioren – Bürgermeister, Senatoren, Firmenvorstände und Könige, Scheiche und Sultane, Prominente und Stars" herumschwirrten, "mitgerissen vom Strudel der 722 tanzenden Gottheiten [des Kalachakra-Tantra....] umschwärmten [sie] gleichsam wie Bienen im Nadelstreifen eine riesige Honigwabe."

 

Das Kalachakra-Tantra fordert in den geheimen höheren Einweihungsstufen die bedingungslose und grenzenlose Unterwerfung unter den absoluten Willen des ausführenden Gurus (im gegeben Fall des Dalai Lamas als dem höchsten Kalachakra-Meister). Das "Ich-Bewusstsein" und die Persönlichkeit des Initianten werden Schritt um Schritt  ausgelöscht, um ihn in ein menschliches Gefäß für die zum Teil kriegerischen und aggressiven tantrischen Gottheiten und Buddhawesen umzuwandeln. Im Kalachakra-Tantra findet demnach keine "Veredelung", "Verklärung" oder "Integration" des Individuums, sondern dessen systematische  "Vernichtung" zugunsten eines kodifizierten religiösen Musters statt.

 

In den geheimen acht höchsten Einweihungen des Kalachakra-Tantra soll der Initiant durch extreme mentale und physische Übungen in einen Zustand "jenseits von Gut und Böse" versetzt werden. Der Original-Text fordert ihn deswegen zu folgenden Untaten und Verbrechen auf: töten, lügen, stehlen, die Ehe brechen, Alkohol trinken, sexuell mit Mädchen aus den Unterklassen verkehren. Wie in allen anderen Tantras auch kann dies sowohl symbolisch als auch wörtlich verstanden werden. Selbst der XIV. Dalai Lama legitimiert es, wenn ein Kalachakra-Adept - unter bestimmten Umständen - Menschen tötet, "die der [buddhistischen] Lehre Schaden zufügen" und "sich anschicken, abscheuliche und unheilvolle Handlungen zu begehen". Er verlangt jedoch, dass dies aus "Mitgefühl" geschehen müsse. (Dalai Lama – The Kalachakra Tantra – Rite of InitiationLondon 1985, S. 348 ff.; dt. Kalachakra-Tantra - Berlin 2002, S. 365) Das im ursprünglichen Buddhismus ausgesprochene absolute Tötungsverbot wird hier durchbrochen. 

 

In den höchsten magischen Initiationen werden sogenannte "unsaubere Substanzen" benutzt. Das Kalachakra-Tantra empfiehlt den Genuss von  Fleischarten verschiedener tabuisierter Tiere. Auch Menschenfleisch (maha mamsa) kommt als Ritualsubstanz zur Anwendung. Gewöhnlich stammt es von Toten und ist das "Fleisch von denen, die aufgrund ihres eigenen Karmas starben, die in der Schlacht aufgrund ihres schlechten Karmas oder aufgrund eigener Fehler getötet wurden." - schreibt der tantrische Großmeister und Shambhala König Pundarika in seinem traditionellen Kalachakra Kommentar und führt fort, dass es sinnvoll sei, diese Substanzen in der Form von Pillen zu sich zu nehmen. Das Fleisch von unschuldigen Menschen, die von ihren Mördern als Gottesopfer, aus Furcht, innerhalb eines Ahnenkultes, aus Begierde (Gewinnsucht) oder gegen Lohn getötet wurden, ist mit "unaussprechlicher Sünde" behaftet und darf im Ritual nicht verwendet werden. "Aber, wenn etwas davon ungefragt in die Bettelschale fällt, ist es ohne unaussprechliche Sünde" – und darf deswegen benutzt werden. (In: John Ronald Newman - The outer wheel of time: Vajrayana buddhist cosmology in the Kalacakra Tantra - Madison 1987, 266 f.)

 

Das Kalachakra-Tantra trägt morbide Charakterzüge. Zahlreiche, der in den Zeremonien verwendeten Ritualgegenstände stammen von Toten (Schalen aus Menschenschädel, Trompeten aus Beinknochen, Knochenketten). Schon ein Blick auf das große Kalachakra Thangka (Wandbild), das während der Zeremonie ständig über dem Thronsitz des XIV. Dalai Lama hängt, kann einen von dem zornvollen Charakter dieses Rituals überzeugen. Der darauf dargestellte Zeitgott "Kalachakra" und seine Gefährtin, die Zeitgöttin "Vishvamata", die sich stehend sexuell vereinigen, halten in ihren insgesamt 32 Händen 24 Gegenstände  von aggressiver, morbider und kriegerischer Natur (Haken, Schwert, Hackmesser, Trommeln und Gefäße aus Schädelschalen, eine Art Zepter, dessen Spitze drei abgeschlagene Menschenköpfe zieren usw.)

 

In den höchsten geheimen Einweihungen des Kalachakra-Tantra finden sexualmagische Riten statt, deren Ziel es ist, "Sexualität" in weltliche und spirituelle Macht zu transformieren. Die dabei benutzten realen oder imaginierten Frauen (beides ist möglich) stellen spezifische Energieformen dar, wobei das Alter eine wichtige Rolle spielt. Man beginnt mit 10-jährigen Mädchen. Bis zum 20. Lebensjahr repräsentieren die Sexualpartnerinnen positive Eigenschaften. Sind sie älter, dann gelten sie als negative Energieträger von Zorn, Wut, Hass usw. und als "Dämoninnen". In der 8. bis 11. Einweihungsstufe des Kalachakra-Tantra wird nur mit "einer" Frau sexualmagisch experimentiert, in der 12. bis 15. Einweihungsstufe, dem sogenannten Ganachakra, nehmen neben dem Meister und dem Initianten insgesamt 10 Frauen an dem Ritual teil.  Es ist die Pflicht des Schülers, seinem Lama die Frauen als "Geschenk" anzubieten.  "Laien", die in das Ritual angeweiht werden, sollen ihre weiblichen Verwandten (Mutter, Schwester, Ehefrau, Tochter, Tanten usw.) darbringen. "Wenn der Schüler diese Weisheitsgefährtinnen nicht seinem Meister übergibt, um seine Familie zu schützen, dann darf [der Meister] dieses Ritual nicht durchführen." – ist im Kalachakra Mûlatantra zu lesen. Konsekrierte Mönche und Novizen dagegen dürfen mit ihnen nicht-verwandte Frauen aus den verschiedenen Kasten verwenden. Im geheimen Ritual selber experimentieren die Partizipanten mit dem männlichen und weiblichen Samen (Sperma und Menstruationsblut). Frauen gelten im Kalachakra-Tantra als bloße "Energiespender" für den männlichen Praktikanten und spielen nach Beendigung des Rituals keine Rolle mehr. (Siehe hierzu: Nâropâ – Iniziazione Kâlacakra – Roma 1994)

 

Das Kalachakra-Tantra hat im gegenwärtigen Zeitalter, welches nach den Lehren des Lamaismus dem apokalyptischen Untergang entgegenstürzt  (Kali-Yuga), insbesondere einen destruktiven und aggressiven Charakter. Es gibt darin spezielle Riten, welche die Vernichtung der Welt durch Symbolakte und Meditationen beschleunigen sollen. "Was ist Kalachakrayana [der "Weg des Kalachakra]?" - fragt einer der besten Fachleute auf dem Gebiet der Tantrismus, der Inder Shashi Bhusan Dasgupta und antwortet vielsagend - "Das Wort Kala bedeutet Zeit, Tod und Zerstörung. Kala-Chakra ist das Rad der Zerstörung."

 

Dies sind nur einige der problematischen Inhalte, die Kritiker im Kalachakra-Tantra und dem darin enthaltenen Shambhala Mythos beanstanden. Sie dürften jedoch hinreichen, sich die Frage zu stellen, ob diesem Ritual noch ein humanistischer, friedlicher, toleranter, freiheitsliebender und ökumenischer Charakter zukommt. Tatsache ist auch, dass der im Kalachakra-Tantra integrierte Shambhala Mythos - soweit er historisch und ideologiegeschichtlich relevant wurde - zu äußerst aggressiven Verhaltensweisen, megalomanischen Visionen, Verschwörungstheorien und terroristischen Akten geführt hat. Vor allem aber übte er auf neofaschistische Kreise eine besondere Faszination aus und wird von diesen ideologisch ausgeschlachtet.

 

In den Kriegen zwischen Weißrussen, Bolschewiken und Mongolen wurde Anfang der 20er der Shambhala-Mythos mit Vorstellungen von einem Revival Dschinghis Khans verbunden. Die Mongolen sahen sich in diesem Konflikt als "Shambhala-Krieger". Ihre militärischen Aktivitäten waren extrem blutrünstig.

 

Der italienische Faschist und rechtsextreme Kulturphilosoph Julius Evola sah in dem Mythenreich Shambhala das esoterische Zentrum einer sakralen Kriegerkaste und vermutete dort den Palast des Weltenkönigs, dessen Herrschaftszeichen das Hakenkreuz sei. Er hielt Vorträge dieses Inhalts vor dem SS-Ahnenerbe.

 

In der Okkult-Literatur (den "Nazi-Mysterien) werden "Meister" aus Shambhala als die verborgenen Hintergrundspieler vorgestellt, die an der "magischen" Kreation des NS-Regimes beteiligt gewesen sein sollen. (Trevor Ravenscroft, Louis Pauwels und Jacques Bergier)

 

Im ideologischen SS-Untergrund der Nachkriegszeit und im "SS-Mystizismus" der 90er Jahre gilt das mythische Königreich Shambhala als Refugium für eine aggressive und morbide "Nazi-Religion". (Wilhelm Landig, Jan van Helsing)

 

Der Shambhala-Mythos bildet einen ideologischen Grundpfeiler des "esoterischen Hitlerismus". Dabei handelt es sich um die weltweit verbreitete rassistische Okkultlehre des chilenischen Diplomaten Miguel Serrano und der Wahlinderin Savitri Devi ("Hitlers Priesterin")

 

Der mittlerweile verstorbene tibetische Lama Chögyam Trungpa (1940-1987) schuf im Westen mit seinem Konzept des Shambhala Kriegers die ersten Grundlagen für einen potentiellen  "Kriegs-Buddhismus", wie er in weiten Teilen Asiens schon bekannt ist. Statt in Klöstern leben Trungpas Shambhala Warriors in Militärcamps, zur Meditation gesellen sich Militärparaden, statt der Bettelschale halten seine Schüler Waffen in der Hand und statt dem Mönchsgewand tragen sie Militäruniformen.

 

Der Shambhala-Mythos bildete die ideologische Grundlage für den Terrorismus des japanischen Endzeitgurus Shoko Asahara. Aus Lehren des Kalachakra-Tantra leitete er seine Weltuntergangsvisionen ab. Er beabsichtigte, die Zeit bis zum Ausbruch des Shambhala-Krieges zu beschleunigen und begründete damit seine Giftgasanschläge in den Tokioer U-Bahn. Asahara war der erste Sektenführer, der seine Mordtaten gegen "Unbeteiligte" außerhalb der eigenen Organisation durchführte und somit die Tore für den religiös-motivierten internationalen Terrorismus vorbereitete, der heute zum Thema Nr. 1 der Weltgemeinschaft geworden ist.  

 

Selbst wenn es sich bei diesen faschistischen und terroristischen Deutungen des Shambhala-Mythos um Fehlinterpretationen handeln sollte, so ist es um so mehr die Pflicht des XIV. Dalai Lama und seiner Anhänger das Kalachakra Ritual in all seinen Einzelheiten offen zu legen, mögliche Verzerrungen, Projektionen und Missbräuche richtig zu stellen und sich von problematischen Inhalten öffentlich zu distanzieren, bzw. sie aus den traditionellen Texten herauszunehmen. Stattdessen fanden in der Vergangenheit  mehrere freundschaftliche Treffen des tibetischen Kirchenfürsten mit ehemaligen SS-Männern (Heinrich Harrer, Bruno Beger), mit dem Gründern des "esoterischen Hitlerismus" Miguel Serrano und mit dem Terroristen Shoko Asahara statt, den er noch nach den Anschlägen in Tokio als seinen "Freund, wenn auch einen unvollkommenen", bezeichnete. Erst später distanzierte er sich von ihm.

 

Durch den XIV. Dalai Lama, durch seine charismatischen Auftritte sowie seine nach außen hin humanpolitischen Reden und Schriften findet ein gigantischer, unreflektierter Kulturimport östlichen Gedankenguts in den Westen statt, das fundamentalistische Züge aufweist und das schon Fundamentalisten als ideologische Grundlage gedient hat und ihnen in der Zukunft dienen kann. Der Buddhistenführer spricht das tiefe Bedürfnis von Menschen nach Harmonie und Frieden an, aber die eigene Geschichte des Lamaismus, die Inhalte der tibetischen Tantras und das Ritualwesen, ja selbst die Zustände unter den Exiltibetern sind alles andere als friedlich und harmonisch. Es gibt im Kalachakra-Tantra Passagen, die unverhohlen zum "Krieg der Religionen" aufrufen, die intolerant und aggressiv sind. Im tibetischen Buddhismus haben wir ein archaisches auf Magie beruhendes Religionssystem vor uns, das von den Grundsätzen westlicher Aufklärung weit-gehend unberührt geblieben ist. Dies ist auch der Grund dafür, das es von rechtsextremer Seite als attraktiv empfunden wird. Der Lamaismus hat Jahrhunderte lang zu sozialen Ungerechtigkeiten geführt, die von jedem freiheitsliebenden Bürger abgelehnt werden müssen. Die Gleichwertigkeit der Geschlechter, demokratische Willensbildung und ökumenische Begegnung sind dem tantrischen Buddhismus als solchem wesensfremd, obgleich der XIV. Dalai Lama nach außen hin das Gegenteil propagiert.

 

Als Reaktion auf den 11. September 2001 hat Der Spiegel in einem Artikel "Der religiöse Wahn – Die Rückkehr des Mittelalters" auf aggressive Inhalte und fundamentalistische Strömungen  in den drei monotheistischen Religionen hingewiesen. Wie sooft bei solchen Kulturkritiken wurde der Buddhismus  ausgespart. Das ist falsch! Alle in diesem Artikel kritisierten Themen (Kampf gegen Ungläubige und Dissidenten, Religionskriege, Waffenphantasien,  theokratische  Machtvisionen, Armageddon-Prophezeiungen, Frauenfeindlichkeit usw.)  finden sich in einem ganz besonderen Maße im Kalachakra-Tantra.

 

Das Kritische Forum Kalachakra (K-F-K) fordert, dass über das Kalachakra Tantra und den Shambhala-Mythos eine breite Kulturdebatte geführt wird. Das K-F-K sammelt Informationen, verteilt Dokumente, tätigt Übersetzungen. Siehe auch: Acht Fragen an den XIV. Dalai Lama zum Kalachakra-Tantra

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