Critical Links to Buddhism and
Lamaism
Einige apologetische Links zum Kalachakra-Tantra und seinem
Umfeld - kritisch vorgestellt.
Mittlerweile gibt es
im Internet unzählige Links zu „Kalachakra-Seiten“ in allen Sprachen. Die
hier besprochenen Sites betreffen mittelbar die Kalachakra Großveranstaltung
von Graz im Jahre 2002. Vor allem die zahlreichen Ausstellungen, die in
diesem Jahr zum tibetischen und mongolischen Buddhismus in verschiedenen
Alpenregionen organisiert wurden, sollten in einen Kontext mit dem Grazer
Mega-Event interpretiert werden. Wahrscheinlich sind die verschiedenen
Links jetzt nicht mehr intakt.
Die offizielle Homepage für das
Kalchakra Ritual Graz 2002 http://www.kalachakra-graz.at
Die offizielle Homepage für die Durchführung des
Kalachakra-Tantra in Graz 2002 ist vor allem darum bemüht, die
kriegerischen, destruktiven, frauenverachtenden und apokalyptischen
Elemente dieses Rituals nicht zur Sprache kommen zu lassen und es
grundsätzlich als ein ökumenisches Friedensritual der Toleranz
darzustellen. Der immer wieder betonte Friedensaspekt dieses Tantras spielt
jedoch im Originaltext eine gänzlich untergeordnete Rolle. Von Toleranz ist
dort nicht die Rede, sondern von einem "Religionskrieg". Auch in
den historisch-politischen Ereignissen, bei denen auf die Visionen des
Tantras und den darin enthaltenen Shambhala-Mythos zurückgegriffen
wurde, hatte das Kalachakra-Tantra keine friedlichen Auswirkungen.
Statt Interkulturalität und Interreligiosität wird mit diesem Ritual eine
weltweite Buddhokratie angestrebt. Wir sind in unserer Deklaration darauf
eingegangen. Siehe dazu auch den Artikel "Robert Thurman – Die coole
Restauration einer weltweiten Buddhokratie" (debatte.html). So gibt
die offizielle Homepage "Kalachakra for World Peace" keinerlei
Einblick in die problematische Symbolwelt des Tantras, in seine verborgenen
sexualmagischen Praktiken, in seine metapolitischen und kriegerischen
Absichten und in seine Geschichte, sondern ergießt sich in ständigen
Friedens- und Toleranzbeteuerungen. Die Behauptung, dass das Kalachakra
Graz 2002 "als Dialog der Kulturen und Religionen" zu verstehen
ist und als "Weltfriedenstreffen" bezeichnet wird, muss angesichts
seiner Inhalte als ein "Täuschungsmanöver" angesehen werden.
Die
Aufführung des Tibetanischen Totenbuches im "Dom am Schlossberg" http://www.kalachakra-kultur.at/
Kalachakra-Kultur
GRAZ 2002 c/o Dr. Andrea
Loseries-Leick
"Kalachakra-Kultur" ist ein wesentlich autonom
gestaltetes Kulturprogramm der Grazerin Dr. Andrea Loseries-Leick.
Ursprünglich war die Tibetologin als Mitorganisatorin des gesamten Events
tätig. Wegen eines öffentlich ausgetragenen Streites mit dem Hauptorganisator
Dr. Manfred Klell, in der es vor allem über die Riesensummen ging, die in
das Ereignis von staatlicher Seite geflossen sind, sollte sie entlassen
werden. Sie opponierte gegen Klell, dem sie "rufschädigende
Behauptungen" vorwarf. Schließlich kam es nach einer Kampagne zu einem
Kompromiss und Loseries-Leick
erhielt ihre eigene "Spielwiese", die sie in ihrer
Homepage "Kalachakra-Kultur" vorstellt.
Die Kulturdirektorin des Kalachakra-Tantra (eigener Titel
"Cultural Director – Kalachakra for world peace") zählt zu
denjenigen Buddhistinnen, die sich zwar dem System gegenüber loyal und
dienend verhalten, die aber dennoch einen untergründigen Feminismus
vertreten. (Dazu rechnen Tibetologinnen wie Miranda Shaw, Adelheid
Herrmann-Pfand und andere) Alle diese Frauen glauben, dass sie eine
besondere Beziehung zu den tibetischen Schreckensgöttinnen, zu den
sogenannten Dakinis und zu den archaischen tibetischen Berggöttinnen haben.
Letztere sind ein Spezialgebiet von Loseries-Leick. Sie selber wurde durch
sexualmagische Riten von einem Lama initiiert, wie sie in der
Fernsehsendung "Treffpunkt Kultur“ öffentlich bekannt gab.
In dem opulenten Kulturrahmenprogramm zum Kalachakra-Ritual in
Graz geht es um die folgenden Themen: Tibetische Medizin, tibetische Astrologie,
zeitgenössische Kunst zum Thema "Rad der Zeit" = Kalachakra. Im
"Dom am Schlossberg" wird in einer dramatischen Inszenierung das
"tibetanische Totenbuch" als Performance aufgeführt. Es gibt dort
ein ökologisches Projekt, bei dem ein Vergleich zwischen Himalaja und den
Alpen hergestellt wird, und im Stadtmuseum eine Mongolenausstellung.
Im archaisch, schamanistischen Denken der tibetischen Kultur wird
nicht mehr die im Westen übliche Trennung zwischen Religion und Kunst,
Ritual und ästhetische Performance gemacht. Symbol und Wirklichkeit
verschränken sich, was symbolisch ist, ist auch real und was real ist, ist
auch symbolisch. Diese totale Ausrichtung am Sakralen gilt auch für die
tantrische Buddhistin Loseries-Leick. Für die "Kulturdirektorin"
ist das tibetische Kalachakra-Tantra das principium katholikon
(allumfassende Prinzip), unter das sie ihre verschiedenen künstlerischen
Ansätze subsumiert: "Kalachakra bedeutet 'Zeitrad' und bezieht sich
auf die spezifische Präsentation von Zeitzyklen innerhalb des Kalachkra-Tantra.
Dieses Verständnis von Zeit wird in Kalachakra als Grundlage für ein System
verwendet, das auf Befreiung und Erleuchtung zielt." – lesen wir in
der Ankündigung. Kunst wird somit für das höchst problematische,
destruktive und eschatologische Zeitverständnis des Kalachakra-Tantra
vereinnahmt. Die Künstler, die sich von ihrer Sicht her mit allgemeinen
Ausdruckformen von Raum und Zeit auseinandersetzen (Chaos und Ordnung, Raum
und Bewusstsein, Zeitlosigkeit), bebildern insgeheim das Universum des
tibetischen Kalachakra-Gottes. Nach außen hin erscheint jedoch die
Exposition "Lichtwege – Paths
of Light – Ausstellung zeitgenössischer Kunst", zu der namhafte
Persönlichkeiten eingeladen wurden, als "profan-ästhetisches"
Kulturereignis.
Dasselbe Zwielichtmuster gilt für die Inszenierung des Tibetanischen
Totenbuches im "Dom am Schlossberg". Dabei handelt es
sich um einen sakralen Text, der von einem Lama in Anwesenheit eines
Sterbenden oder Toten vorgelesen wird, damit sich dessen Seele post mortem
orientieren kann und zur Ruhe kommt, bzw. sich als Mensch
"reinkarnieren" kann. Die Zustände zwischen Tod und Wiedergeburt
(Bardo) werden jedoch in diesem Text von solch horrenden,
sadistischen Szenen beherrscht, dass das Tibetanische Totenbuch
einer dringenden Wertung von einem humanistischen und humanpsychologischen
Standpunkt aus bedarf, bevor wir es in unsere Kultur übernehmen und
integrieren. Aber genau das ist nicht die Absicht solcher Aufführungen,
sondern hier sollen durch magisch-künstlerische Suggestionen lamaistische
Religionsstrukturen in den Westen verpflanzt werden. Der Einleitungssatz,
mit dem Loseries-Leick das Projekt vorstellt, zeigt die Vorgehensweise der
geschickten Kulturimporteurin: "Das Bühnenprojekt folgt in seinem
dramaturgischen Ablauf den authentischen, rituellen tibetischen Texten,
jedoch unter Vermeidung jeglichen buddhistischen Kolorits." Der Kern
ist lamaistisch, die Verpackung ist westlich. Eine solche
"Verschleierung" geschieht in der Absicht, das tibetische Modell
möglichst reibungslos in den Westen zu verpflanzen. Sie hat jedoch noch
einen tieferen Sinn, denn das Tibetanische Totenbuch verträgt sich
in der Tat wenig mit dem Frühbuddhismus, noch mit dem späteren
Mahayana-Buddhismus. Es ist nicht einmal in den offiziellen buddhistischen
Kodex (Kanjur) aufgenommen, sondern eine schamanistisch-tibetische
Praxis aus dem 8. Jahrhundert, die sich mit Elementen des indischen
Tantrismus vermischt. Auch wenn hier immer wieder betont wird, dass der
Horror, dem die Seele nach dem Tode begegnet, letztendlich eine Projektion
ihres eigenen Bewusstsein sei, so darf nicht übersehen werden, dass in der
tibetischen Kultur "Horror", "Schrecken",
"Tod" und "Zerstückelung" ständig mit einer solch
geballten Gewalt auftreten, dass man den Eindruck haben muss, dieses System
beschwört etwas herauf, was es dann
später wieder abbaut. In dem Bühnenstück wird z. B. auf
"Klangreserven" des Schreckens zurückgegriffen wie dem "Lärm
von Lawinen, Waldbränden, Stürmen und ähnlichem". Nimmt man die
Horrorszenen des Tibetanischen Totenbuches ernst, so können die
allermeisten gestorbenen Seelen nur völlig eingeschüchtert, verschreckt und
verängstigt in eine Wiedergeburt treten. (Falls man an die Reinkarnation
glaubt). Für das Gros der Menschen dürfte der Bardo-Zustand deswegen nicht
befreiend, sondern traumatisierend wirken. Von Trost, Liebe und
Mitgefühl ist in diesem Religionsszenario nicht die Rede. Als Menetekel mag
das Schicksal von zwei jungen Dalai Lamas gelten, die als Kinder alleine
eine Zeitlang in einen Tempel eingesperrt wurden, um dort die Begegnung mit
einer Dämonengöttin durchzustehen. Sie verließen den Tempel mit verstörtem
Geist, haben sich niemals mehr davon erholt und sind als Jugendliche
gestorben.
Ebenso verschleiert der Kongress „2002 – Das Jahr der Berge –
Das Jahr des Ökotourismus“ dahinter liegende Absichten. Die
allgegenwärtige Frau Loseries-Leick sitzt auch hier im Exekutivkomitee als
"Cultural Director – Kalachakra for world peace". Dass der
Vergleich zwischen den Alpen und dem Himalaja (für viele der Beteiligten
wohl kaum erkennbar) wiederum einem lamaistischen Kulturimport vorbereitet,
werden wir in einem gesonderten Artikel darstellen. Importiert werden
sollen in das europäische Hochland die tibetischen Berggottheiten, bzw.
alte archaische Berggeister der Region sollen mit lamaistischen Ritualen
reaktiviert werden.
Die Hauptstadt
Shambhalas in der Steiermark http://www.kalapa.at
"Kalapa" ist dem Mythos nach die Hauptstadt des Königreichs
von Shambhala. Dieser Name wurde vom XIV. Dalai Lama höchst persönlich
einem Internationalen Retreatzentrum in Garanas/Steiermark gegeben. Nach
der magischen Weltsicht des Lamaismus schließen sich Symbol und
Wirklichkeit nicht aus, sondern können sich decken: Was symbolisch ist, ist
auch wirklich und was wirklich ist,
ist auch symbolisch. Deswegen wird das "Kalachakra Kalapa Center"
in Garanas/Austria wie eine Ausstrahlung (Emanation) der Shambhala
Hauptstadt gesehen. Das ist mehr als die europäische Vorstellung, in der
Steiermark "wehe der Geist" von Kalapa. Bei einer Ausstrahlung
werden auch die körperlichen Elemente von diesem Geist ergriffen. Den Ort
könnte man eher als einen "Klon" von Kalapa, aber ebenso ein
Herrschaftsgebiet von Shambhala bezeichnen. "In Kalapa" – so
Michael Henss in seinem Kalachakra Kommentar – "gebietet der König von
Shambhala mit der Macht und dem Reichtum eines Weltenherrschers (Chakrin)
in einem von Gold und Edelsteinen glänzenden Palast." (29) Also ist
das "Kalachakra Kalapa Center" in der Steiermark, das ganz dem
Studium des Kalachakra-Tantra gewidmet
ist, ein Symbol buddhokratischer Weltenherrschaft. Es wäre
interessant zu wissen, ob dort auch die geheimen höheren und höchsten
Einweihungen des Tantras praktiziert werden, die sich mit sexualmagischen
Praktiken beschäftigen.
The watch for world peace - Die Uhr für
den Weltfrieden http://www.kalachakra.com
In dieser Homepage werden Armbanduhren mit Kalachakra-Symbolen zum
Verkauf angeboten. Interessant ist dort unter dem Segment
"Warrior" (Krieger) die Galerie von den 25 ranghöchsten
"Shambhala-Kriegern" mit dem XIV. Dalai Lama an der Spitze. In
einem Vorspann heißt es, dass es den dort abgebildeten Dharma-Meistern vor
allem um den "inneren Krieg", der sich gegen Illusionen und alle
Formen des Egoismus richten soll,
gehe. (www.kalachakra.com/Warriors/Warriors.htm) Blättern wird jedoch weiter
und sehen uns die Shambhala Vision des Lamas Khamtrul Rinpoche an, dann
erfahren wir, dass er den Shambhala-Krieg durchaus als realen
Religionskrieg sieht. In einer visionären Meditation Khamtrul Rinpoches,
über die er anlässlich eines Kalachakra-Rituals sprach, das vom XIV. Dalai
Lama in New York abgehalten wurde, erscheint der tibetische Kirchenfürst
als Endzeitgeneral in der kommenden Shambhala-Schlacht gegen den
Islam: "Wie ich denen von
euch, die in St. John the Divine [Kathedrale in New York] waren,
schon sagte, habe ich [in meiner Vision gesehen und] es so
verstanden, dass Kulika Pundarika [ein Shambhala König und der erste
Kommentator des Kalachakra-Tantra] derselbe war, wie seine Heiligkeit
der Dalai Lama heute. Meine Begleiterin sagte mir, dass auch der letzte
Kulika König, der Rudra mit dem Rad genannt wird, kein anderer sein wird
als Seine Heiligkeit der Dalai Lama, der alles Böse im Universum
unterwirft!" (www.kalachakra.com/Shambhala/Vision/Vision.htm) – "Rudra Chakrin"
ist der militaristische Anführer der buddhistischen Armee, der im Jahre
2337 den Thron von Shambhala besteigt.
"Der Herr der Götter," - heißt es von ihm in der
Originalschrift - "verbunden mit den zwölf Kriegslords, wird die
Barbaren zerstören." Sein Heer besteht aus "außergewöhnlich
wilden Kriegern", die mit "scharfen Waffen"
ausgestattet sind. Er wird "alle Feinde des Buddhismus vernichten".
Ziel dieses Krieges ist die "Zerstörung des barbarischen Dharmas",
das heißt der nicht-buddhistischen Religionen.
Auf dieser Homepage wird ein dreidimensionales Kalachakra-Mandala
gezeigt. Diese Seite soll auf ein Video hinweisen, dass der Ethnologe
Martin Brauen zum Thema produziert hat und ebenfalls auf sein Buch
"Das Mandala – Der heilige Kreis im tantrischen Buddhismus", das
wir unter Literatur besprochen haben. Demonstriert
wird hier an einigen ästhetisch schönen Bildern die mikro-makrokosmische
Dimension des Kalachakra Rituals. Wer die Grafiken zu lesen weiß, der
versteht, dass der Dalai Lama, als der höchste Kalachakra-Meister und als
präsente Kalachakra-Gottheit, den gesamten Kosmos in seinem Energiekörper
verdichtet haben soll.
Das Kalachakra-Tantra als
innerasiatischer Machtentwurf
http://pnclink.org/events-report/Proceedings/5-12-4.html
Central Asia at
ECAI (Electronic Cultural Atlas Initiative) Proposition and prospects for a
Central Asia Group
Die "Electronic Cultural Atlas Initiative" (http://ecai.org/Activities/index.html) ist eine weltweite Organisation, die
akademische Konferenzen, Foren und Ereignisse mit kulturwissenschaftlichen
Schwerpunkten organisiert. Als universitäres Zentrum wird die University of
California – Berkeley angegeben. Innerhalb des ECAI ist von dem
Asienforscher Thierry Dodin (zentralasiatisches Seminar in Bonn) ein
Projekt über Innerasien geplant. Dodin geht davon aus, dass Innerasien ein
Schmelztiegel verschiedener Kulturen sei, mehr noch, es handele sich bei
dieser Region um eine Art "kulturellen Reaktor" (a kind of
cultural reactor), in dem verschiedene religiöse und ideologische Ströme zu
neuen Kulturentwürfen verschmolzen würden. Man mag zu dieser These stehen
wie man will, problematisch wird sie, wenn Dodin gerade das Kalachakra-Tantra
und den Shambhala-Mythos als einen zentralasiatischen kulturellen
Komplex (a Central Asian cultural complex) ohne jegliche Kritik als den
diese Weltregion vereinheitlichenden Mythos präsentiert. Das ist einmal
historisch nur sehr bedingt richtig, diese Unterstellung könnte jedoch
"verheerende" Folgen haben, wenn sie – wie das einige Autoren tun
und wie das sich historisch schon ereignet hat – in den Zusammenhang mit
Eroberungsideologien der Dhschinghiskhaniden gestellt wird. Wertvoll ist,
dass Dodin die eminent machtpolitische Bedeutung des Kalachakra-Tantra
herausstellt, seinen militaristischen und eschatologischen Charakter nicht
leugnet und auf seine große Verbreitung in ganz Asien hinweist. In der Tat
muss eine geschichtliche und inhaltliche Aufarbeitung des Kalachakra-Tantra
als ein Gebot der Stunde angesehen werden, da dieses vom XIV. Dalai Lama
weltweit aufgeführte Ritual mittlerweile nicht nur den Anspruch hat, ein
"Central Asia cultural
complex" zu sein, sondern ein "Cultural Complex fo the
whole world". Ein geschulter Blick auf die Geschichte des Kalachakra-Tantra
und des in ihm eingewobenen Shambhala-Mythos würden jeden Humanisten
auf Distanz gehen lassen.
Es stimmt zwar, dass es sich im Falle des Kalachakra-Tantra
um einen synkretistischen Religionsentwurf handelt, der in Innerasien seine
Ausformulierung gefunden hat. Mit Recht weist Dodin auch darauf hin, dass
in diesem Tantra Vorstellungen des Mahayana- und des Vajrayana Buddhismus
ebenso eingeflossen sind wie iranische, manichäische, vedische und
islamische Elemente. Deswegen ist das Kalachakra-Tantra aber lange
noch keine ökumenische Synthese aus verschiedenen Religionsströmungen,
sondern ein fundamentalistisches,
weitgehend "buddhistisches" System, das sich explizit
gegen die anderen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) stellt, zum
Religionskrieg aufruft und eine weltweite Buddhokratie als Ziel hat. Dazu
kommen die sexualmagischen Aspekte dieses Rituals, die von Dodin überhaupt
nicht angesprochen werden.
Dodin zählt zu dem Kreis junger Tibetforscher, die eine kritische
Enklave geschaffen haben, auf die man sich immer wieder berufen kann, wenn
die problematischen Seiten des tibetischen Buddhismus zur Sprache kommen,
so dass der Eindruck entsteht, als sei der Lamaismus grundsätzlich an
Kritik interessiert. Es gibt jedoch in dieser Enklave feste Richtlinien: 1.
Die problematischen Seiten des Lamaismus sollen primär als "westliche
Projektionen" gebrandmarkt werden. –
2. Der XIV. Dalai Lama selber steht jenseits aller Kritik und wird
als großer Reformator dargestellt. – 3. Es werden keinerlei Initiativen
gegen die unübersehbaren Medienberichte unternommen, die das Tibetbild
beschönigen und überhöhen und die den Lamaismus mit verfälschten Inhalten
als Religionsalternative propagieren. Dodin wurde früher vom Spiegel
als Spezialist für tibetische Kultur angesehen und war damit beauftragt
worden, die beiden kritischen Bücher von V.
und V. Trimondi – Der Schatten des Dalai Lama – und von Colin
Goldner – Der Fall eines Gottkönigs – zu rezensieren. Er konnte das
entsprechende Spiegelressort davon überzeugen, dass es nicht
"wert" sei, sich mit den beiden Büchern auseinander zusetzen.
Dodins Projekt muss deswegen als ein Beitrag angesehen werden, die
eschatologische Kalachakra-Vision hier im Westen zu verankern.
Thierry Dodin – Zentralasiatisches Seminar – Universität Bonn
Das Erbe des
Dschinghis Khan http://www.dschingiskhan.at
Leoben: Ausstellung in der
Kunsthalle vom 20. 03. bis 03. 09. 2002
Die Schätze der
goldenen Horde aus der Eremitage in Sankt Petersburg
In Leoben, ebenfalls Steiermark, wird eine Ausstellung mit
dem Titel "Das Erbe des Dschinghis Khan" mit Exponaten aus Petersburg
organisiert. Die Ausstellung versucht, die Reiche der Mongolenfürsten unter
einem positiven Aspekt darzustellen. So sei die Einschätzung der
"goldenen Horde" als "kriegerische Barbaren" ein
weitverbreitetes, westliches Klischee. Nach der Betrachtung der
ausgestellten Kunstwerke beginne der Besucher die Mongolen viel mehr als
ein "kulturell aufgeklärtes und
kunstsinniges Volk" zu verstehen. "Weltoffenheit und
Toleranz" hätten die Mongolenreiche bestimmt. Auch wenn die
Kunstfertigkeit der Mongolen und ihre Fähigkeit, andere Kulturen und fremde
Religionen zu assimilieren, sowie ihre staatspolitischen Begabungen nicht
bezweifelt werden können, so ist dennoch diese Verherrlichung der
"Goldenen Horde" und ihres archaischen Staatensystems etwas sehr
verhängnisvolles. Kein Staat des 13. Jahrhunderts war damals
"aufgeklärt und weltoffen". Die Mongolenherrscher sahen sich als Domini
Mundi (Weltenherrscher), und waren davon überzeugt, de jure die
Macht über alle andere Staaten beanspruchen zu dürfen. Wer sich ihnen
unterwarf, wurde in das mongolische Großreich integriert und konnte dort in
der Tat von der pax mongolia profitieren. Wer sich ihrem
Machtanspruch jedoch widersetzte, wurde grausamst vernichtet. Nicht ohne
Grund waren der deutsche Diktator Adolf Hitler und der Reichsführer-SS
Heinrich Himmler große Bewunderer des Dschinghis Khan und glaubten, in ihm
den Nachkommen einer alten "arischen" Rasse entdeckt zu haben.
Das Ereignis hat nicht nur deswegen etwas mit dem Shambhala Mythos zu tun,
weil es in der Nähe von Graz und zur selben Zeit wie das Kalachakra-Tantra
stattfindet, sondern weil der Dschinghis Khan Mythos und der
Shambhala-Mythos in der Mongolei miteinander kombiniert wurden.
Die Kunst der Seidenstrasse www.mak.at/jetzt/ausstellungen/seidenstr_veranst3.html
Wien: Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst bis
zum 26. 05. 2002 mit Vorträgen zum Thema Buddhismus
In Wien findet noch bis zum Mai dieses Jahres eine Ausstellung im
"Museum für angewandte Kunst" mit dem Titel "Fremde - Kunst
der Seidenstrasse" statt. Die innerasiatischen Regionen an der
Seidenstrasse gelten als die Ursprungsgebiete des Kalachakra-Tantra
und des Shambhala-Mythos.
Geheimnisvolle Welt des Alten Tibet
Rosenheim/Bayern: Mega-Tibet
Ausstellung vom 21. 04. bis 11. 08. 2002
Verbreitung des
magischen Weltbildes nach tibetischem Muster
In Rosenheim wird mit 850 Exemplaren die sehr problematische
Tibetausstellung des Ethnologen Dr. Gerhard Schuster gezeigt, die vorher in
der Schallaburg/Niederösterreich zu sehen war: Die Schwester des Dalai
Lama hat diese Exposition eingeweiht. Für das Ereignis wird an allen
Schulen der Region geworben. Die Stadtbücherei Rosenheims hat eine
umfangreiche Liste buddhistischer Literatur angeschafft, darunter gibt es
keinerlei kritische Bücher. Eine Analyse des Schusterbuches "Das
Alte Tibet - Geheimnisse und Mysterien", auf dem die Ausstellung
beruht, finden Sie und med20.html. Kritiken der Schallaburg Ausstellung von Colin Goldner:
"Kult um Okkultismus - Auf der österreichischen Ausstellung Geheimnisvolle
Welt des Alten Tibet geht es zu, wie auf einer Esoterikmesse". ( www.jungle-world.com/_2001/17/26a.htm ). Goldner resümiert:
"Das Okkultwesen des tibetischen Buddhismus wird von Schuster ohne den
geringsten Anflug kritischer Distanz oder Reflexion dargestellt." Auch
aus christlicher Sicht gab es Kritik: www.oesm.at/graz/schallaburg.shtml . Der Pfarrer und ehemalige
Buddhist Martin Kamphuis fragt am Ende seiner Ausstellungsanalyse: Will
Schuster "das Publikum auf das nächste magische Mega-Event
vorbereiten, das im Jahre 2002 in Graz vom XIV. Dalai Lama geleitete
Kalachakra Ritual, an dem mehr als 15.000 buddhistische Gläubige aus aller
Welt erwartet werden? Österreich ist dabei, sich zu einer europäischen
Hochburg des Lamaismus zu entwickeln."
Traumwelt Tibet - Westliche und
chinesische Trugbilder?
In Graz wurde während der Kalachakra-Ereignisse erneut die
Ausstellung des Ethnologen Martin Brauen aus dem Völkerkunde Museum Zürich
gezeigt, diesmal unter dem Titel "Traumwelt Tibet - Westliche und
chinesische Trugbilder". Dieses Ereignis ist der Versuch, alle für die
Öffentlichkeit problematischen und peinlichen Tibetbilder, seien sie nun
negativ oder überhöht positiv, allein und einzig dem Westen und den
Chinesen in die Schuhe zu schieben. Der Lamaismus soll gereinigt,
entdämonisiert und "normalisiert" werden, indem man ihn als das
Opfer abendländischer Imaginationen darstellt. Mit welcher Perfidie, Verschleierung und
bewusster Lüge in dem zu dieser Ausstellung publizierten Buch (Martin
Brauen - "Traumwelt Tibet – Westliche Trugbilder" - Bern u. a.
2000) vorgegangen wird, zeigt die sehr ausführliche Kritik von V. & V.
Trimondi unter med19.html. Einen Protestbrief gegen die Brauen Propaganda in Zürich
finden Sie unter med20.html. Der dort abgedruckte Brief kann auch an offizielle Stellen in
Kitzbühl (Bürgermeister, Lokalpresse usw.) geschickt werden. Dort finden
zudem vom 17. Juli bis 30. August die "Tibetwochen" statt mit
Tibet Basar, Musikaufführungen, Lesungen und einer Thangka-Exposition. Im
übrigens ist die Kitzbühler Ausstellung das pure Gegenteil zu der oben
beschriebenen Rosenheimer Ausstellung "Geheimnisvolle Welt des Alten
Tibet" von Gerhardt W. Schuster, die vor allem das okkulte und geheimnisvolle
Schneeland betont und damit durchaus ein authentisches Bild von dem
magischen Charakter der lamaistischen Kultur vermittelt. In dem genannten
Trimondi Aufsatz wird ein Vergleich zwischen den beiden sich
widersprechenden Ausstellungen gemacht.
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