MEDIEN (10)
Dalai
Lama zum Irak Krieg und zu Hitler:
Neue
Zürcher Zeitung (NZZ) vom 09. 04. 03
Für das Gute im
Menschen kämpfen:
Der Krieg im
Irak - Dilemma für den Dalai Lama
Zum Irak-Krieg will sich der 14. Dalai Lama nicht äußern, und die
Journalisten, die zum Gespräch mit «Seiner Heiligkeit» eingeladen worden
sind, denken schon an den nächsten Termin. Es gebe unnötige Fragen, und es
gebe unnötige Antworten, erklärt der Dalai Lama. Jeder Journalist habe
natürlich die Freiheit, unnötige Fragen zu stellen. Er aber mache für sich
das Recht geltend, keine unnötigen Antworten zu geben. Na ja, denken die
zynischen Schreiber, auch der Dalai Lama ist ein Interessenpolitiker und
weiß, wer ihm die Butter aufs Brot streicht. Die USA, so weiß der «König
ohne Land», sind eine wichtige Stütze der tibetischen Exilbewegung. Nur
Amerika vermag wirklich Druck auf China auszuüben, wenn es um Autonomie und
Menschenrechte in Tibet geht. Diesen Bundesgenossen will der Dalai Lama
nicht verlieren, und wer wollte es ihm verargen.
«Nutzlose Debatte über den Krieg»
Doch die Fragen bleiben im Raum, vielleicht muss man sie
philosophisch verkleiden: Wie soll man sich in einer von Gewalt bestimmten
Welt verhalten? Gibt es nicht so etwas wie «das Böse»? Muss man dies nicht
bekämpfen? Tenzin Gyatso geht auf diese indirekten Fragen gerne ein. Es
gebe, sagt er, in jeder Situation zwei mögliche Handlungsstrategien, eine
kurzfristige, die sich etwa mit der Frage des Für und Wider des Kriegs im
Irak beschäftige. Doch diese sei nutzlos, denn man könne mit seiner Meinung
keinen Einfluss darauf ausüben, ob die USA Krieg führten und welche
Rechtfertigung sie dafür hätten. Genauso wenig könne man beeinflussen, ob
Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen einsetze oder nicht. «Nicht einmal
die Uno kann etwas tun, wie sollten wir da etwas ausrichten können?»
Resignation also? Nein, für den Dalai Lama gibt es eine
langfristige Strategie, welche das Ziel dort sieht, wo die Interessen aller
Menschen konvergieren: In der Notwendigkeit eines friedlichen
Zusammenlebens, in den gemeinsamen Umweltsorgen und in der allgemeinen
wirtschaftlichen Wohlfahrt. «Ist es nicht nützlicher, uns für jene
Strategie zu engagieren, an der alle Menschen ein Interesse haben und zu
deren Erreichen wir tatsächlich etwas beitragen können?»
Das Böse notfalls mit Gewalt
bekämpfen
Doch wie verhält man sich gegenüber dem «Bösen»? Gibt es dieses
überhaupt? Muss man es bekämpfen, notwendigerweise mit Gewalt? Nach Ansicht
des Dalai Lama gibt es keine absolut böse Person. Hass sei böse, negative
Emotionen seien böse. Wenn sie von einem Menschen Besitz ergriffen hätten,
müsse man sie bekämpfen, vielleicht auch mit Gewalt. Der Dalai Lama erwähnt
als Beispiele den Krieg gegen Hitler, den Koreakrieg und den Krieg in
Afghanistan. Der Mensch bestehe aber nicht nur aus Hass. Jeder habe auch
das Potenzial des Guten in sich. Deshalb müsse der Hass in ihm bekämpft
werden. «Wenn wir die hasserfüllte Person hassen, werden wir selber
hasserfüllt und böse. Wir zerstören den Gegner und uns selber.» Stattdessen
müsse man für das Gute im hasserfüllten Menschen kämpfen. Nur so könne man
verhindern, Hass in sich selbst zu säen.
Der Dalai Lama berichtet vom Entsetzen, auf das er in Israel
gestoßen sei, als er in einem Interview behauptet habe, Hitler habe auch
das Potenzial eines guten Menschen in sich gehabt. Hitler sei nicht als
böser Mensch geboren worden, sein Hass gegen das jüdische Volk habe ihn
erst böse gemacht, und dieser Hass habe bekämpft werden müssen. Dies heiße
aber nicht, dass nicht auch Gutes in Hitler geschlummert habe. Ein böser
Mensch könne morgen eine gute Person sein, sagt der Dalai Lama. Dafür müsse
man kämpfen.
© Neue Zürcher Zeitung
Kommentar von V. & V.
Trimondi:
Die Aussage des
Dalai Lama über Hitler gewinnt einen unangenehmen Beigeschmack, wenn man
weiß (wie wir in unserem Buch Hitler-Buddha-Krishna gezeigt haben), dass der Lamaismus für Nazis und Neonazis als
ideologischer Selbstbedienungsladen gedient hat und weiterhin dient. Die
Kontakte des XIV. Dalai Lama zu ehemaligen SS’lern (Heinrich Harrer, Bruno
Beger), zu dem Gründer des esoterischen Hitlerismus (Miguel Serrano) und zu dem Hitlerverehrer Shoko Asahara
gibt diesem Statement, einen weiteren Akzent. Interessant sind auch die
beiden Kommentare zu dem Artikel der NZZ, die in der Internetseite
Tibet-Focus (11. 04. 03) abgedruckt wurden:
1. Ich finde es sehr schön, dass seine Heiligkeit
auch in so einem Krieg noch Positives sehen kann. Für diese Einstellung
beneide ich ihn.
2. Es ist so schade, dass die Worte
seiner Heiligkeit ständig von völlig unwissenden Personen und den Medien
verdreht werden. Das stimmt mich einfach nur traurig.
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