Geschlechterkrieg
– Geschlechtersieg
Editorial
Wir gehen von der These aus, dass
Religionen, Kulturen, Politik und Psyche des Menschen in der Tiefe durch
die Geschlechterfrage bestimmt sind. Das ist im eigentlichen Sinne nichts
Neues, sondern entspricht weitgehend dem Paradigma des Feminismus. Unser
Denkansatz zeigt aber zwei prinzipielle Unterschiede zur feministischen
Theorie und Philosophie: Zum einen diagnostizieren wir nicht nur einen
patriarchalen Unterdrückungszusammenhang, sondern auch einen matriarchalen.
Beide Gesellschaftssysteme verhindern, dass die Menschheit in das Stadium
ihrer vollen Entfaltung eintritt. Aus der prinzipiellen Bedeutung der zwei
Geschlechter und ihrer Symbolik ergibt sich zudem, dass ihre Harmonisierung
und ihre Vereinigung ein machtvolles Symbol für die Harmonisierung und
Befriedung der menschlichen Beziehungen auf allen Ebenen darstellt. Die
erotische Vereinigung von Mann und Frau ist ein religiöses Ereignis und
Bild, das, obgleich im Bereich des Sinnlichen verankert, dennoch eine
metaphysische Dimension aufweist. Unser Anliegen ist also ein Vierfaches:
Erstens zu zeigen, dass die sexuelle Differenz, der Eros und das davon
abgeleitete polare Prinzip universell sind;
zweitens, dass alle vergangenen Kulturen und Religionen aus dem
Geschlechterkrieg erklärt werden können; drittens, dass jede einseitige
Herrschaft eines Geschlechts über das andere ein Repressionssystem
hervorbringt, das in letzter Konsequenz zu einem realen oder symbolischen
Opferkult führt; viertens, dass die Harmonisierung der Geschlechter
insbesondere auch auf der metaphysischen Ebene eine Kultur des Eros, des
Friedens und der Schönheit schafft. Wir sprechen in diesem Kontext von einem
Geschlechtersieg. Die dargestellte Thematik beschäftigt uns schon seit
Jahrzehnten und hat im Hintergrund unserer religions-kritischen Bücher
immer mitgewirkt. Im Folgenden finden Sie mehrere bisher nicht
veröffentlichte Artikel hierzu.
Victor und Victoria Trimondi
Mozarts Zauberflöte und der Krieg der
Geschlechter
Mozarts Zauberflöte, von Goethe als
„öffentliches Geheimnis“ bezeichnet, hat den Geschlechterkampf, die
Geschlechterliebe und die Metaphysik der Geschlechter zum Inhalt. Drei
Paare bestimmen den Handlungsablauf. Auf der körperlich sinnlichen Ebene:
Papageno und Papagena. Auf der seelischen Ebene: Tamino und Pamina und auf
der metaphysischen Ebene: Sarastro und die Königin der Nacht. Auf der
sinnlichen und seelischen Ebene finden eine Versöhnung und eine Vereinigung
statt. Auf der metaphysischen Ebene wird der Konflikt zwischen Sarastro und
der Königin der Nacht nicht behoben. Es kommt zu einer Vernichtung der
Nacht-Göttin. Ihre Vereinigung wäre einer kosmischen Revolution
gleichgekommen und wahrscheinlich lag das auch in Mozarts Absicht.
Jahrtausende alte Barrieren wären eingerissen worden, die Urkräfte des
Universums Tag und Nacht, Licht und Dunkel, Gott und Göttin - alle
Gegensätze der Welt hätten sich vereint. Eine neue Religion wäre
entstanden, die besagt, dass die Liebe zwischen Mann und Frau die
Metaphysik bestimmt und nicht umgekehrt, wie in den Freimaurerbünden, wo
die Liebe einer patriarchalen Metaphysik untergeordnet wird. (lesen)
Der große
Manipulator
Liebe
(Eros, Amor), Pneuma und Magie wurden in der neu-platonischen
Renaissance-Philosophie als ein Gesamtkomplex angesehen. Unter „Liebe“
(Amor, Eros) verstand man ganz allgemein die „Macht der Verbindung“. Für
Giordano Bruno verhalten sich ein „Magier“ und ein „Liebhaber“ nahezu
identisch: Beide werfen ihr erotisches „Netz“ aus, um bestimmte „Objekte“
oder Menschen einzufangen, diese an sich heran zu ziehen und an sich zu
„fesseln“. Davon ausgehend kann die Liebe als wirkungsvolles Instrument der
Machtpolitik benutzt werden. Bruno spricht von ihr als dem „Lebenssaft“
(das erotische Pneuma), der die Errichtung und Aufrecherhaltung von
Gesellschaften mit einer charismatischen Person an der Spitze erst
ermöglicht. Er nimmt damit eine These Freuds vorweg. Dieser hatte auf die
„Libido“ als die Bindeenergie hingewiesen, die große Institutionen wie die
Kirche und die Armee zusammenschweißt. Bruno zeigt nun wie die Manipulation
des Eros zur Herstellung von politischer Macht funktioniert. „Wie blass und
lachhaft“, meint der Religionssoziologe Joan P. Culianu, „nimmt sich
heutzutage die Gestalt des machiavellischen Abenteurers und Fürsten gegen
die des Psychologen und Magiers bei Bruno aus.“ Die Figur des politischen
Hasardeurs sei im Schwinden begriffen und heute erst entfalte sich Brunos
Psychologie der Manipulation durch die große Bedeutung der Massenmedien und
ihre globale Vernetzung. (lesen)
Polarität
und Tantrismus
So
überraschend das nach unserer kritischen Analyse des Lamaismus auch klingen
mag, wir möchten am Ende unseres Buches die Frage aufwerfen, ob nicht
gerade der Tantrische Buddhismus in sich ein religiöses Urbild birgt,
dessen Enthüllung, dessen Verbreitung und dessen Erörterung ein großes
transkulturelles Interesse auslösen könnte. Wäre es nicht wertvoll, solche
tantrischen Prinzipien wie die „mystische Geschlechterliebe“, die
„Vereinigung des männlichen mit dem weiblichen Prinzip“, die Verbindung von
Weisheit und Methode, die unio
mystica zwischen Gott und Göttin als einen religiösen Entwurf zu
diskutieren? (lesen)
Mediterrane
Mythen, Monotheismus und die Geschlechterfrage
In
keiner anderen Region der Welt sind im Laufe der Geschichte so viele, so widersprüchliche,
aber auch so nachwirkende Kulturparadigmen ausformuliert worden wie in den
Anrainerländern jenes Meeres, das die drei Kontinente Europa, Afrika und
Asien sowohl voneinander trennt als auch miteinander verbindet. Das
Mittelmeer ist die Wiege der drei monotheistischen Religionen, die
Geburtsstätte der rationalen Philosophie und des Säkularismus, es ist aber
auch ein unerschöpfliches Schatzhaus mythischer und literarischer Bilder,
deren Symbolkraft bis heute ungebrochen weiterwirkt. Alle Mittelmeerkulturen
wurden wesentlich geprägt von der Auseinandersetzung zwischen dem
„patriarchalen Paradigma“ auf der einen Seite und dem „matriarchalen
Paradigma“ auf der anderen. Da beide Paradigmen nicht miteinander
kompatibel sind, folgt für ein zukünftiges, friedliches Mittelmeermodell
die Etablierung eines „Paradigmas der Geschlechterbegegnung“ (lesen)
Reflektionen zu dem Buch
Sophia und Logos von Otfried Eberz
Der Religionsphilosoph Otfried Eberz
(1878 – 1958) veröffentlichte 1931 die Grundlagen seiner Weltsicht in einem
kleinen Buch mit dem Titel „Vom Aufgang und Niedergang des männlichen
Weltalters“. Mit seinen Schriften, insbesondere in dem posthum erschienen
Buch „Sophia und Logos oder die Philosophie der Wiederherstellung“, hat er
nicht nur eine kritische Auseinandersetzung mit den patriarchalen Wurzeln
unserer Kultur vorgelegt, sondern aus seinen gewonnenen Erkenntnissen auch
den Entwurf für eine kommende Kosmogonie, Theologie und Metaphysik
entwickelt, der die Gleichberechtigung der Geschlechter zum Inhalt haben
soll. Auch wenn wir in vielen Punkten nicht mit der Sichtweise des Autors
übereinstimmen, so finden wir dennoch seine Bücher so kreativ und
ideenreich, um sie, obgleich sie vor ca. 50 Jahren verfasst wurden, als
sehr wichtigen Beitrag zu Rolle der Geschlechter in der Religion zu sehen.
(lesen)
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